Windsurfen iQFoil-Windsurferin Lena Erdil: Erst Kieler Woche, dann Olympia?

Stand: 07.09.2021 10:19 Uhr

Die deutsch-türkische Windsurferin Lena Erdil fährt zur Kieler Woche die erste internationale Regatta in Deutschland in der neuen iQFoil Windsurfklasse an ihrem neuen Homespot.

Lena Erdil freut sich auf die Kieler Woche und spannende drei Jahre, die vor ihr liegen - bis zu den nächsten Olympischen Spielen 2024 in Paris, für die sie sich qualifizieren möchte. "Das wird viel Arbeit, viel Windsurfen und hoffentlich viel Spaß", sagt sie lachend. Die neue olympische Windsurfklasse iQFoil entwickelt sich extrem schnell, erzählt sie. "Alle entdecken gerade noch das Material und das Idealgewicht steht noch nicht fest und auch die besten Set Ups noch nicht. Wir müssen extrem viel herumexperimentieren." Zum ersten Mal seit neun Jahren ist Windsurfen bei der Kieler Woche wieder mit dabei. Die iQFoil-Regatta ist die erste internationale in Deutschland. Lena Erdil und die anderen Surferinnen starten am Donnerstag ihre Rennen.

Nicht schwierig, wenn man schon Windsurfen kann

"Wenn man schon eine bisschen Windsurfen kann, ist es nicht schwierig. Dann dauert es vielleicht eine Woche, bis man bequem fliegen kann", sagt Lena Erdil. Für den Anfang empfiehlt sie ein normales Segel. Das Brett mit dem Foil untendrunter ist groß und stabil. "Es ist ziemlich cool, über dem Wasser zu fliegen, man hat den Widerstand vom Wasser gar nicht mehr und man kann extrem gute Winkel auch gegen den Wind fahren." Außerdem könne man leicht große Distanzen zurücklegen. Das ist ein Vorteil. "Wenn man auf dem Equipment steht, dann fühlt man sich relativ frei - zum Beispiel von der einen Seite von Kiel auf die andere Seite zu fahren."

Das Brett hat viel Volumen und das Segel ist bei den Frauen mit acht Quadratmetern relativ groß. "Es hat eine richtig gute Windrange, so dass man das gleiche Equipment bei viel Wind als auch bei wenig Wind fahren kann. Das gefällt mir sehr gut." Wenn genug Wind ist, sind Geschwindigkeiten bis zu 60 km/h möglich.

Erfolgreiche Weltcup-Karriere: 21 Mal auf dem Podium

Die Deutsch-Türkin hat schon eine erfolgreiche Weltcup-Karriere hinter sich: 21 Mal stand sie auf dem Podium in den letzten Jahren - davon drei Mal als Vizeweltmeisterin im Slalom. Zwei Mal gewann sie den IFCA-Titel. Erst im vergangenen Jahr hat Lena Erdil die Disziplin gewechselt. Die erste Weltmeisterschaft vor ein paar Wochen beendete die 32-Jährige auf Platz 13 - von 72 Teilnehmerinnen. "Eigentlich wollte ich die Top Acht schaffen. Am Ende waren doch ein paar zu viele Fehler mit drin, dass es nicht gereicht hat", sagt sie selbstkritisch.

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Mit 13 Jahren die ersten Wettbewerbe - mit 20 dann schon im Weltcup

Der Papa ist Türke, die Mama Deutsche, beide sind Windsurfer. Lena Erdil kann nicht sagen, wann sie das erste Mal auf einem Board stand: "Windsurfen war immer da." In Göttingen verbrachte sie die ersten Jahre ihrer Kindheit, im Sommer ging es immer in die Türkei. Zum Lernen waren das die idealen Bedingungen. Mit zehn Jahren surfte sie dann schon alleine durch die Bucht, mit 13 nahm sie an den ersten nationalen Wettbewerben teil, mit 20 fuhr sie zum ersten Mal im Weltcup mit.

Hawaii: Mit dem Fahrrad zum Strand

Lena Erdil wuchs fünfsprachig auf, ihr Abi machte sie in Brüssel. Danach folgten ein paar Monate Auszeit nur fürs Windsurfen auf Hawaii. Sie lebte in einem Hostel und fuhr mit dem Fahrrad zum Strand. Ihr Vater hatte den Kontakt zu einem Surfprofi vermittelt, bei dem sie im Garten ihr Material lagern konnte. Außerdem gab er wertvolle Tipps. "Da habe ich gemerkt, wenn ich das ganze Jahr windsurfe, dann kann ich gut schon vorne mitfahren - also ich habe auf jeden Fall Talent und das ist ausbaufähig."

Für ihr Politik- und Philosophie-Studium in England musste die Windsurfkarriere drei Jahr lang warten. Und nebenbei arbeitete sie in ihrem eigenen Windsurfcenter in Bodrum (Türkei), das sie zusammen mit ihrem Vater betreibt.

Die letzten Jahre der Karriere für Deutschland starten

Seit zwei Jahren lebt Lena Erdil wieder in Deutschland. "Jetzt, wo ich wieder in Deutschland bin, dachte ich, dass es Zeit ist, mit deutschen Nummern zu fahren - ich habe ja zwei Nationalitäten - und den letzten Teil meiner Karriere dann auch für Deutschland zu fahren." Seit dem Umstieg vom Slalom-Windsurfen auf iQFoil-Windsurfen startet Lena Erdil jetzt also für Deutschland - mit der Nummer 33. "Das war schon meine Nummer in der Türkei - seit ich 13 Jahre alt bin. Und bei meinem Wechsel konnte ich sie auch hier bekommen."

Sie wohnt in Kiel-Friedrichsort zusammen mit ihrem Freund. Zum Olympiastützpunkt in Schilksee fährt sie mit dem Fahrrad - wie schon damals auf Hawaii. "Das ist echt total cool, dass man hier in direktem Kontakt mit Medaillengewinnern ist", schwärmt sie. "Auch wenn Windsurfen kein klassisches Segeln ist, kann man auf jeden Fall immer voneinander lernen, denke ich."

Ziele: Olympia-Gold und Weltreise mit dem Boot

Ihr Ziel formuliert sie klar: "2024 eine Goldmedaille - bis dahin eine steile Lernkurve und sich verbessernde Ergebnisse. Einfach alles geben dafür." Bis dahin wird an der Fitness, am Equipment und an der Taktik gefeilt. Was danach kommt, darüber hat sie sich noch nicht sehr viele Gedanken gemacht. Bei der Frage lacht die Windsurferin. "Wahrscheinlich dann eher Familienplanung - und ein Traum ist es, eine Reise mit dem Segelboot zu machen - eine Weltreise und längere Zeit auf dem Boot zu wohnen. Das wäre mein Idealplan für danach."

Aber erst einmal steht die Kieler Woche an - im Herbst geht es zur Europameisterschaft, bevor sie den Winter irgendwo verbringen wird, wo es warm ist und es genug Wind zum trainieren gibt.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Aktiv | 11.09.2021 | 15:30 Uhr