Fußball | Bundesliga Fritz Keller: "Man sollte beim Fußball eine Impfpflicht einführen"

Stand: 22.11.2021 11:10 Uhr

Der ehemalige DFB-Präsident Fritz Keller hat als Studiogast bei SWR Sport BW davor gewarnt, den Amateursport wegen der aktuellen Corona-Lage einzustellen. Außerdem hat er sich über eine Impfpflicht, den DFB, die WM in Katar und den SC Freiburg geäußert. Hier seine wichtigsten Aussagen.  

Fritz Keller, ehemaliger DFB-Präsident und Präsident des SC Freiburg, über eine Impfpflicht:

"Ich bin für eine Impflicht für diejenigen, die mit Personen zu tun haben, die gefährdet sind. Also im Pflegeheim, aber auch in Krankenhäusern. Beim Fußball bin ich auch der Meinung, dass man eine Impfpflicht einführen sollte. Die 2G+-Regelung muss kommen in solchen Zeiten. Wie man sie dann praktisch durchführt, dass muss man dann sehen."

Über den Amateursport während der Pandemie:

"Bitte dem Amateursport die Möglichkeit lassen. Es ist besser, wenn in einem Amateurstadion ein paar Hundert mit Abstand sind, als wenn die zu Hause Familienfeiern machen. Da geht eine wesentlich größere Gefahr aus."

Über ungeimpfte Fußballprofis:

"Ich kann das nicht verstehen, warum ein vernünftiger Mensch heute eine Impfung ablehnt. Ich kann den FC Bayern ganz gut verstehen, dass er jetzt sehr viele Maßnahmen unternimmt, um das spürbar zu machen."

Über die Probleme des Deutschen Fußballbunds (DFB):

"Die Probleme beim DFB haben wir ja schon seit Jahren. Deshalb haben wir auch drei Monate vor meiner Wahl darüber gesprochen, was verändert werden muss: Checks and Balances, dass wir schneller werden müssen, professioneller. Dass diejenigen, die es können, den sportlichen Bereich entscheiden, diejenigen, die es können, den finanziellen Bereich und dass diejenigen, die gewählt sind, eben höllisch darauf aufpassen, dass auch alles in Ordnung ist. Es ist leider nicht alles in Ordnung. Wir haben jetzt gesehen, dass die Steuerfahndung sogar bei Sponsoren aufmarschiert. Das kann’s nicht sein."

Über die Steuerrazzien beim DFB:

"Es kamen wirklich wöchentlich Fehlleistungen aus dem finanziellen Bereich, weil einfach keine ordentliche Buchhaltung gemacht worden ist. Da sind so viele Fehler gemacht worden, Managementfehler, reine Managementfehler."

Über seine eigenen Fehler als DFB-Präsident:

"Dass ich am Anfang zu gutmütig war. Ich bin kein Typ, der hinkommt und sagt: Okay, der neue Löwe kommt, beißt alle anderen weg, sondern ich habe mit verschiedenen Leuten gesprochen und gesagt: Da wollen wir hin. Und wo ich dann eine Zeitlang dort war, hat es geheißen: Ne, wir wollen keine Veränderung. Dann habe ich gesagt: Aber es geht nicht ohne Veränderung. Dann kam die zweite Razzia und ich habe nachgeguckt, wie manche Dinge passiert sind, und dann hat es dann plötzlich geheißen, obwohl ich haftender Vorstand war, dass ich keine Rechnungen anschauen dürfte und dass dann auch Prüfungsgremien unter Druck gesetzt worden sind."

Darüber, dass er seinen Vize Rainer Koch mit Hitlers Blutrichter Freisler verglichen hatte:

"Eine peinliche Aussage, die auf keinen Fall geht."

Über das Ausbildungssystem des DFB:

"Hermann Gerland hat es gerade wieder vor ein paar Tagen gesagt: Wo sind die Dribbler? Wir haben ein völlig veraltetes Ausbildungssystem im Jugendbereich. Die kleinen Nationen machen es uns vor. Immer, wenn es einem gutgeht, macht man vielleicht die größten Fehler. Aber man muss permanent den Willen haben, sich anzupassen. Frankreich hat uns längst überholt. Bei uns wird mehr über Systeme geredet. Das wird einfach ignoriert. Es gibt zu viele partielle Interessen von verschiedenen Verbänden, also Landesverbänden, die einfach mit dem Profifußball oder der Ausbildung nicht unbedingt was im Sinne haben."

Auf die Frage, wer DFB-Präsident werden soll:

"Es muss jenand sein, der Reformwillen hat. Vielleicht auch zwei. Vielleicht eine Präsidentin und ein Präsident. Ich glaube, dass Peter Peters (1. Vizepräsident des DFB, Anm. d. Red.) einfach auch bewiesen hat, dass er Reformen möchte. Da noch eine zweite Person dazu, dass wir einfach auch ein bisschen diverser werden im Fußball."

Über die Weltmeisterschaft in Katar:

"Der Weg, wie eine Weltmeisterschaft vergeben wird, muss sich ändern. Das war sehr, sehr unglücklich. Das war sogar eine Katastrophe, wie das passiert ist. Mit Compliance und normalen Geschichten hat das nichts zu tun gehabt. Das ist mittlerweile ja auch aufgeklärt worden. Aber auf der anderen Seite muss ich echt sagen: Wir leben glücklich in einem Land, in einer Demokratie, wo wir alles sagen dürfen. Wie viele Länder auf der Welt gibt es mit unseren Idealen? Ich glaube, der Sport an sich hat auch die Aufgabe, die Menschen über die Politik zu verbinden. Vielleicht kann der Sport mit seinem Brennglas auch etwas helfen. Wenn man Druck macht und sagt: Wir gehen dahin, aber die und die Bedingungen müssen sein. Außerdem muss ich sagen: Nachhaltigkeit. Ich meine, in Südafrika wurden Stadien gebaut, die nachher niemand mehr gebraucht hat, also da müssen die Stadien den Menschen in diesen Ländern was bringen. Mit Nachhaltigkeit hat das nichts zu tun."

Über den Erfolg des SC Freiburg:

Dass er als reiner e.V. es hingekriegt hat, die Entscheidungswege in professionelle Hände zu legen. Wir haben zwei, die die Spieler aussuchen: Das ist einmal der Sportdirektor Jochen Saier mit dem ganzen Team mit Klemens Hartenbach. Und das ist auf der anderen Seite Oliver Leki (Vorstand Finanzen, Organisation und Marketing, Anm. d. Red.), der sehr professionell und sehr gut arbeitet. Das sind, glaube ich, die zwei wichtigsten Säulen. Auf der anderen Seite aber auch ein Aufsichtsrat, der genau weiß, was er zu beaufsichtigen hat. Also mit Henri (Heinrich, Anm. d. Red.) Breit an der Spitze, der sagt: Wir kontrollieren, aber wir schwätzen nicht rein. Wir kennen die Spieler nicht, und wir wissen ja, dass Fans und du selber, wenn du nicht jeden Tag im Tagesgeschäft bist, nur die Namen der Vergangenheit kennen. Aber um für die Zukunft arbeiten zu können, brauchst du die Namen der Zukunft.“

Über SC-Trainer Christian Streich:

"Es waren mehrere Anläufe notwendig, um ihn dazu zu überreden (Trainer der Bundesligamannschaft zu werden, Anm. d. Red). Aber genau das ist ja die Charaktereigenschaft, diese Bescheidenheit. Und was mich bei Christian Streich am meisten begeistert, das ist dieses nachhaltige Denken. Dieses Jahr habe ich ihn gefragt: Der teuerste Einkauf, der Baptiste (Baptiste Santamaria wechselte zu Stade Rennes, Anm. d. Red.), der geht jetzt weg, was sagst du dazu, nach einem Jahr schon? Dann sagt er: Oh, weißt du, aber wir haben so viele Nachwuchsleute, er würde sie blockieren. Jetzt sag mir mal einen Trainer, der die Möglichkeit hat, langfristig zu denken, nicht nur von Spiel zu Spiel oder von Saison zu Saison, sondern der einfach nachhaltig denkt. Und es ist eine Menschlichkeit dahinter.

Worauf er beim neuen Stadion des SC Freiburg stolz ist:

"Wenn man anfangs so eine unternehmerische Idee hat, dass man dann alle hinter sich gebracht hat und dass alle mitgemacht haben und zum Schluss selbst bei einem Bürgerentscheid die Stadt sich dazu bekannt hat, wo wir ja wissen, dass alle viel schneller gegen etwas zu motivieren sind und dass es uns allen gelungen ist, hier ein Stadion und ein neuen Eckpunkt für die Zukunft des Sport Club Freiburg zu bringen."