Sporthelden | Vereine im Ahrtal Zerstörte Sportstätten nach der Flut: Wiederaufbau und Solidarität im Ahrtal

Stand: 15.12.2021 15:06 Uhr

Vier Monate nach dem verheerenden Hochwasser im Ahrtal sind zahlreiche Sportstätten nach wie vor verwüstet. Doch die Solidarität unter den Vereinen ist groß. Das zeigt: Der Sport schweißt zusammen.

Eingepfercht zwischen einem Wohngebiet und der Ahr liegt das Vereinsgelände des TV Sinzig 08 - beziehungsweise das, was davon übrig blieb. Die Flutkatastrophe im Sommer diesen Jahres hat die erst kurz zuvor sanierte Sportanlage verwüstet. An einen regulären Sportbetrieb ist hier vorerst nicht zu denken. Die Menschen sind verzweifelt und frustriert.

Zukunft des Standorts ungewiss

Michaela Jüris sitzt im Vorstand des TV Sinzig und hofft zwar, "dass sich wer findet, der es neu plant, und es dann nochmal neu aufgebaut wird". Der Standort parallel zu jenem Fluss, der vor vier Monaten das Tal flutete, ist jedoch kritisch.

Iris Göddel, Geschäftsführerin des Turn- und Sportvereins, hat noch keine gesicherten Informationen, wie und wo der TV eine sportliche Heimat haben kann: "Information von der Stadt haben wir als Verein noch nicht bekommen. Ich habe aus der Presse erfahren, dass das Stadion hier nicht wieder so aufgebaut werden soll, sondern eventuell an einer anderen Stelle."

Immerhin steht den Sportler:innen aus Sinzig die alte Jahnhalle zur Verfügung. Sie blieb weitestgehend verschont von der Flut. Sebastian Schröter trainiert dort die jungen Leichtathlet:innen des TV Sinzig. Sie profitieren vom Erhalt der alten Halle und freuen sich auf das Training, das dennoch im Umfang reduziert werden musste. "Wir haben jetzt mit den Kleinen halt nur einmal die Woche die Möglichkeit, hier in der Halle einmal eine Stunde. Sonst hatten wir die Möglichkeit, dreimal in der Woche zu trainieren", betont Trainer Schröter.

Vereine vereint

Darüber hinaus dürfen Schröter und seine Nachwuchsathlet:innen auf die Außenanlage der Nachbarn aus Remagen zurückgreifen. Die Solidarität unter den Vereinen ist beeindruckend und ermöglicht vielen von der Flut betroffenen Kindern und Jugendlichen einen regelmäßigen Trainingsbetrieb. Neben Remagen erweist sich auch der Grafschafter SV als heldenhafter Helfer in der Not. Der Verein organisierte Einkaufsgutscheine für Fußballvereine aus dem Ahrtal. Mit dem Geld können sich die unterstützten Vereine neues Trainingsmaterial kaufen.

Neben den Gutscheinen stellt der Grafschafter SV auch seine Sportanlage für Punktspiele zur Verfügung. Außerdem schließen sich dem Verein zahlreiche junge Fußballer:innen an: "Wir haben ungefähr fünfzig, sechzig, vielleicht auch siebzig Jugendspieler der Vereine aus dem Ahrtal in unsere Mannschaften integriert", beschreibt Erhard Drews, Jugendleiter des GSV. Aufgrund der zahlreichen neuen Fußballer:innen würde er sich gleichzeitig über neue Trainer:innen freuen, "denn unsere eigenen Trainerressourcen sind vollständig aufgebraucht".

Dankbarkeit und Hoffnung

Die Eltern der Kinder sind dankbar für die Sporthilfe der Nachbarn. "Ich bin sehr froh, dass die Kinder spielen können, dass sie die Möglichkeit haben, dem Alltag zu entfliehen", sagt ein Vater. Gleiches empfindet auch Nils Leberzammer als E-Jugend-Trainer der JSG Mittelahr. Ihn beseelt, "dass die Kinder so für zwei Stunden aus dem Mist unten raus sind und mal auf andere Gedanken kommen".

Das Engagement ist bemerkenswert - die helfenden Vereine sind Sporthelden. Die gelebte Solidarität macht Hoffnung, dass sich die von der Flut betroffenen Vereine erholen können und langfristig wieder ein eigenes Zuhause finden - wenn auch nicht am selben Ort. Nils Leberzammer ist vorsichtig optimistisch: "Wir können nur nach vorne schauen, muss ich sagen. Es wird irgendwann einmal wieder unser Platz zur Verfügung stehen."