Michel Platini (r), ehemaliger Präsident des Europäischen Fußballverbands UEFA, verlässt nach dem ersten Tag seines Prozesses das Bundesstrafgericht.

FIFA | Betrugsprozess Blatter und Platini bestreiten Vorwürfe

Stand: 09.06.2022 20:05 Uhr

Joseph Blatter und Michel Platini äußerten sich am zweiten Verhandlungstag zum FIFA-Skandal erstmals selbst - und stritten alle Vorwürfe ab.

Michel Platini wurde emotional. Kurz nachdem auch Joseph Blatter die Vorwürfe im gemeinsamen Prozess vehement bestritten hatte, lehnte sich der beschuldigte frühere UEFA-Chef auf seinem grauen Stuhl nach vorne. "Was die FIFA mit ihrem Präsidenten und mir gemacht hat, ist ein Skandal. Ich wurde als Kontofälscher und Geldwäscher bezeichnet", zürnte der 66 Jahre alte Franzose. "Das Ziel war, dass alle wissen, dass ich nicht FIFA-Präsident werden sollte. Es gibt Gerechtigkeit im Leben und ich hoffe, dass sie zutage kommt."

Blatter und Platini beklagen mediale Vorverurteilung

Am zweiten Prozesstag vor dem Bundesstrafgericht im schweizerischen Bellinzona wurden erstmals die beiden ehemaligen Fußball-Spitzenfunktionäre vernommen. Blatters Aussage war eigentlich bereits für Dienstag eingeplant. Allerdings sah sich der 86-Jährige aus gesundheitlichen Gründen nicht zu einer Aussage in der Lage.

Am Mittwoch klagten beide über eine mediale Vorverurteilung und den Umgang des Weltverbands mit ihnen. "Ich werde Fragen von der FIFA nicht beantworten, weil der FIFA-Präsident seit März 2016 mir auch nie geantwortet hat", antwortete Blatter mit Blick auf Gianni Infantino einer Vertreterin der FIFA, die als Privatklägerin in dem Verfahren auftritt. Seine Anwälte stellen die Rolle der FIFA als Nebenklägerin sogar komplett infrage.

Blatter spricht von "verspäteter Lohnzahlung"

Im Kern des Betrugsvorwurfs steht eine Zahlung der FIFA von zwei Millionen Schweizer Franken an den früheren Blatter-Berater Platini im Jahre 2011. Blatter soll diese plus Sozialversicherungsbeiträge laut Anklage unrechtmäßig bestätigt haben. "Es ist eine geschuldete, verspätete Lohnzahlung", sagte Blatter. Diese sei beim Weltverband durch alle notwendigen Gremien gegangen.

Nach seiner Wahl zum FIFA-Chef 1998 habe er die Zusammenarbeit mit Platini vereinbart, berichtete Blatter. Dieser habe ihm gesagt: "Ich bin eine Million wert." In welcher Währung? "Ich habe ihm zum Spaß gesagt, Peseten, Rubel oder Mark, das musst du entscheiden", berichtete Platini.

Das Geld war für Platini "nicht lebenswichtig"

Im August 1999 wurde ein auf den Jahresanfang rückdatierter Vertrag vereinbart, jedoch nur über ein Salär von 300.000 Schweizer Franken. Auf den Hinweis von Platini, dass dies nicht die komplette vereinbarte Summe gewesen sei, habe er gesagt: "Das schauen wir später", erinnerte Blatter. Im Jahr 2011 war die Summe durch Platini dann der FIFA in Rechnung gestellt worden. Warum so spät? "Das war nicht lebenswichtig für mich", sagte Platini über die Zahlung.

Mit verschränkten Armen saß Platini in der zweiten Reihe, als Blatter aussagte. Einen Tag nachdem die Vernehmung des 86-Jährigen wegen gesundheitlicher Probleme verschoben worden war, ließ er seine Hände immer wieder über den Tisch wandern, während er sprach.

Blatter von Befragung "geschockt"

Die erste Befragung durch die Staatsanwaltschaft 2015 wegen der Vorwürfe habe ihn geschockt, erinnerte sich Blatter. "Dieser Schock dauert jetzt sieben Jahre, dieser Schock ist immer noch da." Ihm sei damals bereits die "Höchststrafe" widerfahren, er sei in der Welt "geächtet" worden. "Die Medien haben mich vorbestraft", sagte Blatter.

Als die Zahlung vor sieben Jahren öffentlich wurde, waren auch die Ambitionen von Platini auf die Nachfolge Blatters dahin. "2015 bin ich zufälligerweise Kandidat bei der FIFA", sagte der Franzose. "Es ist unglaublich, dass es zu diesem Zeitpunkt aufkommt." Statt Platini wurde 2016 der frühere UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino zum neuen FIFA-Chef.

Information stammt wohl von FIFA-Finanzchef Markus Kattner

Durch die Befragung des früheren Staatsanwalts bei der Bundesanwaltschaft, Olivier Thormann, sollte unter anderem geklärt werden, woher die Ermittler von der Zwei-Millionen-Zahlung erfuhren. Thormann gab an, dass die Information 2015 vom damaligen FIFA-Finanzchef Markus Kattner stammte, als die Bundesanwaltschaft die FIFA-Zentrale in Zürich durchsucht wurde. Am Freitag, dem dritten von elf Verhandlungstagen, sind weitere Zeugenaussagen geplant.