Bo Svensson ist seit Januar 2021 Cheftrainer bei Mainz 05

Fußball | Bundesliga Bo Svensson - Arbeiter, Perfektionist, Kämpfer

Stand: 29.03.2023 08:23 Uhr

Bo Svensson hat es seit seinem Amtsantritt als Trainer bei Mainz 05 im Januar 2021 geschafft, dem Klub eine klare Handschrift zu verpassen. Mit dem Dänen hat Mainz seine zwischenzeitlich verlorengegangene Identität wiedergefunden.

Es gibt nicht viele Trainer, die bei ihrem ersten Job in der Bundesliga gleich Wunder vollbringen. Und noch weniger, die danach nicht als "One-Hit-Wonder" in die Geschichte eingehen, sondern konstant erfolgreich sind. Bo Svensson hat beides geschafft.

Einstieg in Mainz am Tiefpunkt

Im Januar 2021 war Mainz 05 an einem Tiefpunkt angekommen. Sportlich mit sieben Punkten aus der gesamten Hinrunde eigentlich schon abgeschrieben. Und auch sonst wirkte der Klub orientierungslos. Nach den prägenden Amtszeiten von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel war Mainz zu einem beliebigen Bundesligaklub geworden. Die sogenannten Mechanismen der Branche schienen auch vor Mainz nicht halt zu machen. Trainer wechselten in immer kürzeren Abständen. Nach Sandro Schwarz gab es neben dem glücklosen Achim Beierlorzer nur noch Interimslösungen. Mainz war nicht mehr der sympathische Karnevalsverein, sondern ein etwas strategielos wirkender Klub, der im Überlebenskampf als Bundesligist, seine Werte zunehmend über Bord warf. Dann kam die Wende.

Glücksgriff von Christian Heidel

Es fügte sich zusammen, wie ein Puzzlespiel, bei dem plötzlich alle Teile passten. Der nach Mainz, diesmal als Sportvorstand, zurückgekehrte Ex-Manager Christian Heidel setzte die richtigen Hebel in Bewegung. Mit der Verpflichtung von Martin Schmidt als Sportdirektor und Bo Svensson als Trainer bewies er wieder das goldene Händchen, mit dem er Mainz einst zum Bundesligisten gemacht hatte.

Mainzer DNA im Blut

Bo Svensson ist wie Klopp und Tuchel ein Trainer, der die Mainzer DNA im Blut hat. Er kennt den Klub als Profi, als Nachwuchstrainer und jetzt eben als Cheftrainer. Dazwischen das Intermezzo beim FC Liefering in Österreich, wo er erste Erfahrungen als Trainer einer Profi-Mannschaft sammeln konnte. Der Schlüssel zum Erfolg liegt aber in Bo Svensson selbst.

Engagement bis zur Schmerzgrenze

Er ist ein Arbeiter, ein akribischer Perfektionist, ein verbissener Kämpfer, der nicht aufgibt, bis er sein Ziel erreicht hat. Einer, der bisweilen unangenehm sein kann, aber den man dann doch wieder sympathisch findet. Der Autor dieser Zeilen hat es einmal hautnah miterlebt, als Zuschauer bei einem U19-Spiel der Mainzer, als Bo Svensson deren Trainer war. Auf der Tribüne konnte man jedes Wort hören, das der Trainer sprach. Da ging es ziemlich derb zur Sache. Gegen den Schiedsrichter, gegen den Trainer der gegnerischen Mannschaft und auch mit Klartext gegenüber den eigenen Spielern. Ein Vulkan am Spielfeldrand, der keinem Konflikt aus dem Weg ging. Und mit Abpfiff dann wieder jeden umarmt und per Handschlag verabschiedet.

Bodenständig bei Erfolgen und Misserfolgen

Seine Platzverweise in der Bundesliga zeigen, dass er nichts von seinem Temperament eingebüßt hat. Aber auch die Selbstreflexion zählt zu seinen Stärken. Bo Svensson redet nichts schön, lässt sich nicht blenden von guten Ergebnissen, aber auch nicht verunsichern von Misserfolgen. Und damit passt er hervorragend zu Mainz 05, denn dieser Klub wird immer beides haben. Die Kunst von Bo Svensson ist es, Höhen und Tiefen zu managen und die Mannschaft trotzdem weiterzuentwickeln. Wie die Zick-Zack-Kurve eines Aktienkurses, der langfristig aber nach oben zeigt.

Harte Arbeit für mehr Konstanz

Nach dem wundersamen Klassenerhalt 2021, mit sage und schreibe 33 Punkten in der Rückrunde, gelang Bo Svensson mit der Mannschaft in der folgenden Saison eine vergleichsweise ruhige Spielzeit, in welcher Mainz 05 nie schlechter als auf Tabellenplatz elf stand und die Saison auf Rang acht beendete. In der aktuellen Spielzeit sind die Ausschläge wieder etwas heftiger. Platz vier am dritten Spieltag, Rang zwölf am achten, dann wieder hoch auf sechs am elften Spieltag. Danach wieder runter bis auf Position zwölf und zuletzt hat sich der FSV eingependelt, irgendwo zwischen Rang sieben und neun. Das Ziel, konstanter in den Leistungen zu werden, ist aber klar erkennbar. Die Rheinhessen stehen hinter Dortmund und noch vor den Bayern auf Rang zwei der Rückrundetabelle. Mainz ist seit sechs Spielen ungeschlagen, der Tabellensechste Frankfurt ist mit nur drei Punkten Vorsprung noch in Reichweite. Und mit Rang sechs wäre die Europa-League- Teilnahme in der nächsten Saison gesichert.

Mainz als Sprungbrett wie bei Klopp und Tuchel?

Der Weg von Bo Svensson in Mainz führt zum Erfolg in kleinen Schritten. Er ist auf Langfristigkeit angelegt. Sein Vertrag läuft noch bis 2024 und schon mehrfach hat Svensson betont, dass er aktuell nicht mit anderen Klubs liebäugelt, zumindest vorerst. Wohin der Weg führen kann, zeigen die Ex-Mainzer Jürgen Klopp und Thomas Tuchel mit Karrieren auf der ganz großen Bühne. In Sachen Bundesliga-Punkteschnitt hat Svensson die beiden deutlich übertroffen. Vielleicht erweist sich die Spielwiese in Mainz auch für Bo Svensson früher oder später als Aufwärmplatz für den Einsatz bei einem Topklub. Aber erstmal kann er sich im geschützten Mainzer Biotop noch nach Herzenslust austoben.