Olympia | Moderner Fünfkampf Nach Fünfkampf-Drama: Dorothee Schneider kritisiert Regelwerk

Stand: 10.08.2021 12:06 Uhr

Für Dressurreiterin Dorothee Schneider haben die Vorkommnisse um die Berlinerin Annika Schleu im Modernen Fünfkampf bei den Olympischen Spielen in Tokio nichts mit Reitsport zu tun.

Unendlich lange Sekunden, "eine gefühlte Ewigkeit", wie Fünfkämpferin Annika Schleu selbst sagt, versuchte die zu diesem Zeitpunkt noch führende Berlinerin, ihr zugelostes Pferd Saint Boy bei den Olympischen Spielen in Tokio in den Griff zu bekommen - vergeblich. Szenen, die zeigen, dass Reiterin und Pferd in diesem Moment keine Partner waren.

Doch genau darauf komme es im Reitsport an, meint Team-Olympiasiegerin Dorothee Schneider aus Framersheim: "Der Reitsport lebt von der Partnerschaft - Reiter, Pferd." Diese entwickle sich über viele Jahre: "Das ist eine Freundschaft, das ist ein Hand in Hand gehen, das ist ein wirklich individuelles, intimes Verhältnis."

Keine Partnerschaft mit zugelosten Pferden möglich

Deswegen habe das Springreiten beim Modernen Fünfkampf für sie auch nichts mit Reitsport zu tun. Denn die Reiter bekommen hier ihre Pferde zugelost. Vor der Springprüfung haben die Reiter lediglich 20 Minuten Zeit das Pferd unter dem Sattel kennenzulernen.

"Unter solchen Sonderbedingungen, wie den Olympischen Spielen, mit einem Pferd zusammen so einen Parcours zu reiten, das ist schon sehr schwierig und natürlich auch davon abhängig, was für ein Pferd einem zugelost wurde", erzählt Dressurreiterin Schneider in der Sendung SWR Sport RP.

Heftige Kritik auch von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung

Das Pferd von Annika Schleu hatte schon bei einer anderen Reiterin zuvor im Parcours verweigert. "Der wollte einfach nicht, das hat man gesehen", sagt Schneider, die vor allem das Regelwerk im Modernen Fünfkampf anmahnt: "Es ist kein messbarer Sportteil, weil das Pferd dazu kommt und es überhaupt kein Zusammenfinden vorher gibt."

Auch von Seiten der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und anderen Profireiterinnen wie der siebenmaligen Dressur-Olympiasiegerin Isabell Werth und Vielseitigkeits-Europameisterin Ingrid Klimke wurden Regeländerungen im Modernen Fünfkampf dringend angemahnt.

Trotz der heftigen Kritik von vielen Seiten will der Weltverband im Modernen Fünfkampf (UIPM) am Reiten als eine der fünf Disziplinen grundsätzlich festhalten. Die UIPM kündigte in einer Mitteilung am Sonntag lediglich an, das Geschehen beim Reit-Drama um die Berlinerin Annika Schleu "einer vollständigen Überprüfung" zu unterziehen und dabei "auch die Bedeutung des Wohlergehens der Pferde und der Sicherheit der Athleten in der gesamten globalen Wettkampfstruktur" zu berücksichtigen.

Tierquälerei-Vorwürfe gegen Bundestrainerin Raisner

Schleu setzte aus Verzweiflung und aufgefordert von Bundestrainerin Kim Raisner ("Hau drauf, hau mal richtig drauf") die Gerte gegen Saint Boy ein. Raisner gab dem Pferd zudem einen Klaps mit der Faust. Sie wurde dafür am Samstag von der UIPM von den Spielen ausgeschlossen. Ihr wird Tierquälerei vorgeworfen.