Altglienicke-Neuzugang Tolcay Cigerci Wieder zurück auf Anfang

Stand: 17.08.2022 16:20 Uhr

Nach Tolcay Cigercis Weggang konnte Drittligist Viktoria Berlin nur noch drei Partien gewinnen, stieg schließlich ab. Der Ballkünstler ging in die Türkei, konnte sich dort aber nicht durchsetzen. Nun ist er zurück in Berlin.

Zwei Spiele, zwei Siege, zwei Treffer. In seinen ersten beiden Einsätzen in der Fußball-Regionalliga Nordost hat Tolcay Cigerci vorgeführt, was einen "Unterschiedsspieler" ausmacht. Der Edeltechniker, im Sommer von der VSG Altglienicke geholt, erzielte in den Auftaktpartien jeweils die spielentscheidenden Treffer gegen Energie Cottbus und Chemie Leipzig. Im Klub aus dem Bezirk Treptow-Köpenick dürften sie sich beglückwünschen zu dieser Verpflichtung.
 
Und Cigerci selbst? Ihm sei wichtig, dass die Mannschaft Erfolg hat, natürlich. "Wer da die Tore macht, ist letztendlich egal." Dabei hat Cigerci eine lange Durstrecke hinter sich, blieb mehr als ein halbes Jahr ohne Pflichtspiel-Torerfolg. Hinter dem gebürtigen Niedersachsen liegt eine unverhoffte Reise, von der man wohl sagen darf: Cigerci hat die Kurve gerade noch mal gekriegt.

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Profi in "fußballverrückter Stadt"

Rückblick 2021: Viktoria Berlin steigt auf in die Dritte Liga, sorgt in der Hinrunde prompt für Verblüffung, weil das ambitionierte Team um Ballkünstler Tolcay Cigerci teils mitreißenden Offensivfußball spielt. Der Mittelfeldregisseur sammelt glänzende persönliche Statistiken, kommt auf 14 Scorerpunkte in 14 Partien, bei sieben Toren und sieben Vorlagen.
 
Die Branche wird aufmerksam. Und Cigerci? Entschließt sich in der Winterpause kurzerhand zum Wechsel in die zweite türkische Liga. Heute sagt er zu rbb|24: Die Türkei, das Land seiner Familie, dort wollte er schon immer einmal spielen. Zweitligist Samsunspor zeigte Interesse.
 
Über die Ablöse wurde nichts bekannt, nur soviel ließ Viktoria-Manager Rocco Teichmann verlauten: Wenn "bestimmte wirtschaftliche Angebote gemacht werden, die wir als aufstrebender Drittligist nicht ablehnen können, stehen wir einem Transfer auch nicht im Wege."
 
Der sportliche Stellenwert von Samsunspor ist vielleicht zu vergleichen mit dem des 1. FC Kaiserslautern oder 1. FC Nürnberg hierzulande: ein traditionsreicher Verein, doch die größten Zeiten sind vorbei. Allerdings ist der Rückhalt der Fans ist enorm. Cigerci bezeichnet die Hafenstadt an der Schwarzmeerküste als "fußballverrückt": "Wenn man da als Profifußballer unterwegs ist, erkennt dich sofort jeder, die Leute wissen, wer du bist."

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"Mal geht es rauf, mal runter"

Allein: Der Erfolg blieb aus. Der Klub verfehlte den Aufstieg. Cigerci selbst kam nur fünfmal zum Einsatz, steuerte nicht mehr als eine Torvorlage bei. "Das sind Dinge, die im Fußball passieren", sagt Cigerci rückblickend nüchtern. Natürlich habe er es sich anders vorgestellt. "Es ist halt das Fußballgeschäft, mal geht es rauf, mal runter." Die Zeit am Schwarzen Meer bezeichnet er als dennoch "als schöne Lebenserfahrung". Natürlich: "Was das Sportliche betrifft, war es eher nicht so schön, man hat es sich anders vorgestellt."
 
Geholfen hätten ihm die regelmäßigen Telefonate mit seinem älteren Bruder Tolga, einst Abwehrspieler bei Hertha, in der in der Vorsaison beim Istanbuler Spitzenklub Basaksehir aktiv. "Es geht darum, sich gegenseitig eine Stütze zu sein", sagt Cigerci.
 
Eine Stütze, die Viktoria ebenfalls dringend benötigt hätte: Hatte der Klub die Hinrunde noch im Mittelfeld beendet, wurde das Team nach dem Abgang seines Mittelfeldlenkers nach unten durchgereicht. Geschäftsführer Peer Jaekel sprach von einer "Herkulesaufgabe", den Weggang von Cigerci zu kompensieren. Nur noch dreimal sollte Viktoria ohne Cigerci gewinnen – zu wenig für den Klassenerhalt.
 
Der Zehner habe den Niedergang seines Ex-Klubs verfolgt. Leid getan habe es ihm für Viktoria, sagt er. "Ich weiß nicht, warum es so passiert ist."

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Altglienicke - eine Zwischenstation?

Im Sommer ging es dann schnell. Der ursprünglich bis 2024 laufende Kontrakt bei Samsunsport wurde aufgelöst, "einvernehmlich", wie Cigerci betont. Der Kontakt zu Altglienicke war indes nie abgebrochen, sein Berater Kadir Özdogan fädelte die Rückkehr nach Treptow-Köpenick ein: Bereits in der Saison 2020/21 lief der 27-Jährige für den Klub im Berliner Südosten auf. Bis zum coronabedingten Saisonabbruch hatte er dort furios aufgespielt, traf in zehn Partien neunmal, bereitete zwei weitere Treffer vor.
 
Trainer Karsten Heine schätzt Cigerci. Zu rbb|24 sagte Heine vor dem Saisonstart: "Wir wollen ihm helfen, dass er wieder an alte Leistungen anknüpft."
 
Mit den beiden Treffern zum Saisonstart bewies Cigerci bereits, dass er auf dem besten Weg dahin ist. Ist Altglienicke das Ende der unverhofften Reise oder Zwischenstation für große Ziele? "Ich bin keiner, der gerne über die Zukunft redet", wehrt er ab. "Weil man weiß nie, was passieren wird." Cigerci selbst ist das beste Beispiel.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.08.2022, 16:15 Uhr