Olympia | Ringen Großes Kino: Aline Rotter-Focken im Ringer-Finale

Stand: 01.08.2021 18:24 Uhr

Aline Rotter-Focken aus Triberg steht in Tokio im Finale. Es ist ein historischer Erfolg für das deutsche Frauen-Ringen. Ihr Ehemann verfolgte den Olympia-Siegeszug der 30-Jährigen mit Freunden im Kino.

Immer wieder schlug Aline Rotter-Focken ungläubig die Hände vor das Gesicht. Dazwischen formte sie mit ihren Fingern ein Herz und schickte Küsschen in die badische Heimat. Nach ihrem historischen Finaleinzug bei den Olympischen Spielen in Tokio wurde ihr Ehemann Jan Rotter, selbst ein ehemaliger Ringer, per Video aus der Heimat zugeschaltet. Mit Freunden hatte er in Triberg (Schwarzwald-Baar-Kreis) in einem Kino den Coup seiner 30-jährigen Frau verfolgt.

"Das war mein Traum"

"Ich wusste das gar nicht", zeigte sich Rotter-Focken überrascht. Ihr steht beim Goldkampf am Montag (ab 14.20 Uhr/MESZ) in der Makuhari-Messe-Halle nun der krönende Abschluss ihrer Karriere bevor. Schon jetzt hat die in Krefeld geborene Ringerin, die ihre Laufbahn nach den Spielen in Japan beenden wird, mindestens Silber sicher. Es ist die erste deutsche Olympia-Medaille im Frauen-Ringen überhaupt. "Das war mein Traum", sagte Rotter-Focken und verriet, dass sie sich mit Bibi Blocksberg auf ihre Kämpfe einstellt. "Das erinnert mich an meine Kindheit und holt mich runter. Das gibt mir irgendwie ein gutes Gefühl."

Dieses gute Gefühl will Rotter-Focken nun auch mit ins Finale nehmen. Denn diese Medaille sei "längst überfällig angesichts der tollen Arbeit, die unser Team seit Jahren leistet". Und womöglich wird es ja sogar Gold. Nach ihren Auftritten am Sonntag ist es nicht ausgeschlossen, dass sie im Finale auch die amtierende Weltmeisterin und in Tokio topgesetzte Amerikanerin Adeline Gray schlägt. "Mein Traumfinale", sagte sie. "Wir sind gute Freunde." Im Halbfinale am Sonntag setzte sich Rotter-Focken mit 3:1 gegen Asienmeisterin Hiroe Minagawa aus Japan durch.

Nichts mehr zu verlieren

Rotter-Focken ist seit Jahren die Vorzeige-Athletin im deutschen Frauen-Team. Neben Gold 2014 gewann sie unter anderem drei weitere WM-Medaillen: 2017 Silber, 2015 und 2019 Bronze. Drei dieser vier Plaketten holte sie noch in der Klasse bis 69 Kilogramm. Olympisches Edelmetall fehlte ihr bislang aber noch. Der Traum davon trieb sie seit Jahren an. An ihrem frühen Aus bei den Spielen in Rio de Janeiro 2016, die sie letztlich auf dem neunten Rang beendete, hatte sie lange zu knabbern. Doch sie kämpfte sich zurück.

"Wenn mal etwas nicht funktioniert, will ich immer doppelt und dreifach so viel machen. Manche in meinem Umfeld müssen glauben, ich sei verrückt geworden", sagte Rotter-Focken selbst. Auch in der unmittelbaren Vorbereitung auf ihre Abschiedsvorstellung überließ sie nichts dem Zufall. Anders als die Männer bezogen die Frauen direkt vor Olympia noch ein Trainingslager in Japan, um sich zu akklimatisieren. Mit Erfolg.

"Verlieren kann ich nichts mehr", sagte Rotter-Focken. "Aber schenken werde ich Adeline im Finale natürlich auch nichts." Noch ist die hollywoodreife Vorführung von Rotter-Focken nicht zu Ende.