Der Potsdamer Fünfkämpfer Patrick Dogue (dpa/Swen Pförtner)

Interview mit Fünfkämpfer Patrick Dogue "Mit Annika Schleu wurde die Falsche beschuldigt"

Stand: 22.07.2022 16:40 Uhr

In Bestform sei er nicht, sagt der Potsdamer Fünfkämpfer Patrick Dogue vor der Weltmeisterschaft in Ägypten. Im Interview gibt er sich dennoch optimistisch. Auch in Hinblick auf die Zukunft seiner umstrittenen Sportart.

rbb|24: Patrick Dogue, zuletzt war es sehr heiß in Berlin und Brandenburg, mit Temperaturen, bei denen man lieber nicht an Leistungssport denken wollte. Was für Bedingungen erwarten Sie bei den am Sonntag startenden Weltmeisterschaften im Modernen Fünfkampf in Alexandria, Ägypten?
 
Patrick Dogue: Da wird es so ähnlich sein, um die 32 Grad, zudem sehr trocken. Die Veranstalter haben die Wettkämpfe allerdings sehr, sehr spät in den Tag gelegt. Wir starten um 19, zum Teil erst um 22 Uhr. Also man probiert, der Hitze zu entfleuchen.

2019 wurden Sie zusammen mit Alexander Notiz Staffel-Weltmeister. Welche Ziele haben Sie in diesem Jahr?
 
Die Saison ist ein bisschen durcheinander bei mir, mit einer kleinen Covid-Infektion in der Vorbereitung. Deshalb bin ich nicht unbedingt in Höchstform. Mein Ziel ist es erstmal, ins Finale zu kommen. Dann wäre ich schonmal unter den besten 18. Und dann ist alles möglich. Ich bin ein Wettkampf-Typ und traue mir da was in den vorderen Rängen zu.

Die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu versucht verzweifelt, ihr Pferd zu reiten (Foto: imago images / Sven Simon)
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Die Chancen auf Edel-Metall werden nicht zahlreicher, denn mit Verlaub: Sie sind schon 30. Wieviele Groß-Veranstaltungen haben Sie noch in sich?
 
Unter den Sportlern gehe ich jetzt schon auf die Rente zu. (lacht) Ich plane zumindest noch lange. Allerdings muss man auch sagen: Mit 30 fängt der Körper hier und da mal an, nicht mehr ganz mitzuspielen. Und natürlich ist Paris 2024 (Olympische Spiele, Anm. d. Red.) mein Ziel. Nochmal hinfahren, nochmal angreifen. Wenn der Körper das zulässt und so lange durchhält, dann werde ich alles dafür geben. Aber es kann natürlich immer passieren, dass der Körper sagt: Das war es jetzt mit Leistungssport.

Die WM in Ägypten ist das erste internationale Top-Ereignis im Modernen Fünfkampf seit Olympia. Damals gab es das Reit-Drama um Annika Schleu, der Tierquälerei vorgeworfen wurde.
 
Es gab vor allem ziemlichen Wirbel um Annika. Was meiner Meinung nach falsch war. Das Pferd war nicht bereit für den Wettkampf. Das hat man gesehen. Als Athlet, der eine Goldmedaille vor Augen hat, setzt man sich natürlich drauf und probiert irgendwie, alles zu geben.

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Hätte man Pferd und Athletin schützen müssen?
 
In diesem ganzen Fünfkamp-Reiten gibt es sehr viele Instanzen, die vorher hätten sagen können: Dieses Pferd können wir nicht in den Parcours lassen, dieses Pferd ist nicht bereit. Und es gibt ja Ersatzpferde, das ist nicht das Problem. Allerdings haben alle die Augen zugemacht und gesagt: Ne, Du gehst mit diesem Pferd in den Parcours. Der deutsche Verband hat vorher noch versucht, das Pferd zu wechseln, aber das wurde von den Offiziellen nicht zugelassen. Auch der Tierarzt hat gesagt, das Pferd ist einsatzfähig. Meiner Meinung nach wurde am Ende des Tages mit Annika Schleu die Falsche beschuldigt.

Die deutschen Meisterschaften im Modernen Fünfkampf in diesem Jahr waren ein Vierkampf - ohne Reiten. In Ägypten ist es im Programm.
 
Ein Vierkampf ist für uns nichts Ungewöhnliches. Weil wir unsere Qualifikationen zum Finale hin immer im Vierkampf bestreiten. Ich persönlich mache zwar lieber einen Fünfkampf, auch weil das Reiten zu meinen stärkeren Disziplinen gehört. Aber ich verstehe auch voll und ganz, wenn wir in Deutschland sagen: Einen Fünfkampf durchzuführen, das können wir uns gerade nicht erlauben.

Seit dem Drama um Annika Schleu gibt es Diskussionen über Veränderungen im Fünfkampf.
 
Das Reiten wird auf jeden Fall nicht mehr zurückkommen nach 2024, das steht schon fest. Für eine neue Sportart gibt es verschiedene Optionen und Tests. Ganz hoch im Kurs steht im Moment "Obstacle Run", so eine Art "Ninja Warrior".
 
Also eine Art Hindernis-Parcour?
 
Über eine Strecke von ungefähr 100 Metern und mit acht bis zehn Hindernissen. Eigentlich eine sehr interessante Sportart. Man muss nur gucken, wie man sie in den Fünfkampf integriert.

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Wie finden Sie das?
 
Das verlangt nach einem komplett neuen Athleten. Ich weiß gar nicht, ob ich dafür gemacht bin.
 
Mit 1,97 Meter und 81 Kilogramm vermutlich nicht so ganz.
 
Ne, das wird für mich dann eher eine schwierige Sache. Allerdings ist es für andere ein Vorteil. Das wird das Feld nochmal neu durchmischen und wird auf jeden Fall eine aufregende Zeit.

2028 ist der Moderne Fünfkampf, immerhin ins Leben gerufen von Baron Pierre de Coubertin, dem Initiator der Olympischen Spiele der Neuzeit, Stand jetzt, allerdings nicht mehr olympisch.
 
Aktuell sind wir auf einer Liste mit Sportarten, die noch bestätigt werden müssen. Das wird Ende des Jahres stattfinden. Ich gehe aber mal stark davon aus, dass wir weiterhin olympisch bleiben. Es ist nicht das erste Mal, dass wir auf dieser Liste stehen. Wir sind leider nicht die medienträchtigste Sportart. Außer jetzt nach Tokyo. Leider nicht auf die gute Art und Weise.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview ist eine leicht gekürzte und redigierte Fassung eines Radio-Interviews mit rbb24 Inforadio. Das Gespräch führte Jens-Christian Gussmann.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.07.2022, 19:15 Uhr