Die Bildcombo zeigt Meppens Trainer Stefan Krämer (l.), jubelde Spieler der SC Elversberg und Dresden-Coach Markus Anfang.

NDR-Sport Aufsteiger, Absteiger, Überraschungen: Die Datenanalyse zur 3. Liga

Stand: 12.01.2023 11:11 Uhr

Eigentlich dürfte die SV 07 Elversberg die Tabelle gar nicht anführen. Dynamo Dresden müsste auf Aufstiegskurs sein. Der SV Meppen und VfB Oldenburg werden wohl absteigen. Der Datencheck zur Dritten Liga.

Von Florian Neuhauss

Alle Experten dürfen ein wenig aufatmen. Dass sich Aufsteiger Elversberg anschickt, den Durchmarsch in die Zweite Liga zu schaffen, hatte niemand vorausgesagt. Doch die Auskenner haben bei den solide geführten und von Trainer-Fuchs Horst Stellen perfekt eingestellten Saarländern nichts übersehen: Ein Blick in die Daten von GSN zeigt: Sowohl offensiv als auch defensiv zeigt das Team von der Kaiserlinde eine krasse Überperformance, die so nicht zu vorauszusehen war.

Das "Expected goals"-Modell

"Expected goals" sind "zu erwartende Tore" und werden anhand eines Datenmodells berechnet, in das eine Vielzahl von Faktoren einfließt - unter anderem von wo auf dem Platz der Abschluss erfolgte, wie der Winkel zum Tor war und wie viele Gegenspieler noch zwischen Ball und Tor standen. Jede Torchance erhält dabei einen Wert zwischen 0 und 1, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, mit der der Ball von diesem Punkt aus im Tor landet. "Expected goals"-Werte sind so aussagekräftiger als die normale Torschuss-Statistik, die alle Abschlüsse gleich behandelt.

6,13 Tore hat die SVE mehr geschossen und satte 11,67 Treffer weniger kassiert, als zu erwarten gewesen wäre. In Kombination der beiden Werte müsste das Punktekonto statistisch gesehen eigentlich deutlich schmaler sein - 12,95 Zähler hat Elversberg "zu viel" geholt.

Auch wenn sich solche Zahlen im Laufe einer ganzen Saison meist einpendeln, ist Elversberg, vor dem Re-Start der 3. Liga an diesem Freitag, mit einer Aufstiegswahrscheinlichkeit von 70 Prozent der große Favorit auf den Titel.

Errechnete und reale Tabelle klaffen weit auseinander

In der Tabelle nach Expected Points belegen die Saarländer Rang vier. Die drei Plätze Differenz sind aber nichts im Vergleich zum SC Freiburg II. Als Fünfter mit 31 Punkten tatsächlich ebenfalls herausragend unterwegs, steht er laut der Daten verrückte zwölf Plätze zu gut da. Heißt für den SCF: Kampf um die vorderen Plätze - aufsteigen dürfen die Breisgauer ja nicht - statt Kampf gegen Abstieg. Auch der 1. FC Saarbrücken und der FC Ingolstadt (beide vier Ränge zu gut) gehören in dieser Hinsicht zu den Überraschungen der bisherigen Saison.

Größter Über-Performer: SC Freiburg II - 14,51 Punkte und 12 Plätze zu gut

Größter Unter-Performer: Dynamo Dresden - 7,94 Punkte und 7 Plätze zu schlecht

Genau andersherum ist es bei Dynamo Dresden gelaufen. Die Sachsen stehen angesichts ihrer bisherigen Auftritte sieben Plätze zu schlecht da, haben 7,94 Punkte zu wenig auf der Habenseite. Die Mannschaft von Markus Anfang dümpelt so im Tabellenmittelfeld herum - und wird bei einer Aufstiegswahrscheinlichkeit von nur sieben Prozent wohl auch nicht mehr oben anklopfen können. Wenngleich die Datenanalyse der SGD für den Rest der Saison den größten Sprung zutraut (drei Plätze hoch) - für Freiburg dürfte es hingegen vier Plätze runtergehen.

Meppens Offensive schlechter als die Chancen

Gleich nach Dresden kommt bei den "Unter-Performern" der SV Meppen. Das Team von Stefan Krämer spielt auf dem Papier bisher eine sehr enttäuschende Saison: Am letzten Spieltag vor der Winterpause ging es runter auf den 19. und damit vorletzten Tabellenplatz. Gemessen an ihren Leistungen müssten die Emsländer aber eigentlich auf Rang 13 stehen.

Doch der SVM hat seine Chancen einfach nicht genutzt, insgesamt 9,29 Tore zu wenig erzielt. Dass Marvin Pourié mit sechs Saisontreffern und mit großem Abstand bester Torschütze des Teams ist, zeigt, wie groß diese Zahl für Meppener Verhältnisse ist.

Die Verantwortlichen wissen natürlich um die Probleme und haben offensiv gleich zweimal auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Stürmer Marek Janssen kam von Blau-Weiß Lohne, der offensive Mittelfeldspieler Lucas Prasse von der U19 des JLZ Emsland. Doch große Hoffnungen machen diese Transfers auch nicht. Mit einem GSN-Index von 41,19 verkörpert Janssen mit Ach und Krach Drittliga-Niveau, Prasse (31,32) schafft es gerade so auf Regionalliga-Level.

Meppen und Oldenburg stehen vor dem Abstieg

Unsere Prognose sagt deshalb nach sechs Drittliga-Jahren auch Meppens bitteren Gang in die Viertklassigkeit voraus (Abstiegswahrscheinlichkeit 47 Prozent) - zusammen mit Erzgebirge Aue (45), der SpVgg Bayreuth (72) und auch dem VfB Oldenburg (49). Denn während Meppen bisher schlechter als erwartet abgeschnitten hat, ist der niedersächsische Rivale statistisch betrachtet zu gut weggekommen. 4,44 Zähler weniger hat der Aufsteiger in der Tabelle nach Expected Points und steht dort bereits auf einem Abstiegsplatz.

Mit 33 Gegentreffern stellen die Oldenburger bereits die schlechteste Defensive der Liga, es hätten nach Datenlage aber sogar 35 sein müssen. Das bedeutet: Wenn sich defensiv nicht grundlegend etwas ändert, wird der VfB absteigen. 

Für Osnabrück könnte noch einiges möglich sein

Derlei Sorgen hat der VfL Osnabrück nicht. Die Abstiegswahrscheinlichkeit beträgt gerade einmal sieben Prozent. Doch weil die Lila-Weißen zu den Teams der "Unter-Performern" gehören, ist auch die Chance aufzusteigen, mit fünf Prozent auf ein Minimum gesunken.

3,33 Punkte und drei Tabellenplätze fehlen dem VfL im Vergleich zwischen Tabelle nach Expected Points und der realen Version. Wäre die bisherige Saison so gelaufen, wie es statistisch gesehen am wahrscheinlichsten war, wäre Osnabrück in Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen.

Elversberg und Wehen Wiesbaden dürfen jubeln

So aber dürfte neben Elversberg am Ende der SV Wehen Wiesbaden (Aufstiegswahrscheinlichkeit 49 Prozent) den Gang in die Zweite Liga bejubeln. Die Hessen sind Spitzenreiter in der Tabelle nach Expected Points. Rang drei geht laut Prognose an 1860 München. Als Vierter zumindest noch für den DFB-Pokal qualifiziert wäre der 1. FC Saarbrücken. Was für den ehemaligen Bundesligisten sicher nur ein schwacher Trost wäre - zumal der FCS dann sogar belegt durch einen Klassenunterschied nur noch die Nummer zwei im Saarland hinter dem kleinen Elversberg wäre.

Prognose: So endet die 3. Liga
Platz Verein Punkte Tore
1. SV 07 Elversberg 77 87:44
2. SV Wehen Wiesbaden 71 73:41
3. TSV 1860 München 65 66:44
4. 1. FC Saarbrücken 65 60:42
5. FC Ingolstadt 62 56:37
6. Dynamo Dresden 60 60:41
7. FC Viktoria Köln 59 64:51
8. VfL Osnabrück 53 65:56
9. SC Freiburg II 53 46:51
10. SV Waldhof Mannheim 53 48:56
11. Rot-Weiss Essen 49 56:60
12. MSV Duisburg 47 48:50
13. SC Verl 47 52:58
14. Borussia Dortmund II 39 34:53
15. FSV Zwickau 37 44:63
16. Hallescher FC 35 52:63
17. Erzgebirge Aue 35 42:59
18. SV Meppen 35 44:62
19. VfB Oldenburg 31 46:76
20. SpVgg Bayreuth 26 28:66

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 14.01.2023 | 14:00 Uhr