Hertha vor Spiel gegen Frankfurt "Positiv" gestimmter Dardai braucht ein Ergebnis

Stand: 14.10.2021 16:18 Uhr

Hertha ist in der Länderspielpause nicht zur Ruhe gekommen. Der Rücktritt des CEO war vor dem Spiel in Frankfurt das bestimmende Thema bei dem Berliner Fußball-Bundesligisten. Dabei ist die Partie auch sportlich bedeutsam. Von Simon Wenzel

Das Personal

Pal Dardais Kader füllt sich zwar langsam wieder, aber nicht gleichmäßig. Während Herthas Trainer vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt (Samstag, 15:30 Uhr) mit Myziane Maolida den nächsten Offensivspieler zurück im Kader begrüßen kann und auch Krzysztof Piatek langsam wieder für einen Startelf-Einsatz in Frage kommen dürfte, sieht es in der Verteidigung mau aus.

Mit Marton Dardai und Linus Gechter fehlen die nächsten zwei Innenverteidiger, Jordan Torunarigha ist eh verletzt und auf der rechten Seite fehlen Deyovaisio Zeefuik und Lukas Klünter. Pal Dardai muss sich also entweder von seiner zuletzt bevorzugten Dreier- beziehungsweise Fünferkette verabschieden, oder Mittelfeldspieler Lucas Tousart in die hinterste Reihe verschieben - beides ist nicht ideal.
 
Es fehlen: Marton Dardai (Muskelfaserriss), Linus Gechter (Muskuläre Probleme), Lukas Klünter (Schulterverletzung), Jordan Torunarigha (Oberschenkelverletzung), Deyovaisio Zeefuik

Die Form

Hertha BSC kommt nicht recht in Schwung. Das kurze Zwischenhoch mit den Siegen gegen die beiden Aufsteiger Bochum und Fürth ist längst verflogen. Auch wenn Pal Dardai und Fredi Bobic gegen Freiburg einen positiven Trend erkannt haben wollen: Das Ergebnis war wieder einmal ernüchternd, da macht sich keiner etwas vor. "Ich will mich nicht wiederholen, aber wie fast jede Woche haben die Jungs gut gearbeitet", sagte Dardai auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Frankfurt, "ich bin positiv. Aber es ist natürlich komisch, dass hier jede Woche zu sagen und dann kommt das Wochenende und wir brauchen ein Ergebnis."
 
Holt Hertha weiter keine Punkte, dann ist die nächste sportliche Krise nicht mehr weit entfernt und Dardais Aussagen würden zu einem retardierenden Moment. Noch ist es nicht soweit. Auch wenn die nächste außersportlich chaotische Woche, mit der Kritik von Investor Lars Windhorst und dem Abschied von CEO Carsten Schmidt, sicher nicht zur Ruhe beigetragen hat. Damit die jetzt zumindest sportlich ein gutes Ende findet, hat Trainer Dardai im Training am Teamgeist gearbeitet und sich der Großbaustelle Standards verteidigen gewidmet.

Der Gegner

Auch Eintracht Frankfurt erlebte einen schwierigen Saisonstart. Dem Aus im DFB-Pokal folgten eine Niederlage und wettbewerbsübergreifend sechs Unentschieden in Serie (die letzten fünf davon sogar ergebnisgleich, mit 1:1). In der Woche vor der Länderspielpause gelang den Frankfurtern allerdings die Wende: Einem glücklichen Sieg gegen Antwerpen in der Europa League ließen die Hessen eine Sensation in München folgen, mit 2:1 siegte die Eintracht beim Rekordmeister.

Das sei ein Erfolgserlebnis, das der SGE Selbstvertrauen gibt, sagt Kevin-Prince Boateng: "Das kann dich auch mal durch die Saison schieben", sagt der ehemalige Frankfurter. Er erwartet ein kampfbetontes Spiel. "Ich habe es ja selbst gelebt in Frankfurt", erklärt er, "ich weiß, was die Mannschaft bringt, sie gibt Kampf, hat natürlich überragende Fans im Rücken. Man muss sich drauf einstellen, dass es Kontakt geben wird."
 
Für Freunde der wilden Statistiken haben die Fankfurter aber vielleicht auch zur genau richtigen Zeit gegen den FC Bayern gewonnen. In den vorigen beiden Spielzeiten verloren die Hessen nach Siegen gegen die Bayern nämlich jeweils das folgende Spiel - und jetzt wird es ganz kurios: Auf den (bis vor zwei Wochen) letzten Sieg in München, im Jahr 2000, folgte eine Niederlage gegen, man ahnt es schn, Hertha BSC. Mit 4:0 gewannen die Berliner damals und lagen nur einen Punkt hinter Spitzenreiter Leverkusen. Das waren noch Zeiten...

Herthaner im Fokus

Zwei Berliner treffen auf ihren Ex-Klub: Kevin-Prince Boateng und Fredi Bobic. Der eine auf dem Platz, der andere in der Loge, werden sie das ein oder andere bekannte Gesicht sehen. Während Bobic wohl nicht nur Jubelstürme erwarten darf, nach seinem (zumindest in Frankfurt) umstrittenen Abgang von der Eintracht, hat Boateng als Pokalsieger-Held immer noch ein hohes Standing beim ehemaligen Arbeitgeber. "Ich hoffe, ich werde freundlich empfangen", sagt der Mittelfeld-Routinier höflich und lobt die Fans der SGE als "überragend".

Wie lange Boateng gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber auf dem Platz stehen wird, da wollte sich Trainer Pal Dardai noch nicht festlegen. "Entweder, er spielt von Anfang an, so 60, 70 Minuten, oder wie gegen Bochum, da ist er reingekommen und hat das Spiel stabilsiert. Auch wenn er nicht spielt, unterstützt er uns in der Kabine", sagte Dardai. Boateng wurde für seine bisherigen Leistungen in dieser Saison unter anderem vom Rekordnationalspieler und TV-Experten Lothar Matthäus kritisiert und hatte sich dagegen unter der Woche gewehrt. Auch wenn bei Hertha niemand Wunderdinge von ihm erwartet: In Frankfurt werden sich schon wegen der gemeinsamen Vergangenheit mit der Eintracht viele Blicke auf ihn richten.

Besonderheiten

Pal Dardai steht vor seinem 175. Bundesliga-Spiel als Trainer für Hertha BSC - nur bei den Profis wohlgemerkt. Die zweitmeisten aller Trainer in der Vereinshistorie, hinter Helmut Kronsbein (Jürgen Röber hat insgesamt zwar mehr, aber nur 157 in der Bundesliga). Viel mehr Klublegende als Herthas Rekordspieler kann man kaum sein. Dardai sagt trotzdem: "Interessiert mich null Komma null." Er will nur nach vorne schauen und hat dafür eine fußballphilosophische Weisheit parat: "Ich sage immer: Im Fußball zählt immer der nächste Pass."
 
Was er damit positiv - und vielleicht durchaus an seine Mannschaft gerichtet - ausdrücken will: "Wenn du einen Fehler machst und weiter Angst hast, dann machst du den nächsten Fehler, wenn du nach einem Fehlpass mutig bleibst und nach vorne schaust, dann kommt der nächste Pass an - so ist das." Und soviel sei doch noch zu seinem Trainerjubiläum gesagt: "Ich danke Hertha BSC, dass sie mir so lange schon vertrauen und den Spielern, dass sie mich aushalten." Am besten, sie zahlen es mit einem Sieg am Wochenende gegen Frankfurt zurück.
 
Sendung: UM6, 14.10.2021, 18 Uhr