Die Magdeburger Fans feiern den Sieg mit der Mannschaft

Fußball | 2. Bundesliga "Das gibt uns Aufschwung" – 1. FC Magdeburg schöpft neues Selbstvertrauen im Abstiegskampf

Stand: 12.02.2023 12:56 Uhr

Mit dem dramatischen Sieg bei Holstein Kiel hat der 1. FC Magdeburg am Ende einer denkwürdigen Woche die Fans wieder hinter sich gebracht. Der Auftritt bewies: Das Team des zuletzt in die Kritik geratenen Christian Titz kann auch Abstiegskampf.

Von Maximilian Hendel

Um sich noch einmal zu verdeutlichen, welchen nicht nur tabellarischen-, sondern fast noch mehr psychologisch-emotionalen Stellenwert dieser dramatische 3:2-Auswärtssieg des 1. FC Magdeburg bei Holstein Kiel für die Gäste bedeutete, brauchte man in den Momenten nach dem Abpfiff um 14:57 Uhr nur die Augen auf Cheftrainer Christian Titz richten.

Christian Titz: "Wirklich stolz auf die Jungs"

Die sichtbar unendliche Erleichterung des 51-Jährigen äußerte sich allen voran in jeweils sekundenlangen Umarmungen zunächst mit Sportgeschäftsführer Otmar Schork und dann mit Offensivfreigeist Baris Atik. "Heute bin ich wirklich stolz auf die Jungs, wie sie dieses Spiel wirklich auch angenommen haben. Wir waren zweimal hinten, aber haben uns die ganze Spielzeit über einfach nicht aufgegeben", blickte Titz nachher am ARD-Mikrofon in den Katakomben des Holstein-Stadions zurück.

FCM-Trainer Christian Titz: "Heute bin ich wirklich stolz auf meine Mannschaft"

Er hatte fast auf den Tag genau zwei Jahre nach seinem Dienstantritt in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt die für ihn wohl neuralgischste Woche seiner bisherigen Amtszeit mit einem denkbar wichtigen Erfolg überstanden, durch den sein Team die Rote Laterne in der 2. Bundesliga wieder abgab und über den Strich auf Rang 15 sprang.

1.500 FCM-Fans jubeln in Kiel

Der sonst so nüchterne und beherrschte Fußballlehrer, dessen Arbeit im Umfeld der Blau-Weißen durch die sportlichen Durststrecken der bisherigen Saison zunehmend kritisch beäugt wird, hatte den massiven Fan-Unmut an der Art und Weise des glücklichen 1:1 daheim gegen Karlsruhe mit dem Scheibenwischer in Richtung Block U quittiert – und damit für seine Verhältnisse die Fassung verloren. Die gegenseitige Empörung war groß, der Riss zwischen Kurve und Mannschaft drohte.

Es folgten das dringend nötige Aufeinanderzugehen, Diplomatie bei einem persönlichen Treffen der sportlichen Leitung mit Vertretern der aktiven Fanszene am Dienstag, Titz‘ öffentliche Entschuldigung und die Beteuerung, dass es nur gemeinsam geht. Und wie es ging: Die 1.500 mitgereisten FCM-Fans verschmolzen im engen Gästeblock nach Moritz-Broni Kwartengs spätem Siegtreffer (86.) – ein von Atiks Schnittstellenpass vorbereiteter herrlicher Chip über Ex-HFC-Keeper Tim Schreiber hinweg ins Netz – zu einer euphorisierten Masse. Direkt davor jubelnd an der Eckfahne konnten auch die Magdeburger Profis ihr Glück selbst kaum fassen.

FCM-Mittelfeldspieler Daniel Elfadli: "Wir haben richtig Mentalität an den Tag gelegt"

Elfadli: "Es war ein unglaublicher Kampf"

Sie waren jeweils im ersten Teil beider Halbzeiten gegen die gefällig und wuchtig aufspielenden Kieler teils klar unterlagen und mussten den zwei besagten Rückständen (33./Patrick Erras, 54./Jann-Fiete Arp) hinterherlaufen. "Es war ein unglaublicher Kampf, wir haben richtig Mentalität an den Tag gelegt. Das haben wir uns vorgenommen und sind froh, dass wir das geschafft haben. Es war die ganze Woche Thema, heute haben wir es auf den Platz bringen können", meinte der neuerliche Torschütze (45.) und Antreiber Daniel Elfadli.

Sein Hechtkopfball nahe der Mittellinie nach einem Kieler Befreiungsschlag ebnete der spielentscheidenden Kombination über Tatsuya Ito und Atik zu Kwarteng überhaupt erst den Weg. Den mindestens genauso gewichtigen Anteil am sechsten Saisonsieg trug der an alter Wirkungsstätte überragend aufgelegte Dominik Reimann. Der FCM-Schlussmann sorgte dafür, dass es vor dem Seitenwechsel bei nur einem Gegentor blieb – und brachte dann Holstein-Angreifer Arp sowohl in der 90. als auch 96. Minute mit Glanzparaden zur Verzweiflung.

1. FC Magdeburg: Ein Auswärtssieg, der Hoffnung macht

FCM-Profis schmeißen alles rein

Kwarteng, mit sieben Saisontoren Topschütze des Aufsteigers, berichtete anschließend vom "schönen Gefühl" darüber, "dass wir uns belohnt haben – wenn auch mit ein bisschen Glück, aber das haben wir uns erarbeitet." Der 24-Jährige vergaß jedoch genauso nicht: "Morgen müssen wir die Fehler aufarbeiten, davon gab’s heute auch genug." Etwa die anhaltende Schwäche bei gegnerischen Standards, das mitunter waghalsige Aufbauspiel aus dem eigenen Strafraum heraus, die urplötzlichen Wackler insbesondere im und um den eigenen 16er herum.

Trotzdem bewies der Auftritt an der Ostsee – diese in ihrer Identität eher auf spielerische Lösungen ausgelegte Mannschaft des 1. FC Magdeburg kann knüppelharten Abstiegskampf. Daniel Heber, Kai Brünker, Jamie Lawrence und Co. gingen in dieser robusten, von vielen Fouls und zwölf Gelben Karten (sechs für den FCM) gekennzeichneten Begegnung keinem Zweikampf aus dem Weg, schmissen sich in jeden Ball. Und Daniel Elafdli versicherte: "Das gibt uns Aufschwung und ein gutes Gefühl für die nächsten Spiele."