Fußball | Bundesliga Teamcheck TSG Hoffenheim: Mit Breite und Konstanz auf dem Weg nach Europa?

Stand: 31.12.2021 10:52 Uhr

Die TSG Hoffenheim spielte eine klasse Bundesliga-Vorrunde und steht nach sechs Spielen in Serie ohne Niederlage auf Tabellenplatz fünf. Beeindruckend ist vor allem die Ausgeglichenheit der Mannschaft von Sebastian Hoeneß.

So lief die Hinrunde

Hoffenheim hat sich eindrucksvoll zurückgemeldet. Mit Europa-League-Platz fünf zu Weihnachten konnte die TSG sportlich alle Erwartungen übertreffen. Mit dem 4:0 beim FC Augsburg waren die Kraichgauer fulminant in die neue Saison gestartet, danach aber folgten zunächst vier sieglose Partien. Erst ab dem 6. Spieltag und dem 3:1 gegen Wolfsburg wurde das Team immer stabiler, verlor bis Weihnachten nur noch zwei Partien (beim FC Bayern und in Bochum) und arbeitete sich in der Tabelle mit einem beeindruckenden Hinrunden-Endspurt nach oben. "Niemals aufgeben, immer weitermachen, das ist der Hoffe-Style den wir gezeigt haben", so Alexander Rosen, der Direktor Profifußball, über die gelungene Vorrunde, "darauf sind wir stolz."

Klasse präsentierte sich Hoffenheim vor allem im Angriff mit 35 Toren (nur Bayern, Dortmund und Leverkusen trafen häufiger). Auffallend auch die Ausgeglichenheit in der Offensive: 16 Spieler teilen sich den Torreigen, das ist Bundesliga-Spitze! Erstaunlich dabei: Die TSG zeigt sich inzwischen nicht mehr abhängig von den Torschuss-Qualitäten eines Andrej Kramaric. Traf der Kroate letzte Saison noch üppige 20 Mal ins gegnerische Netz, war er in der Vorrunde nur zwei Mal erfolgreich. Dafür überzeugte der 30-jährige Ausnahmekicker aber als exzellenter Vorbereiter.

Herausragend besetzt war Hoffenheim in der Vorrunde auch auf den Außenbahnen: Links avancierte der Ex-Fürther Dauersprinter David Raum zum Shooting-Star der Bundesliga und schaffte sogar den Sprung in die A-Nationalmannschaft. Auf der rechten Seite wurde der kräftige und torgefährliche Ex-Innenverteidiger Kevin Akpoguma immer stärker und verdrängte zuletzt sogar den jahrelang gesetzten Pavel Kaderabek.

Zwar kassierte die TSG in der Abwehr auch in dieser Saison den einen oder anderen Gegentreffer zu viel, doch das ist zum Teil auch der sehr offensiv angelegten Spielphilosophie geschuldet.

Wer kommt, wer geht?

Die TSG Hoffenheim besitzt einen sehr breiten und qualitativ hochwertigen Kader. Trainer Hoeneß kann ohne Leistungsabfall von Spiel zu Spiel sogar im halben Dutzend rotieren. Die Routiniers Baumann, Vogt, Rudy, Dabbur oder Kramaric ergänzen sich prima mit den jungen Talenten wie Raum, Richards, Stiller, Bruun Larsen und dem jungen und hochveranlagten Franzosen Rutter. Kader-Ergänzungen sind nicht nötig, um am Ende den aktuellen Platz im oberen Drittel der Tabelle behaupten zu können. Sollte sich allerdings eine mögliche Verstärkung auf dem Markt bieten, will Sebastian Hoeneß einen Neuen nicht ausschließen.

Viel wahrscheinlicher ist aber, dass der eine oder andere Spieler, der in der Vorrunde kaum zum Zuge kam (Adams, Brenet, auch Gacinovic), den Verein vorzeitig verlässt oder per Leihgabe Spielpraxis erhält (die Talente John oder Bogarde?). "Wir sind im ständigen Austausch", sagt Sebastian Hoeneß, "natürlich gibt es den einen oder anderen Kandidaten, der auch nicht zufrieden sein kann mit seiner Situation und Rolle. Es ist auch immer davon abhängig, was sich für Klub und Spieler an Möglichkeiten ergeben."

Denkbar wäre auch, dass etwa ein Florian Grillitsch das Winter-Transferfenster für einen vorzeitigen Wechsel ins Ausland nutzt. Der Verlust des Österreichers wäre zwar eine sportliche Schwächung, andererseits könnte die TSG jetzt noch eine stattliche Ablöse kassieren, da Grillitschs Vertrag im Sommer ausläuft. Eine Verlängerung gilt als unwahrscheinlich.

Der Trainer

Nach der verkorksten Premieren-Saison hat sich Sebastian Hoeneß im Kraichgau endlich etabliert. Lange Zeit, auch bedingt durch Verletzungen von Führungsspielern und zahlreiche Corona-Fälle, zeigte sich unter dem Ex-Bayern im Kraichgau nur die Inkonstanz als feste Konstante. Das Murren vieler Fans in den Sozialen Medien war zunehmend lauter geworden.

Spätestens seit Herbst hat sich die Treue von Sportchef Rosen zu seinem jungen Coach als absolut richtig herausgestellt. Sechs Spiele in Serie ohne Niederlage und 14 Punkte unterstützen diese Schlussfolgerung. Die TSG zeigt jetzt endlich wieder den typischen Hoffenheim-Fußball: Schnellen, offensiven und variablen Fußball. Erlebnis- statt Ergebnis-Kicks. Erinnerungen an die Zeit unter Julian Nagelsmann werden wieder wach. "Wir wollten uns entwickeln und stabilisieren", so Hoeneß, "das ist uns gelungen und das wollen wir auch in der Rückrunde."

Erwartungen an die Saison

In der letzten Jahreshauptversammlung hatte Gesellschafter Dietmar Hopp deutlich gemacht, was er mittelfristig von seinen TSG-Jungs erwartet: Einen Platz unter den ersten Sechs in der Bundesliga. Graues Mittelmaß soll der Vergangenheit angehören.
Trainer Hoeneß hat damit kein Problem: "Wir wollen in Schlagdistanz zu den interessanten Plätzen bleiben", so das sportliche Vorhaben für die Rückrunde, "und uns in eine gute Ausgangsposition bringen. Natürlich sind wir ambitioniert und extrem heiß darauf, wenn es in der Endphase darum geht nächste Saison in der Europa League zu spielen. Aber bis dahin sind es noch viele Wochen und Monate."

Das Selbstvertrauen ist durch die jüngsten Erfolge enorm gewachsen. Und Hoffenheim ist personell stark genug aufgestellt, um den fünften Tabellenplatz halten zu können. Mit einer starken Frühlingsform - und falls vermeintliche Hochkaräter wie Leipzig, Gladbach oder Wolfsburg weiter schwächeln - ist im Kraichgau mit diesem Team sogar der Sprung in die Champions League möglich.