Cigerci, Küc und Yilmaz von Vktoria Berlin Drei Herren vom Bolzplatz

Stand: 15.10.2021 10:53 Uhr

Dass Viktoria Berlin so erfolgreich Fußball spielt und die dritte Liga aufmischt, liegt vor allem an der starken Offensive des Aufsteigers. Mittendrin sind drei Spieler, die weit mehr gemeinsam haben als nur den Arbeitgeber. Von Ilja Behnisch

Die Stimmung ist bestens bei Viktoria Berlin. Kein Wunder, der Aufsteiger liegt auf Rang vier der dritten Liga. Und das ganz nebenbei auch noch mit begeisterndem Offensiv-Fußball. 22 Treffer sind es nach elf Spieltagen, nur Tabellenführer Magdeburg hat ebenso viele. Dabei besonders im Fokus: Topscorer Tolcay Cigerci (26).
 
Sechs Tore hat er selbst erzielt, fünf weitere Treffer vorbereitet. Dass der Bruder des türkischen Nationalspielers und Ex-Bundesligaprofis Tolga Cigerci (29, unter anderem Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC) so erfolgreich in die Saison gestartet ist, liegt zum einen an seinem außergewöhnlichen Talent. 2014 debütierte er im Alter von 19 Jahren für den Hamburger SV in der Bundesliga, ehe sein Aufstieg von Verletzungen gestoppt wurde. Über ein Jahr war Tolcay Cigerci raus - eine Ewigkeit im Fußball. Doch Cigerci ist nicht nur talentiert, er ist auch ein akribischer Arbeiter und ziemlich diszipliniert.

Selbst der Trainer wundert sich

Enes Küc (24), ebenfalls mit bereits fünf Torvorlagen in dieser Saison, kennt Cigerci schon aus der Nachwuchsabteilung in Hamburg und sagt: "Selbst bei Schokolade isst er zartbitter." Er meint das ganz ernst und anerkennend. Und muss dann doch lachen. So wie sie immer lachen, Enes Küc, Tolcay Cigerci und Erhan Yilmaz (27), der Dritte im Bunde. Keine Gruppe in der Gruppe, wie Trainer Benedetto Muzzicato betont, denn bei Viktoria könne "jeder mit jedem". Aber sie sitzen nun einmal nebeneinander in der Kabine, sie sind offensiv denkende Mittelfeldspieler und sie haben ihre Wurzeln "auf der Straße", wie sie sagen. "Wir spielen im Kopf den gleichen Fußball. Hat vielleicht auch ein bisschen was mit dem Straßenfußballer zu tun", so Cigerci.

Enes Küc hat die Liebe zum Kleinfeld nie losgelassen. Er tummelt sich auch heute oft noch nach dem Training in den Käfigen der Stadt. Und wenn der Ball dann doch mal ruht? Treffen sie sich im Restaurant und reden. Worüber? Erhan Yilmaz sagt: "Wir reden schon viel über Fußball". Dann lachen sie wieder. Warum auch nicht, fragt Yilmaz und Cigerci ergänzt: "Ist ja auch gesund, oder?" Sie lieben das Spiel und leben den Fußball. So sehr, dass selbst ihr Trainer sich wundern muss, der über Cigerci sagt, er gebe auch im Training immer Gas, "untypisch für einen Zehner."

Fast blindes Verständnis

Untypisch sind auch Sätze wie jener von Erhan Yilmaz, wenn er sagt, er gönne den beiden alles, und: "Wenn es nicht so wäre, sollte man lieber Tennis spielen." Im Gegensatz zu Cigerci und Küc sitzt Yilmaz auch mal auf der Bank. Zu Saisonbeginn fehlte er verletzt. Auch beim 4:0-Überraschungserfolg in Braunschweig am zweiten Spieltag. Und bestaunte, wie das aussieht, blindes Verständnis auf dem Platz.
 
Die ersten beiden Treffer erzielte Tolcay Cigerci - jeweils auf Vorlage von Enes Küc. Ob der immer wisse, wo Cigerci sich gerade befindet auf dem Spielfeld? Küc lächelt verschmitzt, sagt: "Man kann nicht sagen zu 100 Prozent, aber zu 80 Prozent." Dann brechen sie wieder in Gelächter aus. Um dann doch nochmal eben ernst zu werden, wenn nicht sogar romantisch: "Da reicht manchmal ein kleiner Blick. Wir gucken uns oft an im Spiel. Da braucht man auch nicht reden, die Augen sagen schon alles."

Trainer Muzzicato traut seinen Spielern viel zu

Das Ende von Viktorias Erfolgsgeschichte dieser Saison ist noch lange nicht in Sicht. Die Mannschaft verkraftete selbst Niederlagen wie in Freiburg (0:2) oder daheim gegen den Tabellenletzten aus Havelse (3:4), holte anschließend ein überzeugendes 1:1-Unentschieden bei 1860 München. Und wenn es nach Trainer Benedetto Muzzicato geht, ist auch der persönliche Weg seiner Spieler noch nicht beendet. Cigerci und Küc hätten das Zeug für höhere Ligen in In- und Ausland, so Muzzicato. Auch wenn sie mit ihrer Spielweise sicher nicht zu jeder Mannschaft passen würden. Aber immerhin zueinander und zu Viktoria. Oder wie Enes Küc sagt: "Es ist überragend, aber auch mit der Mannschaft."

Sendung: rbb24, 14.10.2021, 22 Uhr