Rani Khedira von Union Berlin enttäuscht im Europa League-Spiel gegen Sporting Braga

Niederlage in Braga Union zahlt teures Lehrgeld

Stand: 16.09.2022 11:00 Uhr

Nach der 0:1-Niederlage bei Sporting Braga steht der 1. FC Union in der Europa League mit dem Rücken zur Wand. Trotz ordentlicher Leistung sammelte Urs Fischers Team keine Punkte, die Gastgeber spielten zu erfahren.

Von Till Oppermann

Als Julian Ryerson in der fünften Minute der Nachspielzeit zurück zur Mittellinie joggte, standen ihm vor Wut die Tränen in den Augen. Beim Stand von 0:1 war der Außenbahnspieler 17 Meter vor Bragas Tor gefoult worden. Aber der slowakische Schiedsrichter Filip Glova entschied auf Freistoß für die Gastgeber.

Ryerson sprang wütend auf, brüllte den Referee an und kassierte eine gelbe Karte. Seine ungläubigen Rufe halfen nicht, das Spiel war gelaufen. Nach zwei knappen 0:1-Niederlagen liegen die Eisernen schon sechs Punkte hinter Braga und Saint Gilles. "Das Resultat wiederspiegelt nicht die Leistung", hadert Trainer Urs Fischer nach Abpfiff.

Union gegen Braga (imago images)
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Throwback Thursday

Nach dem verpatzten Start in die Europa League erinnert vieles an die vergangene Saison, als der 1. FC Union in der Conference League debütierte und gegen erfahrene Europapokalteilnehmer aus Prag und Rotterdam den Kürzeren zog. Damals waren die Hauptstädter sportlich Donnerstag für Donnerstag ebenbürtig, aber individuelle Fehler hinderten sie daran, ihre Spiele erfolgreich zu gestalten.

Im architektonisch spektakulären Estadio Municipal von Braga trug sich ähnliches zu. Union spielte intensiv, kämpfe leidenschaftlich und kam zu klaren Chancen, doch das goldene Tor gehörte den Gastgebern, die nach einem Union-Ballverlust im Spielaufbau schnell abschlossen und trafen. "Wir zahlen Lehrgeld", sagt Urs Fischer knapp.

Union lässt gute Chancen ungenutzt

In Braga spielte Union druckvoll und dominant. Schon in der Anfangsviertelstunde hatte Union Gelegenheiten, die zuletzt in der Bundesliga für zwei Siege gereicht hätten. Immer wieder gelang es über die rechte Seite Ryerson oder Sheraldo Becker in Szene zu setzen.

Andras Schäfer erinnert sich: "Wir hatten so viele Chancen, besonders in der ersten Halbzeit, das müssen wir einfach ein Tor machen." Die besseren Möglichkeiten sah auch Fischer auf der Seite seiner Mannschaft, "aber auf diesem Niveau muss man dann auch die Tore machen".

Braga helfen Erfahrung und Ruhe

Wenn Fischer von Niveau spricht, meint er nicht nur die fußballerische Klasse der Gastgeber, die das Team von Artur Jorge in Kombinationen immer wieder aufblitzen ließ. Nein, die Nordportugiesen, die fünfzehn Jahren nur eine Europapokalsaison verpasst haben, glänzten vor allem mit Ruhe und Erfahrung.

Diese zeigte sich beispielsweise im Umgang mit Unions Tempo im Angriff. Wohlwissend, dass Bragas eher langsame Innenverteidiger gegen Becker im Sprintduell den Kürzeren ziehen würden, setzten die Gastgeber auf eine Abseitsfalle. Mit Erfolg. Die Gäste standen fünfmal im Abseits und reduzierten die Zahl ihrer Tiefenläufe im Spiel merklich. Ob das eine bewusste oder unbewusste Entscheidung war, ist schwer zu bewerten. Fakt ist: Die Abseitsfalle wirkte.

Union-Trainer Urs Fischer auf der Pressekonferenz in Braga(Bild: imago images/Matthias Koch)
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Gastgeber sorgen für fehlenden Spielfluss

Obwohl Sporting etwas mehr Ballbesitz verzeichnete, war Union vor dem Seitenwechsel mindestens bis zur 30. Minute die feldüberlegene Mannschaft und glänzte auch nach der Pause in den ersten Minuten mit zielstrebigem Spiel und guten Chancen wie in der 47. Minuten durch Ryerson.

Der SC Braga verwickelte die Eisernen deshalb in viele Zweikämpfe, die den Spielfluss hemmten. Solange Union den Ball führte, ging Braga robust in die Zweikämpfe, machten die Portugiesen allerdings umgekehrt mit den Körpern der ebenfalls hart einsteigenden Unioner Bekanntschaft, blieben sie mit Vorliebe lange liegen.
 
Schiedsrichter Glova unterstützte das mit einer wechselhaften Linie in der Zweikampfbewertung und vielen Unterbrechungen. Während die Unions Spieler angesichts der unsouveränen Schiedsrichterleistung immer ungehaltener reagierten, nutzte Braga diese Schwäche zum eigenen Vorteil und arbeitete sich nach und nach ins Spiel.

Keine Reaktion aufs Gegentor

Rani Khedira argumentiert: "Wir haben gutes Auswärtsspiel gemacht, hatten viel Kontrolle mit und gegen den Ball." Dafür gibt es gute Argumente, doch den Spielrhythmus bestimmte Sporting Braga. Man habe sich selbst geschlagen, fährt Khedira fort und spielt auf den Ballverlust von Janik Haberer an, nach dessen Fehlpass im Spielaufbau Platz für einen Distanzschuss von Andre Horta entstand, dessen Nachschuss der gedankenschnelle Vitinha verwandelte. "Beim Tor sahen wir nicht gut aus", sagte auch Fischer, der ankündigte, sich die Szene noch genauer anzugucken.
 
Blickt der Schweizer auf die Viertelstunde danach, wird er feststellen, dass für die Niederlage nicht nur Haberers Fehlpass und der fehlende Druck auf den Distanzschützen Horta verantwortlich sind. Denn obwohl Union in der Schlussviertelstunde auf Bragas Tor anrannte, ergaben sich keine klaren Chancen.

Auch weil der Fokus fehlte. Anstatt wie Horta mutig den Abschluss zu suchen, verzettelte sich die Mannschaft in Zweikämpfen und anschließenden Diskussionen. Bereits in drei Tagen können die Spieler Niederlage vergessen machen: Mit einem Heimsieg gegen Wolfsburg würde Union die Tabellenführung in der Liga verteidigen. "Es bleibt keine Zeit nachzutrauern."