Philipp Lahm und Fritz Keller unterhalten sich.

FUSSBALL | NATIONALMANNSCHAFT Aufarbeitung beim DFB: VfB-Berater Lahm will helfen, Keller stärkt Bierhoff

Stand: 09.12.2022 10:59 Uhr

Nach dem Aus bei der Fußball-WM geht beim DFB die Aufarbeitung weiter. Philipp Lahm bietet seine Expertise an, Ex-Präsident Fritz Keller nimmt derweil Oliver Bierhoff in Schutz.

Ehrenspielführer Philipp Lahm, seit Sommer 2022 als Berater bei seinem Ex-Verein VfB Stuttgart tätig, hat dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) in der Aufarbeitung des WM-Debakels seine Hilfe angeboten. "Meine Hauptaufgabe ist, Turnierdirektor zu sein. Dass ich durch mein Leben Expertise in Sachen Fußball habe, ist klar und ich bin beim DFB. Deswegen stelle ich auch gerne meine Expertise in Sachen Fußball zur Verfügung", sagte der Cheforganisator der Heim-EM 2024 bei einem Medientermin in Leipzig auf die Frage, ob er an einer Art "Think Tank" zur Neuorganisation der Aufgaben und Strukturen rund um die Nationalmannschaft mitwirken würde.

Am Donnerstag hatte DFB-Aufsichtsratschef und DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke angedeutet, dass es zu einer Art Neuauflage der Task Force Nationalmannschaft, die Anfang des Jahrtausends zur damaligen Krisenbewältigung gegründet worden war, kommen könnte, sofern der DFB dies wünsche.

Watzke: DFL wird nicht "Besserwisser spielen"

"Wenn der DFB irgendwann das Gefühl hat, wir müssen ein paar erfahrene Leute um Rat fragen und das aus sich heraus institutionalisieren möchte, ist das sicherlich ein Denkmodell, aber das muss Bernd Neuendorf mit seinen Leuten entscheiden", sagte Watzke. Einen Vorstoß der Profivereine werde es dazu nicht geben.

"Dass wir als DFL da selbst etwas gründen und dann quasi die Besserwisser spielen, ohne dass der DFB uns darum gebeten hätte, das schließe ich aus", betonte der Fußball-Multifunktionär. Watzke rechnet damit, dass sich DFB-Präsident Neuendorf noch vor Weihnachten öffentlich zu den Entwicklungen nach dem frühen WM-Aus in Katar, der Trennung von Geschäftsführer Oliver Bierhoff und der Fortsetzung der Arbeit von Bundestrainer Hansi Flick äußern wird. "Bernd Neuendorf wird sich sicherlich stellen", sagte Watzke.

Am Freitag (9.12.2022) trifft sich das DFB-Präsidium unter Leitung Neuendorfs in Frankfurt. Eine Personalentscheidung zur Nachfolge Bierhoffs wird nicht erwartet. Der DFB hatte klargestellt, dass zunächst über strukturelle Änderungen und Arbeitsprofile gesprochen werden müsse. Möglicherweise werden Terminabläufe für die Nationalmannschaft für das Jahr 2023 diskutiert, in dem Bundestrainer Flick nur Testspiele bestreiten wird.

Unterdessen hat der frühere DFB-Präsident Fritz Keller Bierhoff in Schutz genommen - er sieht in den Diskussionen um die "One Love"-Binde einen der Hauptgründe für das deutsche Vorrunden-Aus. Politiker und andere DFB-Funktionäre hätten "das Team zu Aktionen überredet, die One-Love-Binde zu tragen und dann ersatzweise diese Geste mit dem zugehaltenen Mund zu zeigen", sagte Keller in einem Interview der "Stuttgarter Zeitung" und der "Stuttgarter Nachrichten" (Freitagsausgaben).

Ex-DFB-Präsident Keller befürchtet diplomatischen Druck

Der aus Freiburg im Breisgau stammende Keller fügte hinzu: "Die Mannschaft war sich uneinig, der Kapitän und der Mannschaftsrat wurden gedrängt, es zu tun. Dann gibt es Diskussionen in der Mannschaft über Dinge, die nichts mit dem Sport zu tun haben - das geht nicht." Den handelnden Personen habe die Konsequenz gefehlt.

"Wenn man sich so weit aus dem Fenster gelehnt hat, muss man das durchziehen, auch um das Gesicht nicht zu verlieren." Deutschland habe laut Keller nun international die Rolle als "Besserwisser". Das Ganze werde auch noch für diplomatischen Druck sorgen. "Der eine macht den Kotau und andere gehen symbolisch dagegen. So kann man die Welt nicht von unseren Werten überzeugen", betonte Keller.

Keller nimmt Bierhoff in Schutz

Der Südbadener, der von 2019 bis 2021 den DFB anführte, bescheinigte Bierhoff eine gute Arbeit. "Er war einer der Wenigen, die sich nicht nur hinter Zuständigkeiten versteckt, sondern auch Verantwortung übernommen haben", sagte Keller: "Der Mann hat 18 Jahre lang versucht, Änderungen im Kinder- und im Jugendfußball hinzukriegen. Das wurde verhindert, weil viele ein G'schäftle daraus machen und etwas für ihre Landesverbände oder Fußballschulen herausholen wollten."