Sandro Wagner und sein Team jubeln. (Bild: IMAGO / foto2press)

Cottbus-Gegner Unterhaching im Team-Check Viele Parallelen und ein großer Unterschied

Stand: 07.06.2023 10:16 Uhr

Mit Energie Cottbus und der SpVgg Unterhaching treffen am Mittwoch zwei alte Bekannte in der Relegation zur 3. Liga aufeinander. Neben vielen sportlichen Abstiegen kämpften beide zuletzt mit Finanzproblemen. Ein Duell auf Augenhöhe - mit einem Faktor pro Cottbus. Von Fabian Friedmann

Am Mittwoch kämpfen Energie Cottbus und die SpVgg Unterhaching um die Rückkehr in den Profifußball (20:30 Uhr im Fernsehen und im rbb24-Livestream). Auf den ersten Blick zwei sehr unterschiedliche Vereine, die sich in der Relegation zur 3. Liga gegenüberstehen. Hier der Traditionsverein aus der Lausitz, der auf eine große Fanbasis setzen kann und über hohe Ambitionen verfügt. Dort die kleine Spielvereinigung aus dem Münchner Vorort, die seit jeher im Schatten der großen Bayern und dem TSV 1860 steht.
 
Lässt man das Umfeld außer Acht, gibt es aber rein sportlich große Parallelen zwischen den beiden Klubs. Und die liegen begründet in ihrem schleichenden, aber doch stetigen Niedergang in den letzten 20 Jahren. 2001 spielten beide Vereine noch gemeinsam in der Bundesliga. Cottbus schaffte damals (noch) den Klassenerhalt, Haching stieg ab, der Anfang einer sportlichen Talfahrt.

Livestream zum Aufstiegsspiel Energie Cottbus gegen SpVgg Unterhaching - das Hinspiel. Quelle: imago images/Beautiful Sports
Energie Cottbus - SpVgg Unterhaching

Der Erfolg einer ganzen Saison entscheidet sich in zwei Duellen: Die Regionalliga-Meister Energie Cottbus und SpVgg Unterhaching kämpfen um den Aufstieg in die dritte Liga. Teil eins des Showdowns steigt in der Lausitz, hier sind Sie live dabei. Moderation: Christian Dexne, Kommentar: Max Zobelmehr

Absturz von der Bundesliga in die Regionalliga

Mitte der 2000er trafen sich beide Vereine dann häufiger in der 2. Liga. Haching konnte sich dort aber nicht allzu lange halten – im Gegensatz zu Energie. Ab dem Jahr 2008 gehörten die Bayern dann zum festen Inventar der neu gegründeten 3. Liga. 2014 kreuzten sich die Wege der Vereine erneut, ehe es für beide in die vierte Liga ging.
 
Das letzte Aufeinandertreffen in der 3. Liga ist auf den 20. März 2019 datiert: Ein 0:0 vor 1.500 Zuschauern im Sportpark Unterhaching. Kurze Zeit später folgte für Energie und Haching abermals der bisherige Tiefpunkt, sprich Regionalliga.

Souveräner Meistertitel der Hachinger

Blickt man auf den aktuellen Saisonverlauf beider Teams in ihren jeweiligen Staffeln, dann gibt es auch hier deutliche Gegensätze. Cottbus musste im Nordosten lange Zeit mit Erfurt um den Spitzenplatz kämpfen, machte erst am vorletzten Spieltag die Meisterschaft perfekt. Unterhaching dagegen feierte bereits Anfang Mai die souveräne Meisterschaft in der Südstaffel und konnte sich seitdem auf die Relegation fokussieren.
 
"Wir wurden früh Meister und haben uns sehr lange auf Cottbus und auch zunächst auf Erfurt vorbereiten können", sagt Hachings Trainer Sandro Wagner im Interview mit BR24. Mittlerweile sei man mit allen Details von Energie vertraut. "Wir haben uns einen sehr guten Plan zurechtgelegt. Jeder weiß in jeder Phase, wie wir reagieren müssen", erklärt der 35-Jährige, der seit 2021 in Unterhaching als Trainer arbeitet und gleich bei seiner ersten Trainerstation deutliche Spuren hinterlassen hat.

Cottbus bis zuletzt gefordert

Der souveräne Meistertitel unter Regie von Sandro Wagner kommt auch nicht von ungefähr, denn die Leistungsdichte der Teams in der Regionalliga Bayern ist bei weitem nicht so ausgeprägt wie in der Nordost-Staffel mit seinen vielen Traditionsvereinen, was grundsätzlich auch ein Faktor zugunsten des FC Energie sein könnte. Denn Cottbus spielte stets am Limit, konnte sich nie auf seinem Punktevorsprung ausruhen und war auch durch das Landespokalfinale gegen Luckenwalde bis zuletzt sportlich gefordert.
 
Bei der Spielvereinigung machte sich dagegen zum Saisonende eine gewisse Lockerheit breit. Nachdem die Meisterschaft fest stand, wurden prompt die beiden letzten Saisonspiele gegen Kellerkind Rain/Lech (2:3) und beim FC Schweinfurt 05 (1:2) verloren. Dieser Leistungsabfall könnte aber auch darin begründet liegen, dass das Team zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ob Unterhaching überhaupt den Antrag für die Drittliga-Lizenz stellen würde. Denn das Geld war und ist knapp. "Es war nicht einfach und keine schöne Situation für uns. Diese Mannschaft schafft es aber, solche Dinge wegzustecken", betont Sandro Wagner.

Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz applaudiert (Quelle: IMAGO / Fotostand)
Energie Cottbus will gegen Unterhaching vorlegen

Nach dem Abstieg 2019 ahnte niemand, dass es so lange dauern würde, bis Energie Cottbus wieder an die Tür zum Profi-Fußball klopfen würde. Am Mittwoch steht das Hinspiel gegen Unterhaching an. Von Andreas Friebel Der rbb überträgt das Spiel im Fernsehen (Brandenburg) und im Stream auf rbb|24.mehr

Verspätete Gehälter von Dezember bis Februar

Unterhaching drückten Zahlungsschwierigkeiten und konnte übereinstimmenden Medienberichten zufolge sowohl Spielern als auch Mitarbeitern ihr Gehalt zwischen Dezember 2022 und Febuar 2023 nur verspätet auszahlen. Damals ließ Hachings Präsident Manfred Schwabl verlauten, dass man ein "vorübergehendes Liquiditätsproblem" hätte. Sponsorengelder seien offenbar zu spät geflossen, weshalb sich diese finanzielle Lücke auftat. Eine Lage, die auch Energie Cottbus allzu gut kennt. Den Lausitzern hatte ihr Präsident Sebastian Lemke im März 2021 einen radikalen Sparkurs verordnet, nachdem ein Minus im hohen sechsstelligen Bereich zu Buche stand. In der Geschäftsstelle musste ein Viertel der 14 Mitarbeiter entlassen werden.
 
Aufgrund der angespannten finanziellen Situation war es auf Hachinger Seite lange Zeit nicht sicher, ob man überhaupt in die anstehende Relegation gehen sollte, weil man Gefahr lief, die Lizenz für die dritte Liga nicht zu bekommen. Nach einigem Hickhack konnte SpVgg-Präsident Schwabl dann diese Woche Entwarnung geben: "Der Stand ist, dass wir in die Relegation gehen. In der Geschäftsführung haben wir unsere Hausaufgaben gemacht." Sprich: Die Lizenz ist beantragt und man sei guten Mutes, sie auch zu erhalten. "Die Mannschaft hat es auch verdient, sportlich aufzusteigen", so Schwabl, der nicht müde wird zu betonen, welch herausragende Arbeit Sandro Wagners Trainerteam trotz dieser widrigen Bedingungen geleistet habe.

Routinierte Mannschaft mit ordentlich Offensivpower

Beim Blick auf den Hachinger Kader wird eines schnell deutlich. Die Mannschaft ist gespickt mit erfahrenen Zweit- und Drittligaspielern. Abwehrchef ist der 34-Jährige David Pisot, der bereits für Karlsruhe und Ingolstadt in der 2. Liga auflief. Im defensiven Mittelfeld ist der zweikampfstarke Manuel Stiefler (34, KSC, Sandhausen) der Mann fürs Grobe. Für die kreativen Momente sind die offensiven Mittelfeldspieler Sebastian Maier, Niclas Anspach und Simon Skarlatidis verantwortlich. Letzterer verbuchte in der abgeschlossenen Saison sieben Tore und acht Vorlagen und konnte bereits für Erzgebirge Aue und Kaiserslautern Spielpraxis in der 2. und 3. Liga sammeln.
 
Das eigentliche Prunkstück der Hachinger ist aber Angriff. Torjäger Patrick Hobsch, der Sohn des ehemaligen Bundesliga-Stürmers Bernd Hobsch, holte sich mit 27 Saisontoren die Torjägerkrone in der Regionalliga Süd. Neben ihm stürmt der erfahrene Mathias Fetsch (13 Tore). Kurios: Genau vor zehn Jahren ging Fetsch in der 2. Liga für Energie auf Torejagd. Energies Defensive sollte gewarnt sein vor diesem gefährlichen 40-Tore-Sturm. Dazu ist man in der Offensive sehr variabel. Sandro Wagner bevorzugte zuletzt zwar ein 4-4-2-System, die Mannschaft wechselt aber je nach Spielstand auch gerne in ein 4-1-4-1 oder ein 4-2-3-1.

Gerhard Tremmel (l.) und Claus-Dieter Wollitz jubeln gemeinsam für Energie Cottbus in der Saison 09/10. Quelle: imago images/Ulmer/Cremer
"Ich würde die Relegation abschaffen"

Gerhard Tremmel stand in der Bundesliga für Cottbus und Unterhaching im Tor. Vor dem Relegationsduell beider Teams erklärt Tremmel, wem er die Daumen drückt, was er von der Aufstiegsregelung hält und warum Pele Wollitz der Richtige für Energie ist.mehr

Energie-Fans könnten den Unterschied machen

Energie Cottbus kann zwar keinen Angreifer mit den Werten eines Patrick Hobsch aufbieten – bester Torschütze ist Niclas Wähling mit 12 Toren – allerdings kommt die Mannschaft von Claus-Dieter Wollitz in der Offensive ohnehin mehr über das Kollektiv. Dadurch ist man für den Gegner auch schwerer auszurechnen. Ein Hoffnungsträger könnte FCE-Angreifer Eric Hottmann sein. Der zeigte sich zuletzt in Top-Verfassung und traf im Landespokalfinale gegen Luckenwalde gleich dreifach. Wie man aber es auch dreht und wendet, die Relegationsspiele gegen Unterhaching werden zwei Partien auf Augenhöhe.
 
Ein Baustein für einen Cottbuser Erfolg könnte am Ende die Kulisse werden. Das Stadion der Freundschaft ist schon jetzt ausverkauft. 20.000 Lausitzer werden am Mittwoch ihre Mannschaft bedingungslos unterstützen. "Für solche Spiele spielst du. Es ist großartig für die Spieler und als junger Trainer vor so einer Kulisse zu spielen", freut sich Sandro Wagner. Und sein Verteidiger Markus Schwabl ergänzt: "Viele von uns haben schon in Cottbus gespielt. Aber im Vergleich zur Regionalliga Bayern ist es ein großer Unterschied."

Sendung: rbb24, 06.06.2023, 18 Uhr