Wasserspringen-Bundestrainer Lutz Buschkow wurde vom Verband suspendiert (picture alliance/dpa/Rainer Jensen)

DSV handelt nach Missbrauchsvorwürfen Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow freigestellt

Stand: 19.08.2022 13:29 Uhr

Der Ex-Wasserspringer Jan Hempel hat schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen ehemaligen Trainer erhoben, von denen auch der aktuelle Bundestrainer Lutz Buschkow gewusst haben soll. Der Verband hat reagiert, Patrick Hausding kritisiert den Umgang.

In Folge der Missbrauchs-Affäre um den ehemaligen Wasserspringer Jan Hempel hat der deutsche Schwimm-Verband (DSV) Bundestrainer Lutz Buschkow suspendiert. "Der DSV-Vorstand hat sich aufgrund seiner hohen moralischen Ansprüche dazu entschieden, Herrn Buschkow bis zur finalen Klärung des Sachverhaltes mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit als Bundestrainer Wasserspringen im DSV freizustellen", teilte der Verband am Donnerstagabend mit. Buschkow war seit 2002 Chefbundestrainer am Stützpunkt in Berlin.

Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel breitet seine Arme aus (Foto: imago images / Laci Perenyi)
Sexueller Missbrauch im Schwimmsport

Mehrere Schwimmsport-Athletinnen und Athleten haben erstmals öffentlich schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch erhoben. Darunter auch der ehemalige Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel. Von Bettina Malter und Kristina Smirnovmehr

Buschkow soll vom sexuellen Missbrauch gewusst haben

In der ARD-Dokumentation "Missbraucht - Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport" hatte der ehemalige Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen ehemaligen Trainer Werner Langer erhoben, der inzwischen verstorben ist. "Ich bin von meinem Trainer missbraucht worden. Er hat keinen Zeitpunkt ausgelassen, um nicht seinen Wünschen und Bedürfnissen freien Lauf zu lassen", erzählte Hempel.
 
Außerdem berichtete der Olympia-Zweite von Atlanta 1996, dass Buschkow Kenntnis über die Taten gehabt hätte und kritisierte dessen Umgang damit. "Ich habe am eigenen Leib viele Jahre spüren müssen, dass dem DSV nur der sportliche Erfolg wichtig ist und alles andere, ob Gesundheit oder irgendwelche Probleme, eigentlich völlig hinten runter gehen. (...) Alle haben geschwiegen, bis heute", sagte der Sachse.

DSV will Vorwürfe prüfen

Am Rande der Schwimm-EM in Rom nahm auch DSV-Präsident Marco Troll Stellung zur Suspendierung des Bundestrainers. "Wir sagen nicht: Er ist schuld, weil für uns sind diese Vorwürfe neu, heute zum ersten Mal. Und solange diese Vorwürfe nicht geprüft sind, hat er im DSV keine Aufgaben mehr wahrzunehmen", sagte Troll am ARD-Mikro.
 
Der Verband wolle sich nun um eine schnelle Aufklärung bemühen und habe erst durch eine Medienanfrage am 11. August von den Vorwürfen erfahren. Auch der damalige DSV-Präsident Rüdiger Tretow habe versichert, dass weder er noch das Präsidium Kenntnis über die Missbrauchsvorwürfe gegen Langer gehabt hätten, wie der DSV mitteilte. "Im Namen des gesamten Verbands möchten wir uns bei den Opfern dafür entschuldigen, dass sie solch traumatische Erlebnisse erleiden mussten", heißt im Verbandsstatement.

Patrick Hausding kritisiert den Umgang mit Busckow

Rekordeuropameister Patrick Hausding hat sich im Gespräch mit dem rbb kritisch zum Umgang mit dem freigestellten Bundestrainer Lutz Buschkow geäußert. "Es ist nicht fair, Buschkow die Verantwortung zuzuschieben. Hempels Trainer und die verantwortliche Bundestrainerin sind tot. Buschkow war zu dem Zeitpunkt nur ein einfacher Trainer in Berlin, ohne Entscheidungsgewalt", sagte der Ex-Weltmeister und dreimalige Olympia-Medaillengewinner.

 
"Er war genauso untergeordnet wie viele andere Trainer auch", sagte Hausding. "Ich habe Lutz nie so eingeschätzt, dass ihn so etwas kalt lassen würde". Er wolle "keine Partei beziehen", betonte der 33-Jährige, der im Mai seine Karriere beendet hatte.
 
Es sei "geschockt" gewesen, als er von Hempels Aussagen gelesen habe, "die Vorfälle sind schrecklich, Jan Hempel sollte gehört werden, ich verstehe aber nicht, warum er es erst 25 Jahre später öffentlich macht". Hausding ward amals noch ein Kind, hatte gerade erst mit dem Wasserspringen begonnen. Er selbst könne sich aus seiner aktiven Zeit "an keinerlei Vorfälle erinnern. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass jemand stark auffällig war und Sportler:innen sexuell beleidigt wurden", sagte Hausding: "Es ging manchmal ein bisschen barsch zu, aber das ist im Leistungssport völlig normal."

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.08.2022, 19.15 Uhr