Mehrheitsgesellschafter Martin Kind vom Fußball-Zweitligisten Hannover 96

Verhandlung am Dienstag Kind gegen Hannover 96: Landgericht verhandelt Abberufung

Stand: 16.08.2022 08:35 Uhr

Das Landgericht Hannover verhandelt heute über die Absetzung von Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH durch den Stammverein. Beide Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Am frühen Sonntagnachmittag drehte Kind wie üblich seine Runde durchs Weltmeisterschaftsstadion am Maschsee. Dem Mehrheitsgesellschafter des Zweitligisten war nach dem 1:0-Erfolg gegen den SSV Jahn Regensburg, dem ersten dreifachen Punktgewinn in dieser Saison, die Erleichterung anzusehen.

Heute will der Unternehmer nun selbst einen vorläufigen juristischen Erfolg feiern, wenn vor dem Landgericht der vereinsinterne Konflikt zwischen ihm sowie der Kapitalseite auf der einen und dem Stammverein auf der anderen Seite ausgefochten wird.

Kind Ende Juli als Geschäftsführer abberufen

Der e.V. hatte Kind Ende Juli überraschend als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH abberufen. In dem Eilrechtsschutz-Verfahren geht es nun darum, ob der 78-Jährige wirksam abberufen wurde oder nicht. Der Mutterverein wählte damit die maximale Eskalationsstufe und Kind wehrt sich juristisch. Dank einer Entscheidung des Landgerichts durfte er als Geschäftsführer bis zum Termin der mündlichen Verhandlung weiter eingeschränkt arbeiten.

Wer hat in Zukunft die Macht bei 96?

Prinzipiell geht es bei der Verhandlung um nicht weniger als die Deutungshoheit im Verein - und sie kann die Zukunft des Clubs entscheidend beeinflussen. Während die einen die finanziellen Verdienste Kinds für den Club hervorheben, werfen die anderen ihm eine Distanz zum Fußball und Alleingänge vor. Die Gründe für die Abberufung sind bislang eher nebulös geblieben. Es scheint so, als hätten einzelne, kleinere Stellvertreterkonflikte das ohnehin strapazierte Verhältnis aus Sicht des Muttervereins ausgereizt zu haben.

Streit hält seit rund drei Jahren an

Vereins- und Kapitalseite streiten sich seit mehr als drei Jahren auch wegen eines potenziellen Nachfolgers von Kind. Auf einen gemeinsamen Geschäftsführer und Nachfolger haben sich beide Seiten bislang nie einigen können. Der von Kind und Mit-Gesellschafter Dirk Rossmann eingesetzte Robert Schäfer wurde von der e.V.-Führung abgelehnt. Umgekehrt lehnt Kind den von der Gegenseite favorisierten Andreas Rettig ab. In der vergangenen Woche teilte der Stammverein seinen Mitgliedern in einem Brief Details der Entscheidung zur Abberufung mit. Allerdings blieb unklar, welche "wichtigen Gründe" genau gemeint sind.

Die Abberufung sei notwendig geworden, "weil dem Verein anderenfalls ein gravierender Nachteil" drohe. Kind habe "mehrfach und gravierend gegen Weisungen und vertragliche Vereinbarungen verstoßen", heißt es dort weiter.

Mutterverein erhebt Vorwürfe gegen Profifußball-KGaA

Der Mutterverein hatte die Kapitalseite des Vereins beschuldigt, mehrfach gegen den sogenannten Hannover-96-Vertrag und zugleich abgeschlossene Fördervereinbarungen verstoßen zu haben. Eine festgelegte Spende sei gar nicht und weitere Spenden "nicht zum vereinbarten Zeitpunkt gezahlt" worden, hieß es. Die Kapitalseite des Clubs bestreitet dies. "Die weitere juristische Aufarbeitung der aufgestellten und zugleich Herrn Martin Kind diskreditierenden Behauptungen wird auf juristischer Ebene, und zwar mit allen damit verbundenen Konsequenzen, erfolgen, um weitere Schäden und Gefahren von Hannover 96 abzuwenden", kündigte die Profifußball-KGaA an.

Der Vorstand stellte in dem Brief an die Mitglieder klar, dass es ihm nicht um Macht gehe, sondern um Hannover 96. Der e.V.-Vorstand sei auch nicht grundsätzlich gegen Kind. Er habe versucht, einen zielführenden Umgang zwischen allen 96-Beteiligten umzusetzen. "Das ist leider nahezu vollumfänglich gescheitert", teilte der Stammverein mit.

Komplizierte Vereinsstruktur bei 96

Die Auseinandersetzung zwischen dem e.V und der Kapitalseite muss im Kontext einer komplizierten Vereinsstruktur verstanden werden: Kind ist Mehrheitsgesellschafter der Hannover 96 Sales&Service GmbH&Co. KG, der die Profifußball-KGaA zu 100 Prozent gehören. Da die 50+1-Regel in Deutschland aber vorschreibt, dass der Stammverein immer die Stimmenmehrheit in einer ausgegliederten Kapitalgesellschaft besitzen muss, werden die Geschäftsführer der KGaA von der Hannover 96 Management GmbH bestimmt. Sie gehört zu 100 Prozent dem Stammverein.

Dieses Thema im Programm:
NDR 2 Sport | 16.08.2022 | 23:03 Uhr