Trainer Andre Breitenreiter (TSG 1899 Hoffenheim) schaut in die Ferne

Fußball | Meinung Endspiel für André Breitenreiter in Bochum? Jetzt bloß kein Aktionismus

Stand: 03.02.2023 14:49 Uhr

Die TSG Hoffenheim ist seit neun Spielen ohne Sieg. In Bochum wollen die Kraichgauer die Trendwende schaffen. Selbst bei einer weiteren Niederlage sollten die Verantwortlichen in der Trainerfrage Ruhe bewahren, meint SWR-Sportreporter Kersten Eichhorn.

André Breitenreiter ist ein offener, ehrlicher und kommunikativer Mensch, das macht ihn auch für Journalisten sympathisch und nahbar. Der Fußball sei für ihn zwar - natürlich neben der Familie - das Schönste auf der Welt, so der Trainer der TSG Hoffenheim an diesem Freitag auf die Frage nach seinem Gemütszustand. Aber momentan würde er auch ganz gerne mal in den Boxsack knallen.

Der letzte Bundesliga-Sieg am 14. Oktober auf Schalke

Frust hat sich angestaut in Hoffenheim. Ganz viel Frust. Auch bei Breitenreiter. Die verfahrene Situation nagt an der Trainerseele. Der letzte Bundesliga-Dreier Mitte Oktober, ein 3:0 auf Schalke, liegt beinahe vier Monate zurück. Seither gab es acht Liga-Spiele ohne Sieg, den Bundesliga-Absturz von Platz vier auf 13, dazu das verdiente Aus im Pokal in Leipzig. Seither sind Körpersprache und Selbstvertrauen der sensiblen TSG-Formation verkümmert, zumal zuletzt in beinahe jedem Spiel der erste Fehler zum ersten Gegentor führte.

Ein Teufelskreis Richtung Tabellenkeller. Eine erschreckende Entwicklung, die Breitenreiter im Presse-Gespräch nicht beschönigt. Keine Ergebnisse, kaum Erlebnisse, vorne wenig, hinten fehleranfällig, schlechtes Zweikampfverhalten. Die Mängelliste im Hoffenheimer Fußball-TÜV ist lang.

André Breitenreiter will Ruhe vorleben


Trotzdem bewahrt der TSG-Coach die Ruhe, will sie vorleben, bleibt dabei authentisch und beantwortet jede noch so unbequeme Frage. Von Breitenreiter sind keine lauten Parolen zu hören, kein billiges Fingerzeigen auf mögliche Schuldige der Misere, kein Einprügeln auf die sowieso schon geschundenen Spielerseelen. Alle mit ins Boot, mit Kommunikation gemeinsam raus aus der Misere, das ist sein Credo. dazu gehört auch der tägliche Austausch mit den Verantwortlichen im Verein. Er selbst sieht sich als Teil des Ganzen in Hoffenheim. Stellt sich der Mitverantwortung für die Sieglos-Serie.

Hoffung auf die drei erfahrenen Winter-Neuzugänge

Jetzt hoffen Trainer und Verantwortliche im Kraichgau mit dem Dreierpack auf dem Winter-Transfermarkt auf den entscheidenden Kniff: Die erfahrenen Jay Brooks, Thomas Delaney und Kasper Dolberg sollen mit Mentalität und Körperlichkeit zum Turnaround in einer fehleranfälligen und zu braven Formation beitragen, den Verlust der Führungsspieler Grischa Prömel (Knöchelbruch) und Kapitän Benni Hübner (Karriere-Ende) kompensieren.

Das ist in den ersten Spielen nach der WM-Pause noch nicht gelungen, geht aber auch nicht von heute auf morgen. Zumal das namhafte Trio aus seinen vormaligen Klubs kaum Spielpraxis mitbrachte.

Wieviel Zeit bleibt André Breitenreiter?

Es braucht also noch Zeit für die neuen Hoffnungsträger, sich mit dem Team zu stabilisieren. Aktionismus in der Trainerfrage wäre deshalb zum jetzigen Zeitpunkt falsch, würde die Spieler womöglich noch weiter verunsichern. Zumal das Verhältnis Trainer-Mannschaft nach wie vor als intakt gilt.

Keine Frage, eine brandgefährliche Situation für Hoffenheim und für André Breitenreiter, sollte der Erfolg weiter ausbleiben. Schon die Partie an diesem Samstag in Bochum könnte, so mutmaßen bereits verschiedene Medien, für den Trainer zum Endspiel werden.

Das wäre zwar voreilig und vorschnell aufgrund der genannten Umstände. Aber auch der 49-Jährige kennt die Gesetze der Trainer-Branche. Für Erfolg gibt es auch im Kraichgau keinen Ersatz gibt. Wenn die Argumente ausgehen, helfen auch Ruhe, Authentizität und der imaginäre Frustabbau am Boxsack dem Trainer nicht entscheidend weiter.