Ralf Kellermann

Frauen-Bundesliga VfL Wolfsburg: Kellermanns Traum vom zweiten Triple lebt

Stand: 09.03.2023 08:59 Uhr

Ralf Kellermann geht trotz der ersten Saisonniederlage der Fußballerinnen des VfL Wolfsburg optimistisch in die entscheidende Saisonphase. Zudem kündigte der Sportliche Leiter die Abschiede von Rebecka Blomqvist und Pauline Bremer an.

Von Kristoffer Klein

Es kommt selten vor, dass Kellermann über Niederlagen sprechen muss. Der Sportliche Leiter der Wolfsburger Fußballerinnen hat in dieser Saison bislang nur eine einzige erlebt - das 1:2 in der Bundesliga am vergangenen Sonnabend gegen die TSG Hoffenheim. "Es war ein rabenschwarzer Tag, an dem sieben bis acht unserer Spielerinnen nicht annähernd an ihre Normalform herangekommen sind", sagte Kellermann am Mittwoch. "Ich spüre aber eine große Selbstkritik in der Mannschaft und werte das als einmaligen Ausrutscher", so der 54-Jährige weiter.

VfL-Frauen haben noch alles in der eigenen Hand

Tatsächlich haben die VfL-Frauen, für die es am kommenden Sonntag beim Tabellensechsten Leverkusen weitergeht, trotz dieses sportlichen Denkzettels noch alles in der eigenen Hand. An der Tabellenspitze haben sie zwei Punkte Vorsprung vor ihren härtesten Konkurrentinnen von Bayern München. "Die Bayern haben mit Sicherheit die Qualität, Meister zu werden", glaubt Kellermann, "aber wir auch." Einen vorentscheidenden Fingerzeig, wer im Mai die Meisterschale entgegennehmen darf, gibt es bereits Ende des Monats. Denn am 25. März ist der VfL Wolfsburg im direkten Duell bei den Münchnerinnen zu Gast.

In den vergangenen zehn Spielzeiten hatten beide Clubs die Meisterschaft quasi unter sich ausgemacht - siebenmal mit dem besseren Ende für Wolfsburg, dreimal holten die Bayern den Titel.

Große Spiele auch in Champions League und DFB-Pokal

Auch wettbewerbsübergreifend mischen die beiden deutschen Topclubs mal wieder im Rennen um die Titel mit. In der Champions-League könnten sie im Halbfinale aufeinandertreffen - vorausgesetzt, die Wolfsburgerinnen kommen in ihrem Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain weiter (am 22. März auswärts, am 30. März in der großen VfL-Arena) und die Münchnerinnen können den FC Arsenal aus London ausschalten.

Im DFB-Pokal ist das Duell der beiden Dauerrivalen schon im Habfinale am 15. April in München perfekt. Er habe sich "am Sonntagabend bei der Auslosung ganz kurz, für zwei Minuten geärgert", dass sein VfL auswärts antreten muss und dass "wir den Bayern nicht aus dem Weg gehen konnten", gab Kellermann zu. Denn ein Finale Wolfsburg gegen Bayern "hätte in einer solchen Saison nach der begeisternden Europameisterschaft für einen Zuschauerrekord sorgen können".

So wird es nur einer der beiden Clubs ins Endspiel nach Köln schaffen, und dort Mitte Mai gegen den SC Freiburg oder den Zweitligisten RB Leipzig antreten.

Kellermann kritisiert DFB-Pokal-Ansetzung

Auch über die Ansetzung des Halbfinals zeigte sich Kellermann alles andere als gllücklich: "Es ist kein Geheimnis, dass wir uns eine andere Terminierung gewünscht hätten, und die Bayern auch." Da vor der Begegnung Länderspiele angesetzt seien, könnten sich beide Teams nicht normal auf das Duell vorbereiten, kritisierte er. "Wir hätten wirklich gerne mal vor einem Halbfinale mit dieser Bedeutung mit der gesamten Mannschaft vor dem Abflug trainiert. Das ist jetzt schon wieder nahezu ausgeschlossen. Für beide Vereine ist das unverständlich."

Wer ersetzt Blomqvist und Bremer?

Kellermann blickte aber auch schon über die aktuelle Saison hinaus und bestätigte offiziell, was viele längst ahnten: den Abschied der beiden Offensivkräfte Blomqvist und Bremer, deren Verträge auslaufen. Blomqvist hätte der VfL gerne gehalten, aber die Schwedin lehnte ab. Bremer dagegen bekommt vom Club kein neues Angebot. Deshalb sollen noch mindestens zwei Feldspielerinnen nach Wolfsburg geholt werden, um die Abgänge zu kompensieren.

Schon seit Längerem bekannt ist, dass in Chantal Hagel eine weitere deutsche Nationalspielerin zur neuen Saison nach Wolfsburg kommt. Die 24-Jährige wechselt vom Ligakonkurrenten TSG Hoffenheim und soll beim VfL das Mittelfeld verstärken. "Sie hat auf jeden Fall die Qualitäten sich hier einen Platz in der ersten Elf zu erspielen", sagte Kellermann über ihre Perspektiven.

"Größte Baustelle" im VfL-Tor

Noch mehr Bewegung kommt zum Saisonende in das Wolfsburger Torhüterinnenteam: Katarzyna Kiedrzynek erhält wie Bremer keinen neuen Vertrag, Julia Kassen will sich eine neue sportliche Herausforderung suchen und Lisa Weiß beendet ihre Karriere. "Das war für mich vom Kopf her in den letzten Monaten die größte Baustelle", gab der ehemalige Torhüter Kellermann zu. "Bei unseren Ambitionen brauchen wir hinter unserer Nummer Eins Merle Frohms mindestens zwei Torhüterinnen mit Bundesliga-Erfahrung, idealerweise auch mit internationaler Erfahrung."

Dafür hat Kellermann in den letzten Wochen gesorgt: Zum einen mit Lisa Schmitz, die im Laufe ihrer Karriere schon für Leverkusen und Potsdam aufgelaufen ist. Die 30-Jährige kommt aus der französischen Liga vom HSC Montpellier. Zum anderen mit Anneke Borbe von Werder Bremen, die trotz ihrer erst 22 Jahre schon fast 70 Bundesliga-Einsätze vorweisen kann. Außerdem soll die deutsche U 19-Nationaltorhüterin Kiara Beck aus der zweiten Wolfsburger Mannschaft in den Profikader aufrücken.

Das alles ist aber noch Zukunftsmusik. Bis zum Saisonende wollen die VfL-Frauen jetzt so viele Titel wie möglich sammeln. Der große Traum ist und bleibt das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions-League. Dieses Kunststück war den Wolfsburgerinnen bislang ein einziges Mal gelungen - 2013, also vor genau zehn Jahren. Trainer und Sportlicher Leiter in Personalunion war damals Ralf Kellermann ...

Dieses Thema im Programm:
Sport aktuell | 09.03.2023 | 08:17 Uhr