NDR-Sport Derby-Party beim HSV - und der Kater beim FC St. Pauli

Stand: 22.01.2022 11:41 Uhr

Schwarz-weiß-blau oder doch braun-weiß? Welche Farbe Hamburg in dieser Fußball-Saison trägt, wurde beim Zweitliga-Derby zwischen dem Hamburger SV und dem FC St. Pauli noch nicht beantwortet. Der HSV hat mit seinem 2:1-Erfolg aber einen Wirkungstreffer gesetzt.

Von Florian Neuhauss

In den vergangenen Wochen und Monaten ist in Hamburg oft die Rede von einer Wachablösung gewesen. Die St. Paulianer könnten den Rivalen aus dem Volkspark überflügeln, vielleicht sogar (ohne den HSV) in die Bundesliga aufsteigen. Es wäre definitiv der nächste Tiefpunkt beim Niedergang des ehemaligen Bundesliga-Dinos. Am Freitagabend waren alle Beteiligten allerdings erst einmal voll und ganz im Moment.

"Wir sind unglaublich stolz und unglaublich zufrieden mit der Leistung", sagte HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes. Und HSV-Kapitän Sebastian Schonlau jubelte: "Jeder weiß, dass das kein normales Spiel ist. Es sind nicht nur drei Punkte. Wie genießen den Derbysieg. Heute können wir mal Fünfe gerade sein lassen - und dann gehen wir ganz entspannt in die Länderspielpause."

Zeit zum Feiern haben die "Rothosen" genug, zumal in Europa gar keine Länderspiele stattfinden. Corona-bedingt stehen lediglich in Nord- und Südamerika, Asien, Afrika und Ozeanien Nachhol-Länderspiele an.

St.-Pauli-Coach Schultz: "Immer noch Vorsprung"

Der HSV ist mit dem Sieg in der Tabelle bis auf drei Punkte an den Stadtrivalen herangerückt. Auch wenn St. Paulis Trainer Timo Schultz betonte, dass "wir immer noch drei Punkte Vorsprung haben" und - anders als der Konkurrent - "auch nach dem Spieltag immer noch auf einem direkten Aufstiegsplatz stehen werden", sitzt der Stachel tief. "Klar, das war ein besonderes Spiel, und deshalb ist es auch besonders ärgerlich, dass wir verloren haben", gestand Schultz ein.

Vier Zweitliga-Spiele in Folge haben die Kiezkicker nun nicht gewonnen. St. Pauli konnte weder den Rückenwind vom 2:1-Pokalcoup gegen Borussia Dortmund nutzen noch die Tatsache, dass der HSV für seinen Sieg im DFB-Pokal beim 1. FC Köln über Verlängerung und Elfmeterschießen gehen musste. St. Pauli wirkte zu Beginn schläfrig und konnte am Ende nicht mehr viel zusetzen.

"Nach dem Rückstand haben wir das Herz in die Hand genommen, haben Dampf und Druck gemacht", betonte Schultz zwar, aber: "Die Chancen, die wir hatten, haben wir dann nicht gemacht und uns für den Mut nicht belohnt. Natürlich sind die Jungs niedergeschlagen."

Mittelfeldspieler Marcel Hartel erklärte: "Wir hätten den Fans gerne einen Sieg geschenkt. Das ist traurig für uns, aber wir dürfen die Köpfe jetzt nicht hängen lassen."

Auf HSV und St. Pauli warten schwierige Aufgaben

Nach der Länderspielpause warten auf beide Hamburger Clubs am ersten Februarwochenende schwierige Spiele. Der HSV muss, ohne den dann gelbgesperrten Ideengeber Sonny Kittel, beim SV Darmstadt 98 ran, der dann Tabellenführer sein könnte: Dafür reicht den Hessen heute in Ingolstadt schon ein Punkt. Die Kiezkicker wiederum müssen zu Hause gegen den SC Paderborn bestehen - das auswärtsstärkste Team der Liga.

Was ist der Derby-Sieg des HSV wirklich wert?

HSV-Kapitän Schonlau ist sich sicher, dass "der Derbysieg neue Energien freisetzt". Was der 27-Jährige als Neu-Hamburger vielleicht nicht weiß: Die Stadtmeisterschaft hat in der Vergangenheit nur selten Glück gebracht.

2011 gewann St. Pauli nach dem 1:0 im Bundesliga-Duell im Volkspark kein Spiel mehr und stieg ab. Und auf den bis dato einzigen HSV-Sieg auf dem Kiez (4:0) seit 1962 in der Saison 2018/2019 folgte nicht etwa der Aufstieg, sondern der erste vierte Platz in der Zweiten Liga.

St. Pauli am Ende noch nie besser als der HSV

Doch bei aller braun-weißen Freude über ein nahezu perfektes Jahr 2021, das dem St. Pauli saisonübergreifend die meisten Punkte aller Clubs in der Zweiten Liga und am Ende auch die Herbstmeisterschaft brachte: Die Kiezkicker müssen aufpassen, dass auf die große Sause nicht der noch größere Kater folgt.

Womöglich ist die vielbeschworene "Wachablösung" auch ein bisschen hoch gegriffen. Denn die St. Paulianer standen seit Einführung der Bundesliga noch nie in einer Abschlusstabelle vor dem HSV. Und um den Stadtrivalen auf Dauer zu überflügeln braucht es sicher mehr, als dass dies ein erstes Mal gelingt.

Dieses Thema im Programm:
Die NDR 2 Bundesligashow | 21.01.2022 | 18:00 Uhr