Jubiläum für das Internationale Stadionfest Diese Geschichten aus 100 Jahren Istaf werden in Erinnerung bleiben

Stand: 06.09.2021 18:09 Uhr

Das Internationale Stadionfest in Berlin ist das älteste Leichtathletikmeeting der Welt. Seit der Premiere 1921 hat das Istaf im Olympiastadion dank der Top-Athleten unzählige Weltrekorde, emotionale Abschiede und starke Momente erlebt.

100 Jahre Internationales Stadionfest (Istaf) Berlin - das bedeutet Leichtathletik auf ganz hohem Niveau. Seien es Sprünge für die Ewigkeit, wie der von der Cottbuserin Rosemarie Ackermann 1977. Oder auch Abschiede von Legenden, wie Carl Lewis 1977 oder Robert Harting 2018. Eine kleine Reise durch die Zeit.

Ein Sprung für die Ewigkeit: Rosemarie Ackermann knackt als erste Frau die zwei Meter

Rosemarie "Rosi" Ackermann kam 1977 als Star zum Istaf nach Berlin. Die Cottbuserin hatte ein Jahr zuvor in Montreal olympisches Gold im Hochsprung gewonnen. Außerdem schraubte sie den Weltrekord in immer neue Höhen: Vor den Olympischen Spielen übersprang Ackermann 1,96 Meter, knapp zwei Wochen vor dem Istaf gelangen ihr gar 1,97 Meter. Dann kam ihr Auftritt im Berliner Olympiastadion: Vor rund 30.000 Zuschauern an jenem 26. August 1977 übersprang die Frau, die später als Europas Sportlerin des Jahres ausgezeichnet werden sollte, die zwei Meter. Als erste Frau überhaupt.
 
In Erinnerung bleibt die damalige DDR-Sportlerin auch für ihre Sprungtechnik, den sogenannten Straddle oder Wälzsprung. Eigentlich war diese Sprungtechnik, bei der der Sportler sich bäuchlings über die Latte wälzt, in den späten 70ern schon außer Mode. Ackermann bewies beim Istaf, dass auch damit Historisches gelingen kann.
 
Insgesamt wurden in der 100-jährigen Geschichte des Istaf fünfzehn Weltrekorde aufgestellt.

Ein halbes Jahrhundert für das Istaf: Macher Rudi Thiel

Ruhig, zurückhaltend, ein Strippenzieher hinter den Kulissen: Das war Rudi Thiel jahrzehntelang für das Istaf. Der heute 93-Jährige arbeitete ab 1950 für das Istaf. Zunächst als Betreuer der internationalen Athleten, später in allen erdenklichen Rollen, ab 1968 dann als Sportdirektor.
 
Thiel knüpfte enge Kontakte zu den Top-Athleten, holte sie nach Berlin und verhalf dem Istaf so zu ungeahnter Beliebtheit: 1983 kamen 60.000 Zuschauer ins Olympiastadion. Auch, weil der dreimalige Weltmeister Carl Lewis aus den USA auf der Tartanbahn antrat.
 
Im Jahr 2000 zog sich der Diplom-Ingenieur Thiel vom Istaf zurück. Schon 1987 erhielt er für seinen Einsatz das Bundesverdienstkreuz.

Ein Mann für Höhenflüge: Stabhochspringer Sergej Bubka

Wenn der Ukrainer Sergej Bubka in den 80ern und 90ern bei internationalen Wettkämpfen gestartet ist, dann hat er Gold gewonnen. Bis heute sind Bubkas 6,14 Meter unter freiem Himmel unerreicht im Stabhochsprung. Dass ein solcher Weltklassemann Stammgast beim Istaf war, zeigt zwei Dinge: Berlin war als Leichtathletik-Standort oberstes Regal. Und: Sportdirektor Rudi Thiel verstand es wirklich, die Stars zum Istaf zu holen.
 
Erstmals sprang Bubka 1985 in Berlin, 1997 zum letzten Mal. Natürlich stellte er bei seinen sieben Erfolgen in Berlin immer wieder neue Istaf-Rekorde auf. Höher als die 6,05 Meter aus dem Jahr 1994 sprang seitdem keiner.

1997: Carl Lewis, "Leichtathlet des Jahrhunderts", rennt beim Istaf zum letzten Mal

Neun mal Olympiasieger, acht mal Weltmeister. Carl Lewis rannte schneller und sprang weiter als die meisten Sportler es jemals tun werden. Dass der US-Amerikaner seine Sensations-Karriere auf der Tartanbahn des Olympiastadion beendet hat, darf das ISTAF als Ritterschlag verstehen.
 
Zum großen Finale in Berlin hatte sich "King Carl" Superstars in eine 4x100 Meterstaffel geholt. In dieser Disziplin hatte Lewis zuvor für die USA zahlreiche Goldmedaillen gewonnen und Weltrekorde aufgestellt. In den USA war bei diesen Staffeln vom "Dream Team" die Rede. Sein letztes Rennen in Berlin rannte Carl Lewis mit dem "Dream Team Two", mit Donovan Bailey (Kanada), Leroy Burrell (USA) und Frankie Fredericks (Namibia). Später wurde Carl Lewis vom Leichtathletik-Weltverband zum "Leichtathleten des Jahrhunderts" gewählt.

2014: Premiere für das Istaf Indoor

Die Erfolgsgeschichte erhält ein neues Kapitel: Das Istaf gibt es seit 2014 auch in der Halle. Sprint, Weitsprung, Stabhochsprung, zu Beginn auch Diskuswurf, hautnah. Die Feuerfontänen schießen, die Klatschpappen trommeln im Rhythmus der Partymusik, dazu jagt ein Wettkampf den nächsten - die Leichtathletik wird noch moderner und offener für das Publikum, das es gerne knallig und laut mag.
 
Im Laufe seiner Geschichte hat auch das "große" Istaf nicht immer im Olympiastadion stattgefunden: Die Premiere 1921 fand im Deutschen Stadion statt, das später für das Olympiastadion gewichen ist. Das ISTAF fand rund um den Krieg herum (1939, 1941, 1949, 1953) im Mommsenstadion statt, während des Umbaus des Olympiastadions (2002, 2003) im Jahnsportpark und in einigen Jahren (zuletzt 1968) sogar als Hallenveranstaltung in der Deutschlandhalle.

Der letzte Schrei 2018: Robert Harting macht beim Istaf Schluss

Es gibt wohl kaum einen anderen Berliner Sportler, der so sehr für das Istaf steht wie der Diskuswerfer Robert Harting. Zwischen 2010 und 2014 gewann "der Harting" im Olympiastadion. Seine Leistungen (Olympiasieger 2012, Weltmeister 2009, 2011, 2013), seine lockere Art zwischen Papa Bär und Kumpeltyp machten ihn zu dem Gesicht des Berliner Sports. Und damit natürlich auch zum Zuschauermagneten für das Istaf.
 
In den Jahren 2009 und 2012 war die Zukunft des Istaf fraglich, weil Sponsoren absprangen. Genau in diese Krisenjahre hinein kam mit Harting ein neuer Liebling des Berliner Sports und der internationalen Leichtathletik. 2018 beendete Harting dann, natürlich beim Istaf, seine großartige Karriere im Olympiastadion.

Sendung: rbb24, 10.09.2012, 16 Uhr