Stürmer Fin Bartels vom Fußball-Zweitligisten Holstein Kiel

Teamcheck Holstein Kiel Die "Störche" schielen nach oben

Stand: 20.01.2023 09:12 Uhr

Fußball-Zweitligist Holstein Kiel rangiert vor Beginn der Rückrunde als Tabellenachter jenseits von Gut und Böse. Mit der Rolle der "grauen Maus" wollen sich die "Störche" aber nicht abfinden. Ihr Blick richtet sich nach oben.

Von Hanno Bode

"Wie schon des Öfteren betont, sind wir zufrieden mit dem Verlauf der bisherigen Saison, wollen aber trotzdem in der Rückrunde noch einen drauflegen", erklärte Coach Marcel Rapp dem "kicker". Platz neun aus der Vorsaison soll an der Waterkant in dieser Spielzeit übertroffen werden. Mittelmaß ist nicht der Anspruch der KSV und ihres ehrgeizigen Fußballlehrers.

Der 43-Jährige verschließt jedoch nicht die Augen davor, dass es für seine Equipe auch in die andere Richtung gehen könnte: "Unsere Sinne sind geschärft, weil wir wissen, wie eng es in dieser Liga zugeht."

So lief die Hinrunde

Die personell im Vergleich zur vergangenen Serie nur leicht verändert in die neue Zweitliga-Runde gestarteten Kieler blieben an den ersten vier Spieltagen unbesiegt (zwei Siege, zwei Remis) und reisten als Tabellenfünfter zum damaligen Spitzenreiter SC Paderborn. Bei den Ostwestfalen kamen die Schleswig-Holsteiner dann mit 2:7 unter die Räder. Eine derart hohe Niederlage hat andere Teams in der Vergangenheit bereits nachhaltig aus der Bahn geworfen. Nicht so Holstein.

Die Norddeutschen schüttelten sich kurz und riefen anschließend bis zur WM-Pause ziemlich konstant ihr Potenzial ab. Es gab weder nennenswerte Ausreißer nach oben oder unten. Mit ein wenig mehr Tiefe im Kader wäre wohl sogar mehr als der aktuelle achte Platz möglich gewesen. Denn in den Duellen mit den Aufstiegsanwärtern Hamburger SV (2:3), Darmstadt 98 (1:1) und Fortuna Düsseldorf (1:2) mangelte es der KSV letztlich nur an ein wenig Fortune und individueller Qualität..

Gegen den 1. FC Heidenheim, derzeit Dritter des Tableaus, wurde sogar völlig verdient mit 3:1 gewonnen. Der Abstand zu den Bundesliga-Anwärtern ist also nicht sonderlich groß für Holstein, das finanziell nicht auf Augenhöhe mit Clubs wie dem HSV, Hannover 96 oder Düsseldorf agieren kann.

Wer kommt, wer geht?

Weil Schmalhans bei der KSV Küchenmeister ist, ruhte der See in der WM-Pause ziemlich still an der Förde. Einziger Neuzugang ist ein alter Bekannter: Hólmbert Aron Fridjónsson. Der Isländer kehrte nach abgelaufener Leihe vom norwegischen Club Lillestrøm SK zu den Schleswig--Holsteinern zurück. Ob der 29 Jahre alte Angreifer in der Rückrunde zu nennenswerten Einsatzzeiten kommen wird, ist allerdings fraglich.

Im Angriff ist die Konkurrenz für Fridjónsson mit Kwasi Wriedt, Fiete Arp, Benedikt Pichler und Top-Torschütze Steven Skrzybski groß.

Reagieren werden die Kieler nach den Verletzungen von Thomas Dähne und Noah Oberbeck noch auf der Torwart-Position. In dem vereinslosen Robin Himmelmann wurde ein erfahrener Schlussmann im Probetraining und im Trainingslager bereits auf Herz und Nieren getestet. Die Verpflichtung des 30-Jährigen steht kurz bevor.

Routinier van den Bergh einziger Abgang

Verlassen hat Holstein im Winter nur Routinier Johannes van den Bergh. Der 36 Jahre alte Linksverteidiger hatte in dieser Saison bei den Norddeutschen nur noch eine untergeordenete Rolle gespielt. Ersatz für den Bundesliga-erfahrenen van den Bergh, der 2017 zu den "Störchen" gestoßen war, holte der Club nicht.

Der Trainer

Die Fußstapfen, in die Rapp auf seiner ersten Station als Chefcoach einer Herrenmannschaft im Profibereich treten musste, waren groß. Der gebürtige Pforzheimer folgte bei der KSV im Oktober 2021 auf den zurückgetretenen Ole Werner, der Holstein beinahe in die Bundesliga geführt hatte. Rapp übernahm vom jetzigen Trainer des SV Werder Bremen eine Mannschaft, die nach dem in der Relegation verpassten Aufstieg gegen den 1. FC Köln demoralisiert war und zudem einige ihrer besten Spieler verloren hatte.

Der 43-Jährige schaffte es daraufhin, das Team aufzurichten und zu stabilisieren. Auch fußballerisch wusste die KSV unter dem neuen Übungsleiter zunehmend zu überzeugen. In kleinen Schritten wurden Verbesserungen sichtbar. Im Winter-Trainingslager in Oliva Nova stand nun die Arbeit an bisherigen Schwächen wie Standards im Vordergrund.

"Wir sind auf dem richtigen Weg und freuen uns, wenn es wieder losgeht", sagte Rapp vor der Abreise aus Spanien.

Erwartungen an die restliche Saison

Die ersten vier Partien nach der Winterpause gegen Fürth (28. Janaur), Kaiserslautern (4. Februar), den 1. FC Magdeburg (11. Februar) und Eintracht Braunschweig (17. Februar) werden wohl bereits darüber Aufschluss geben, ob die Schleswig-Holsteiner noch einmal wie erhofft ins Aufstiegsrennen werden eingreifen können. Die Kaderstruktur mit vielen Routiniers wie Lewis Holtby, Fin Bartels und Skrzybski sowie etlichen Mittzwanzigern spricht eigentlich dafür, dass Kiels Weg im Klassement eher nach oben denn nach unten führen wird.

An Erfahrung und fußballerischer Substanz mangelt es dem Aufgebot in der Spitze nicht. Fraglich ist aber, wie sich die ungeklärte Zukunft vieler Spieler auf die Leistung des Teams auswirken wird. Die Verträge von zwölf Akteuren - darunter Leistungsträger wie Kapitän Hauke Wahl und Bartels - laufen am Saisonende aus. Die Rückrunde wird bei der KSV in gewisser Weise dementsprechend auch zu einem großen Casting.

"Jeder Spieler hat eine andere persönliche Situation. Trotzdem sind sie alle Profis. Von daher können sie mit der Situation umgehen", sagte Rapp dem NDR. Der Coach wird in den kommenden Monaten noch genauer hinschauen, auf welche Akteure er sich auch in schwierigeren Phasen verlassen kann.

Denn perspektivisch darf es nach seinem Gusto in Kiel eben mehr als Mittelmaß sein.

Dieses Thema im Programm:
Schleswig-Holstein Magazin | 20.01.2023 | 19:30 Uhr