Biathlon-Schützinnen schießen im Liegen

Biathlon-WM in Oberhof "Viele Sportarten werden profitieren" - Oberhof setzt auf WM-Sog

Stand: 20.02.2023 12:55 Uhr

Weniger Zuschauer als erwartet, nur drei deutsche Medaillen und fast 100 Millionen Euro Investitionen. Wie fällt die Kosten-Nutzen-Rechnung nach der Biathlon-WM in Oberhof aus? Zumeist positiv - vor allem mit Blick in die Zukunft.

Zum Abschluss zeigte sich dann doch noch mal das berühmt-berüchtigte Oberhofer Wetter. Mit Dauerregen verabschiedete sich der Thüringer Wintersportort am Sonntag (19.02.2023) von den Biathlon-Weltmeisterschaften.

Neun WM-Tage war Oberhof Gastgeber für den Saisonhöhepunkt der Biathleten, in zwölf Entscheidungen wurden Medaillen vergeben. Sportlich überragender Athlet war der Norweger Johannes Thingnes Bö, der in "Böberhof" Historisches schaffte und in sieben Rennen sieben Medaillen gewann, davon fünf Goldene.

Herrmann-Wick glänzt mit drei Medaillen

Historisch auch die deutschen Männer, erstmals seit 1976 blieben sie ohne WM-Medaille – allerdings gab es 1976 in Antholz auch nur ein WM-Rennen. Die deutschen Frauen und vor allem Denise Herrmann-Wick sammelten drei Medaillen. Die Oberwiesenthalerin gewann den Sprint, wurde Zweite in der Verfolgung und führte die Staffel zu Silber.

Steinle: "Es wird einen Schub geben"

Die sportliche Bilanz fiel so durchwachsen aus: "Die Konkurrenz ist groß und sehr herausragend. Wir können aber im Konzert der vier, fünf, sechs großen Nationen mitmischen", sagt Franz Steinle, Präsident des Deutschen Skiverbandes. Die WM in Oberhof werde sich aber für die Zukunft auszahlen: "Eine Weltmeisterschaft hat Sogwirkung für zwei Sportlergenerationen", blickt Steinle nach vorn.

Skiverband-Präsident Steinle: "Sogwirkung für zwei Sportlergenerationen"

Oberhof und die Investitionen von rund 83 Millionen Euro würden sich so auszahlen. "Wir haben aus Thüringen nur eine Starterin, Vanessa Voigt. Ich bin mir sicher, dass es künftig aufgrund der hervorragenden Infrastruktur noch mehr Starterinnen und Starter sein werden." Profitieren würden davon auch andere Sportarten.

Viel Aufmerksamkeit für Oberhof - und nun?

Langlauf-Weltcup und bald Ski-WM?

"Ich glaube, dass es einen Schub geben wird." Im Biathlon und im Rodeln ist Oberhof bereits ein weltweiter Top-Standort. Künftig sollen sich die Investitionen auch im Skispringen, dem Skilanglauf und der Nordischen Kombination auszahlen.

"Die Nordischen Ski-Weltmeisterschaften sind noch ein Stück weg", sagt Steinle lächelnd. Die Rückkehr des Langlauf-Weltcups im Jahr 2024 sei aber schon sicher. "Im Langlauf können wir uns einen Wechsel mit Oberstdorf vorstellen."

Schubert: "Aufwand hat sich gelohnt"

In die Zukunft schaut auch Hartmut Schubert, Finanzstaatssekretär der Thüringer Landesregierung. Die hohen Investitionen hätten sich nicht gelohnt, "wenn es nur für die Weltmeisterschaft gewesen wäre, aber wir wollen die Wettkampfstätten für viel Veranstaltungen weiternutzen", so der SPD-Politiker, der für die Landesregierung auch WM- und Oberhofbeauftragter ist. "Die Sportanlagen werden viel genutzt, auch vom Nachwuchs, daher hat sich der Aufwand gelohnt."

Staatssektretär Schubert nach WM: "Aufwand hat sich gelohnt"

Weniger Zuschauer als erwartet

"Oberhof kann stolz auf das Erreichte sein", ist auch Thomas Grellmann vom WM-Organisationskomitee zufrieden. Und das, obwohl der Veranstalter mit 152.000 Zuschauern unter den erwarteten 200.000 Fans und rund 25 Prozent unter der Marke der WM 2004 geblieben ist. "Das lässt einen den Verdacht aufkommen, man sei nicht zufrieden", so Grellmann. Die Gründe für den Rückgang, so vermutet Grellmann, liegen in der "gegenwärtigen Situation mit einer internationalen Wirtschaftskrise“, aber auch im sportlichen Abschneiden der Deutschen. "Die Leistungsfähigkeit unserer Thüringer Athletinnen und Athleten war 2004 enorm höher."

Oberhofer WM-OK-Chef Grellmann: "Haben uns wacker geschlagen"

Herrmann-Wick: "Einmaliges Erlebnis"

Neben der Thüringerin Voigt waren aus den mitteldeutschen Bundesländern noch die Sächsin Herrmann-Wick und Sachse Justus Strelow am Start. Herrmann-Wick reist mit einem WM-Titel und zwei Silbermedaillen vom Rennsteig ab: "Wenn mir das vorher jemand gesagt hätte, hätte ich natürlich direkt unterschrieben. Das ist ein einmaliges Erlebnis bei der Heim-WM – und das bleibt auch." Voigt konnte bei ihrer ersten WM in einem Rennen richtig überzeugen. In der Staffel machte die 25-Jährige als Startläuferin ein solides Rennen und sagte mit Blick auf ihre enttäuschenden Sprint- und Verfolgungsergebnisse jenseits der Top 40. "Ich habe es meinen Kritikern gezeigt."

Auch Strelow stand erstmals bei der WM am Start. Freuen dürfte den 26-Jährigen, dass er bei den Einzelrennen jeweils bester oder zweitbester deutscher Starter war und viermal in die Top 15 lief. In Medaillennähe kam er allerdings nicht. Insgesamt, so strahlte der am Rennsteig trainierende Sachse zum Abschlusstag im Oberhofer Regen: "Ich kann sehr zufrieden sein."

Junges Biathlon-Duo aus Oberwiesenthal in den Startlöchern

Dirk Hofmeister