Thomas Helmer (Quelle: IMAGO / RHR-Foto)

Interview | Thomas Helmer "Die Geschichte mit Windhorst war nicht gut für Hertha"

Stand: 04.11.2022 14:13 Uhr

Zwölf Mal lief Thomas Helmer 1999 für Hertha BSC auf, ganze sieben Jahre spielte er für Bayern München. Vor dem Duell beider Klubs am Samstag blickt er auf seine Zeit in Berlin zurück und verrät, warum er Hertha die Daumen drückt.

rbb|24: Am Wochenende steht das Heimspiel der Hertha gegen die Bayern im Olympiastadion an. Sie haben für beide Vereine in ihrer Karriere gespielt - wenn auch nur kurz für die Hertha. Wem drücken Sie am Wochenende die Daumen?
 
Thomas Helmer: Das war ja wirklich nur sehr kurz für die Hertha. Insofern habe ich natürlich einen etwas engeren Draht zu den Bayern. Aber vielleicht würde ich doch eher Hertha die Daumen drücken, die haben es nötiger. (lacht)

Wie blicken Sie denn auf ihre Zeit bei der Hertha zurück?
 
Für mich war das nochmal ein Highlight. Dieter Hoeneß rief mich damals an - ich war in England bei Sunderland - ob ich nochmal Champions League spielen wollte. Und da musste ich nicht lange überlegen. Berlin. Champions League. Wir sind damals ja sogar weitergekommen in der Gruppenphase. Das hat man so ein bisschen vergessen. Die Gruppe war mit Chelsea, dem AC Milan und Galatasaray, das war ja wirklich keine einfache Gruppe. Also das war schon gut.

Thomas Helmer als Spieler von Hertha BSC (Quelle: IMAGO / Contrast)

Thomas Helmer lief 1999 insgesamt zwölf Mal für Hertha BSC auf.

Kurz nach der Gruppenphase ging Ihre Zeit in Berlin dann zu Ende.
 
Ja, ich hatte mich im letzten Gruppenspiel der ersten Gruppenphase gegen Chelsea verletzt. Eine relativ blöde Verletzung an der Achillessehne. Und ich musste danach dann auch operiert werden. Die Sehne war nicht gerissen, aber ich hatte eine schwere Entzündung. Ich konnte nicht mehr auftreten und hätte dann auch nicht mehr weiterspielen können. Und dann lief die Leihe ja sowieso aus und damit hatte sich das dann erledigt.

Sind Sie dem Verein heute trotzdem noch verbunden und pflegen Sie noch Kontakte zu Hertha?
 
Ich kenne Fredi natürlich gut, weil wir ja nicht nur gegeneinander, sondern auch miteinander gespielt haben in der Nationalmannschaft. Zu Fredi hatte ich eigentlich immer einen guten Draht. Wir treffen uns, auch wenn es die Zeit erlaubt mal im Rahmen von Benefizspielen oder anderen Terminen. Mit Fredi habe ich da also schon immer noch einen sehr guten Kontakt.

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Wie sehen Sie denn die Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren?
 
Die Außendarstellung des Vereins ist natürlich nicht so besonders. Zumal man mit Union Berlin jetzt einen Verein hat, der einem ein bisschen den Rang abläuft. Und da wurde sicherlich nicht alles richtig gemacht. Ich habe aber erst neulich mit Fredi darüber gesprochen. Er glaubt an das Potential der Mannschaft, das sie im Moment noch nicht so abrufen kann. Vielleicht muss man jetzt auch einfach mal die Geduld aufbringen. Aber es gab dann doch einfach sehr viele unglückliche Situationen. Ich habe damals mit Jürgen Klinsmann gesprochen nach seiner Hertha-Zeit und da lag schon sehr viel im Argen. Ich denke, es ist immer schwierig, wenn persönliche Eitelkeiten mehr im Mittelpunkt stehen als das Gesamte.

Das Projekt Windhorst und Hertha ist zuletzt endgültig gescheitert. Woran hat das aus Ihrer Sicht gelegen und hat das für Sie eine allgemeine Aussagekraft für Investoren in der Bundesliga?
 
Die Geschichte mit Windhorst war nicht gut - für Hertha und für alle. Das muss man ganz klar so sagen. Man hat dann immer von diesen großen Geldbeträgen gelesen und gehört und sich dann gefragt: Wo ist das Geld auf einmal? Wofür hat man es ausgegeben? Das war finde ich nicht sehr transparent. Ich denke, wenn jemand investieren will, dann will er im Verein auch ein Mitspracherecht haben. Ich weiß nicht, wie schwer es ist, als Verantwortlicher solche Investoren dann so mit ins Boot zu holen, dass es auch funktioniert. Natürlich soll der Investor dann auch mal seine Meinung sagen dürfen, letztendlich muss die Entscheidung dann aber bei den Verantwortlichen im Verein liegen. Sonst kann das nicht funktionieren. Und dann nützt auch das viele Geld nicht mehr viel.

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Mit Kay Bernstein ist nun ein Ultra an der Spitze des Vereins, der damals noch als Vorsänger zu Ihrer aktiven Zeit vor der Kurve stand. Wie blicken Sie auf die Personalie und was trauen Sie ihm zu?
 
Also an den Gesang kann ich mich erinnern, aber nicht speziell an ihn. Ich hoffe, er ist mir jetzt nicht böse. (lacht) Wenn das alles im Sinne eines Vereins ist, spielt das denke ich nicht die große Rolle. Aber auch hier ist eine Ausgewogenheit sehr wichtig bei den Präsidiumsmitgliedern. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es manchmal auch wichtig sein kann, eine externe, kritische Stimme zu haben. Man sagt ja nicht umsonst, dass Reibung auch etwas erzeugen kann. Das ist eben das, worauf er achten muss.

Hertha hat mit Sandro Schwarz jetzt einen Trainer, der wieder etwas attraktiveren Fußball spielen lässt - auch wenn noch ein wenig die Punkte fehlen. Kommt Hertha mit ihm mittelfristig wieder raus aus der unteren Tabellenhälfte?
 
Ich war tatsächlich Freitag in Bremen und habe das Spiel gesehen. Und es war ein typisches 0:0-Spiel. Beide haben viel versucht, es gab ein paar gute Ansätze, aber es gab dann doch wenige Torchancen. Da fehlt irgendwo noch ein bisschen was, und das muss er aus der Mannschaft jetzt rauskitzeln. Der Vorteil ist, dass die Bundesliga sehr eng ist, und man mit zwei oder drei Siegen direkt einen gewaltigen Sprung in der Tabelle machen kann.

Hertha-Trainer Sandro Schwarz (Bild: IMAGO/Matthias Koch)
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Am Samstag geht es gegen die Bayern. Die Münchner sind wieder voll in der Spur, haben ihre letzten sieben Pflichtspiele allesamt gewonnen. Hat Hertha eine Chance gegen die Bayern in der aktuellen Verfassung?
 
Es wird verdammt schwer. Ich denke, da macht sich auch keiner in Berlin irgendetwas vor. Es ist immer eine große Chance, eine große Herausforderung. Es würde natürlich dann eine gewisse Euphorie entfachen, wenn sie dort ein tolles Spiel machen und etwas Zählbares mitnehmen würden. Aber auch wenn sie dann am Ende verlieren, wäre Ihnen sicherlich keiner böse. Es kommt dann eher immer auf die Art und Weise an. Bayern kommt jetzt wieder ins Rollen. Sie haben vorne unheimliches Tempo, da muss sich Herthas Defensive etwas einfallen lassen. Zur Not spielen sie wieder mit Libero.

Ja haben Sie denn Zeit am Samstag?
 
(lacht) Nein ich kann leider nur noch darüber reden und nicht mehr spielen. Ich habe mir grad erst wieder bei irgendeinem Spiel einen Muskelfaserriss geholt. Das bringt alles nichts mehr.
 
Was ist Ihr Tipp für Samstag?
 
Ich hoffe, dass Hertha ein gutes Spiel macht. Dass Sie nicht überdrehen, dass Sie dran glauben und vor allem bei einem Rückstand hinten nicht gleich aufmachen. Also ich bin kein Trainer, ich weiß nicht, was sie da vorhaben. Aber aus alter Symapthie zur Hertha tippe ich jetzt einfach mal auf ein Unentschieden. Die Bayern werden mir nicht böse sein, die holen auch so genug Punkte.

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Flynn Jacob, rbb Sport.

Sendung: rbb UM6, 04.11.2022, 18 Uhr