Perry Bräutigam

Torwartikone wird 60 Perry Bräutigam - Wenn utopische Träume wahr werden

Stand: 28.03.2023 07:34 Uhr

Perry Bräutigam ist ein Wende-Fußballer. Einer, der die DDR-Oberliga und die Bundesliga erlebt hat. Einer, dessen Träume sich erfüllt haben. Heute wird er 60.

"Eigentlich nichts", antwortet Perry Bräutigam auf die Frage, was er beim Blick in den Spiegel bei seiner sportlichen Karriere anders gemacht hätte. "Alles ist gut so, wie es gekommen ist. Ich bin sehr zufrieden", sagt der gebürtige Altenburger, der heute (28.03.2023) seinen 60. Geburtstag feiert, im Gespräch mit "Sport im Osten".

Erfolgreich in der DDR-Oberliga und Bundesliga

Bräutigam hat in seiner Karriere viel erlebt. Er war ein "Wende-Torwart", spielte 137 Mal in der DDR-Oberliga für Carl Zeiss Jena und absolvierte mehr als 100 Spiele in der 1. Bundesliga für Hansa Rostock. Drei Länderspiele bestritt Bräutigam für die DDR-Nationalmannschaft und gehörte zum Aufgebot des ersten gesamtdeutschen Teams des DFB 1990.

Fußball: Torwartikone Perry Bräutigam - eine Legende in Jena und Rostock

2002 beendete er seine aktive Karriere und wurde Trainer. 2009 war er Teil der Gründungsmannschaft von RasenBallsport Leipzig. Bräutigam war Co- und Torwarttrainer und ist heute Repräsentant beim deutschen Pokalsieger.

Trotz Mauer von der Bundesliga geträumt

Dem kleinen Perry war schnell klar, dass er Fußballer werden will. Er träumte als Kind von der Bundesliga - und das, obwohl sein Land von einer Mauer begrenzt wurde. "In der Bundesliga zu spielen, war zur damaligen Zeit völlig ausgeschlossen. Ich habe trotzdem davon geträumt und alles hat sich verwirklicht", sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. Jetzt erzählt er den Mädchen und Jungs in der Fußballschule genau diese Geschichte und gibt ihnen mit auf den Weg: "Wenn man Träume hat, soll man diese verfolgen."

Bräutigam trainierte mit Göhr und Drechsler

Perry hatte schon als kleiner Junge beim Bolzen auf dem Wäscheplatz in Altenburg seinen Traum. Mit 13 holte ihn Lok Leipzig, Bräutigam pendelte mehrfach die Woche, glücklich wurde er nicht. Er ging nach einem Jahr zurück und debütierte mit 17 im Tor der Herrenmannschaft bei Motor Altenburg.

Der Jüngling weckte das Interesse von Topvereinen. Carl Zeiss Jena lud das Talent ein, Bräutigam unterschrieb und Lok Leipzig war stinksauer. Die Leipziger hatten Vorrecht, weil Altenburg zum damaligen Bezirk Leipzig gehörte. Bräutigam wurde gesperrt, trainierte aber heimlich und profitierte unfassbar vom damaligen Jenaer Trainer Hans Meyer. "Er war seiner Zeit voraus", erinnert sich Bräutigam.

Perry Bräutigam

Perry Bräutigam - Herr der Lüfte im Tor von Carl Zeiss Jena.

Meyer ließ schon lange vor Manuel Neuner das moderne Torwartspiel trainieren. "Ich hab' Sprungkraft mit Heike Drechsler trainiert und Antritte mit Marlies Göhr", erinnert sich Bräutigam an die Einheiten mit den beiden Weltklasse-Leichtathletinnen und muss schmunzeln, wenn er Aussagen liest, dass Manuel Neuer das moderne Torwartspiel erfunden habe. Bräutigam hat es lange vor Neuer praktiziert.

Ich hab' Sprungkraft mit Heike Drechsler trainiert und Antritte mit Marlies Göhr. Perry Bräutigam |

Eine Vertragsunterschrift mit Folgen

Er war die unumstrittene Nummer 1 in Jena und unterschrieb 1988 seinen ersten Nichtamateurvertrag über fünf Jahre. Dieser wurde vom Deutschen Fußballbund (DFB) anerkannt. Als dann die Wende kam und der 1. FC Kaiserlautern, der 1. FC Köln und Borussia Gladbach Interesse bekundeten, scheiterte ein Wechsel in die Bundesliga an der Ablösesumme. Jena wollte 1,2 Millionen Euro. "Das war utopisch für einen Torwart zu dieser Zeit", erzählt Bräutigam. Heute wäre es ein Schnäppchen...

Damit hing Bräutigam in Jena fest und spielte erstmals 1995 in der Bundesliga. Beim Leuchtturm des Ostens, Hansa Rostock, erfüllte sich sein Kindheitstraum. "Jedes Spiel war ein Hochgenuss und ein Highlight. Die Verbindung zu den Fans in Rostock war eine besondere", blickt er zurück.

2002 war Schluss. Bräutigam wurde Trainer und wagte 2009 den Sprung nach Leipzig. Dort erblickte RB das Licht der Welt. Bräutigam war ein Mann der ersten Stunde, Co- und Torwarttrainer. Er ist einer von Wenigen aus der Gründungszeit, die heute noch in dem Verein arbeiten. Die Torwartikone repräsentiert den Klub und hofft, dass "es für den Verein und die Mannschaft erfolgreich weitergeht". Mit einem Auge schielt er immer nach Rostock, Jena und Nürnberg. "Ich verfolge immer, wie es bei meinen früheren Vereinen läuft."

Perry Bräutigam

2022 wurde RB Leipzig Pokalsieger - Perry Bräutigam hatte den Pokal ins Berliner Olympiastadion getragen.

Die große Sause, wie zu seinem 50. Geburtstag, wird es diesmal nicht geben. Bräutigam genießt den Tag im Kurzurlaub mit seiner Frau und wünscht sich für die Zukunft vor allem eins: "Dass die Menschen wieder mit einem Strahlen im Gesicht unterwegs sind und wir die schwierigen Zeiten bald hinter uns lassen."

Sanny Stephan