Collage: Basketballer TJ Shorts II von den Telekom Baskets Bonn und Maodo Lo von Alba Berlin (Bild: Imago Images/Contrast; camera4+ | Collage: rbb)

Spitzenspiel Alba gegen Bonn Wie zwei 0er die Top-Teams der Basketball-Bundesliga prägen

Stand: 13.01.2023 18:35 Uhr

Am Sonntag empfängt Alba Berlin die Telekom Baskets Bonn zum Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga. Dank Maodo Lo und TJ Shorts kommt es dabei zum Duell zweier Top-Guards.

Von Jakob Lobach

Es ist ein ausführliches Dehnprogramm, das Maodo Lo in einer der Ecken von Albas Trainingszentrum in der Schützenstraße absolviert. Auf einer dünnen Matte liegend, mit Hilfe eines kleinen Schaumstoffballs und mitunter leicht schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck rollt, stretcht und massiert der Aufbauspieler von Alba Berlin die Belastung intensiver vergangener Tage aus den vielbeanspruchten Muskeln. Zwei Siege gegen den FC Bayern und Armani Mailand sowie eine Niederlage gegen Real Madrid stehen auf Albas Arbeitszeugnis seit dem vergangenen Sonntag.

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Duell der Top-Guards

Es waren drei Topspiele, die an diesem Wochenende in einem echten Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga (BBL) gipfeln. Am Sonntagnachmittag (15 Uhr) empfängt Alba die Telekom Baskets Bonn in der Max-Schmeling-Halle. Es ist nicht nur das Duell zwischen dem Berliner Tabellenzweiten und dem Bonner Tabellenführer, sondern auch das zweier besonderer Aufbauspieler. So wird Maodo Lo am Sonntag auf Bonner Seite in TJ Shorts der vielleicht beste Spieler der bisherigen BBL-Saison gegenüberstehen. Die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Guards geht dabei deutlich über die geteilte Trikotnummer 0 hinaus.
 
Den Anfang macht die Position. Als Point Guards führen Lo und Shorts ihre Mannschaften auf dem Parkett an, dirigieren das Spiel sowie ihre Mitspieler und bestimmen so auch das Tempo einer Partie. Ganz zwangsläufig spielen Lo und Shorts also Schlüsselrollen in ihren jeweiligen Mannschaften. Während Maodo Lo seinen Wert für Alba in den vergangenen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt hat, ist der von TJ Shorts für Bonn sogar noch größer. "Das Bonner Spiel baut auf ihm und seinen Skills auf, es ist nach ihm konzipiert", sagt auch Lo.
 
Nach Stationen in Hamburg und Crailsheim, ist TJ Shorts dieser Tage das Herz und der Hauptakteur der bislang so stark spielenden Bonner Mannschaft. Obwohl der 25-jährige US-Amerikaner mit seinen nur 1,75 Metern auf dem Parkett wie ein Zwerg unter Riesen wirkt, fallen seine Qualitäten sofort ins Auge, wenn man ihm beim Spielen zuschaut. Vom Bonner Trainer Tuomas Iisalo mit größtmöglichen Freiheiten ausgestattet, wirbelt Shorts beinahe mühelos durch gegnerische Defensiven.

Richtungswechsel und Täuschungen

"Er ist schnell, explosiv und wendig", fasst Maodo Lo die physischen Anlagen von Shorts treffend zusammen und ergänzt: "Er hat die Fähigkeit, in der Offensive genau an die Spots zu kommen, an die er kommen will." Viele Crossover, schnelle Richtungswechsel und zahlreiche Täuschungen helfen dem dazu noch passtarken Shorts dabei, sich exakt die Würfe zu erspielen, die er hochprozentig trifft.
 
Viele Crossover, schnelle Richtungswechsel und zahlreiche Täuschungen – diese Eigenschaften hat auch das Spiel von Maodo Lo. Der Berliner, laut Shorts "ein unglaublicher Spieler", spielt ähnlich elegant und ansehnlich wie sein Bonner Pendant. Lo ist bei Alba einer der Spieler für besondere Momente. Ähnlich wie bei Shorts hat es mitunter etwas von einem Tanz, wenn Lo sich seiner Gegenspieler zurechtlegt. "Jeder weiß, dass er diesen Crossover hat", sagt Shorts und spielt damit auf den berüchtigten, weil kaum zu verteidigenden Step-Back-Dreier von Lo an. Im Grunde ist es mit dem Handwechsel von Lo wie auch mit dem Spiel von Shorts: Jeder weiß, was kommt, verhindern können es dennoch nur die wenigsten.

Maodo Lo bei seinem patentierten Step-Back im Euroleague-Spiel gegen Partizan Belgrad (Bild: IMAGO/Camera4+)

Maodo Lo mit seinem berüchtigten Step-Back im Spiel gegen Partizan Belgrad.

Fliegen unter dem Radar

Weitaus weniger vorhersehbar war die Tatsache, dass Maodo Lo und TJ Shorts heute überhaupt in einem BBL-Spitzenspiel wie dem am Sonntag gegeneinander antreten würden. Weder Lo noch Shorts hatten im Vorfeld ihrer Profikarrieren den Status des großen Talents. Abseits großer Jugendprogramme verbrachte der heute 30-jährige Lo seine basketballerische Jugend beim DTV Charlottenburg und den Central Hoops, ehe er sich in den USA an der Columbia University einen Namen machte. "Zu den ganzen Auswahlteams und Jugendnationalmannschaften wurde ich nie eingeladen", erinnert Lo sich an das Fliegen unter dem Radar.
 
Ein Gefühl, das auch TJ Shorts bestens kennt, und das sich sogar in seiner Trikotnummer manifestiert hat. "Die 0 steht dafür, dass niemand an mich geglaubt hat", sagt Shorts und ergänzt: "Colleges, die mir kein Stipendium geben wollten, Trainer, die kein Vertrauen in mich hatten." Der wenig überraschende Grund: Shorts (fehlende) Größe.
 
Die Folgen der Skepsis waren für die heranwachsenden TJ und Maodo unterschiedliche. Shorts erzählt heute von noch mehr Motivation, noch mehr Training und einem damals noch größeren Wunsch, seine Kritiker Lügen zu strafen. Lo, der in der Schützenstraße mittlerweile auf einer Bank Platz genommen hat, sagt hingegen: "Es hat mich eher demotiviert, nicht gesehen zu werden."
 
Was ihn damals dennoch weiterspielen und -trainieren ließ? "Meine Liebe zum Basketball, dieser Genuss zu spielen." Ein Genuss, der Maodo Lo heute noch immer anzusehen ist, und der ihn ebenfalls mit TJ Shorts verbindet. Beide Akteure strahlen auf dem Parkett eine spürbare Spielfreude aus, die auch von der großen Verantwortung auf ihren Schultern nicht getrübt wird.

Genuss mit Druck

Während Maodo Lo bei Alba eine der wichtigsten Stützen im Team ist, ist TJ Shorts in Bonn mit seinen knapp 18 Punkten und gut sieben Assists pro Spiel gar absolut unverzichtbar. Die 13 Siege aus 14 Liga-Spielen wären für die Westfalen ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, hätte Shorts nicht Spiel für Spiel nahezu ausnahmslos auf sehr hohem Niveau gespielt – von Ausbrüchen wie seinen 38 Punkten gegen Chemnitz im Dezember mal ganz abgesehen.
 
"Ich würde lügen, wenn ich sage, dass man da nicht drüber nachdenkt", sagt Shorts über den Druck, der mit dieser Abhängigkeit einhergeht, "aber ich kann das ganz gut ausblenden." Zumal Druck eben nur dann entsteht, wenn man auch Verantwortung trägt, wichtig ist, sich entfalten kann. "Ich mag es, diese Verantwortung zu haben", sagt auch Maodo Lo, "und Druck gehört beim Basketball dazu. Du musst damit klarkommen, dass die Leistungen in unserem Beruf transparent sind und von außen bewertet werden können."
 
Bewertet wird ab ca. 17 Uhr am Sonntag sicherlich auch die dann zu Ende gegangen Partie zwischen Alba Berlin und den Gästen aus Bonn. Nicht zuletzt, weil dann auch feststehen wird, ob die Bonner auch in die kommende Woche als Tabellenführer starten oder ob Alba Berlin in diesen Genuss kommt. Maodo Lo und TJ Shorts dürften ihren Teil dazu beitragen, dass schon das Spiel zwischen ihren beiden Mannschaften ein solcher Genuss wird. TJ Shorts jedenfalls ist sich sicher: "Es wird ein spannendes Duell."

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.01.2023, 08:15 Uhr