Tennisprofi Carlos Alcaraz

Tennis Tennis: Shooting-Star Alcaraz will Rothenbaum aufmischen

Stand: 18.07.2022 08:58 Uhr

Der 19-jährige Carlos Alcaraz ist schon die Nummer sechs der Weltrangliste. Warum sein spanischer Landsmann Rafael Nadal "Karlchen" als die Gegenwart des Tennis bezeichnet, will der Himmelsstürmer beim Debüt am Rothenbaum beweisen.

Von Andreas Bellinger

Er lacht gern - und viel. Fast könnte man meinen, die ihn täglich verfolgenden Vorschusslorbeeren lacht er einfach weg. Warum sollte sich Carlos Alcaraz auch besonders intensiv darum kümmern, wenn ihn alle Welt schon mit Weltstars wie dem 22-fachen Grand-Slam-Sieger Rafael Nadal vergleicht und ihn trotz seiner gerade einmal 19 Jahre auf dem Weg zum Branchenprimus sieht? "Ich schiebe den Druck einfach beiseite - versuche es jedenfalls", sagt der Youngster in solchen Momenten keck, aber auch ein klein wenig unbeholfen in der fremden englischen Sprache.

Wie beim Turnier diese Woche am Rothenbaum, wo dem topgesetzten Spanier durchaus zuzutrauen ist, der langen Liste seiner siegreichen Landsleute bei dem Sandplatzklassiker seinen Namen hinzuzufügen. Auf Asche hat der beste Spieler dieses Jahres von seinen 22 Matches nur zwei verloren. Beste Aussichten also, bei seiner Premiere in Hamburg das gesteckte Ziel Turniersieg zu schaffen.

Mutig, aggressiv - und krachende Grundschläge

"Ich bin gut drauf, fühle mich gut; aber der Wechsel vom Rasen in Wimbledon auf den Sand hier ist nicht so einfach", so der "Himmelsstürmer", der für viele dabei ist, die Tenniswelt aus den Angeln zu heben. Auf dem Heiligen Rasen in Wimbledon war im Achtelfinale Endstation. Die European Open in Hamburg, die seit 44 Jahren erstmals wieder als kombinierte Damen- und Herren-Veranstaltung ausgespielt werden, dürfen sich aber auf "krachende" Grundschläge mit seiner rechten Vorhand und eine beidhändige Rückhand freuen, die er bisweilen sehr risikoreich zu spielen weiß.

"Ich will mutig und aggressiv sein", sagt er im Gespräch auf der Anlage an der Hallerstraße. Abwarten und die Bälle nur defensiv übers Netz returnieren sei seine Sache nicht. "Wenn ich verliere, dann nicht, weil ich zu passiv war."

Großes Lob von Vorbild Nadal

Dass Rafael Nadal sein ausgewiesenes Vorbild ist, verwundert wenig bei einem Tennisprofi, der am 5. Mai 2003 in dem kleinen Dorf El Palmar bei Murcia im Südosten der iberischen Halbinsel geboren wurde und seit 2018 Tennisprofi ist. "Carlitos", nennt Nadal den 1,85 Meter großen Athleten mitunter noch heute, was zu deutsch so viel bedeutet wie "Karlchen".

Kein Problem für Alcaraz, der darauf angesprochen, natürlich herzhaft lacht. Dabei ist der inzwischen 36 Jahre alte Sandplatz-König aus Manacor auf Mallorca, der bei den French Open zum 14. Mal triumphierte, voll des Lobes und sagt im "Tennis-Magazin": "Er ist nicht die Zukunft des Tennis, er ist die Gegenwart."

Rothenbaum-Auftakt gegen Nicola Kuhn

Am Rothenbaum ist Alcaraz' Gegenwart der mit einer Wildcard bedachte 22-jährige Nicola Kuhn aus Ludwigshafen, der in Wimbledon die Qualifikation überstanden, in Hamburg aber bislang noch kein Spiel gewonnen hat. Ein leichter Auftakt für den Favoriten, möchte man meinen.

Aber auf die leichte Schulter will er sein Debüt in Hamburg trotzdem nicht nehmen, sagt der Weltranglisten-Sechste, der im April 2019 noch auf Position 515 notiert war. Manchmal muss er sich sogar die Augen reiben, angesichts der Erfolge, die ihm so gar nicht selbstverständlich erscheinen. "Ich bin überrascht, dass es in dieser Saison so gut klappt - und vor allem so schnell geht."

Fünftes Finale - fünfter Titel

Es scheint, als ginge sein Weg in diesem Jahr nur mehr bergauf. Turniersiege in Rio de Janeiro (ATP 500) und Miami (Masters 1000) sowie eine Halbfinalteilnahme in Indian Wells (Masters 1000) katapultierten ihn zu Beginn der Saison bereits in die Top 20 der Weltrangliste. In Miami wurde er sogar zum jüngsten und ersten spanischen Sieger der Turniergeschichte gekürt.

Erstmals in die Top-Ten stürmte der damals 18-Jährige vor heimischem Publikum in Barcelona mit seinem vierten Titel auf der ATP-Tour. Als jüngster Spieler seit Nadal übrigens, der diese Bestleistung im Jahr 2005 ebenfalls durch einen Turniersieg in Barcelona geschafft hatte.

Nacheinander Siege gegen Nadal, Djokovic und Zverev

Beim Masters in Madrid triumphierte Alcaraz schließlich im Endspiel gegen den Hamburger Alexander Zverev, der am Rothenbaum in diesem Jahr wegen seiner schweren Fußverletzung fehlt, und holte im fünften Finale seiner Karriere den fünften Titel. Dass er zuvor Nadal und Novak Djokovic nacheinander besiegt hatte, sei der Vollständigkeit halber auch noch erwähnt.

Ferrero macht "Carlitos" stark

Sein Trainer ist der frühere Weltranglisten-Erste und French-Open-Sieger von 2003, Juan Carlos Ferrero, der ein paar Monate auch Zverev trainiert hatte. Doch da stimmte die Chemie nicht, so der Spanier. Alcaraz trainiert regelmäßig in Ferreros Akademie, die nur eine Autostunde entfernt ist von seinem Zuhause im Südosten Spaniens. Fleißig und geduldig sei er auch beim Krafttraining, so sein Trainer. Und wenn es gar zu anstrengend wird, dann hilft ein Lächeln.

Dieses Thema im Programm:
Hamburg Journal | 18.07.2022 | 19:30 Uhr