
Neuer Bayern-Trainer Thomas Tuchel: Vom Nagelsmann-Förderer zum Nachfolger
Es war Thomas Tuchel, der Julian Nagelsmann einst zum Trainer machte. Schon zum Beginn ihrer Karrieren seien die beiden "ein paar Mal aneinandergeraten". Nun löst der einstige Meister seinen ehemaligen Lehrling ab.
Am Samstag wurde Thomas Tuchel als Trainer des FC Bayern München vorgestellt. Er tritt die Nachfolge von Julian Nagelsmann an, der kurz zuvor entlassen wurde. "Es ist nie schön. Ich kann mich reinversetzen, dass sich das für Julian sehr, sehr bescheiden anfühlt. Aber es ist nicht meine Verantwortung", sagte Tuchel bei der Präsentation in der Arena, wo er bald den Platz auf der Trainerbank einnehmen wird, auf dem bis vor kurzem noch Nagelsmann saß.
Einer der begehrtesten deutschen Trainer mit einem Champions-League-Titel auf dem Konto folgt auf den vielleicht talentiertesten Coach im Weltfußball. Die Verfügbarkeit von Tuchel wird bei der Entscheidung der Bayern-Chefs, Nagelsmann zu entlassen, durchaus eine Rolle gespielt haben. Dabei lag es einst an Tuchel, dass Nagelsmann überhaupt Trainer wurde.
Erstes Aufeinandertreffen beim FC Augsburg
Das war 2007 in Augsburg. Beide Männer waren deutlich jünger und standen ganz am Anfang ihrer Weltkarrieren. In der zweiten Mannschaft des FC Augsburg kreuzten sich erstmals die Wege von Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann. Tuchel war Trainer im Nachwuchsleistungszentrum und übernahm gerade die zweite Mannschaft der Schwaben. Nagelsmann, der als Spieler einen Großteil der Jugend beim FCA verbracht hatte, kehrte vom TSV 1860 München zurück.
Bei den Löwen hatte er ein Jahr voller Verletzungen hinter sich ohne einen Pflichtspieleinsatz. Beim FC Augsburg wollte er wieder angreifen. Doch es kam anders. Nach einer Operation wegen eines Meniskus-und Knorpelschadens beendete Nagelsmann mit gerade einmal 20 Jahren seine Karriere.
Scout Nagelsmann mit Zettel, Stift und Handkamera
Tuchel war es, dem die Idee kam, Nagelsmann - schließlich wurde er bis Saisonende 2007/08 noch vom FCA bezahlt - anderwertig einzubinden: Der Ex-Spieler wurde neuer Scout unter Tuchel. In einer Tuchel-Biografie erinnerte sich Nagelsmann an die skurrilen Anfänge: "Das war witzig", so Nagelsmann. Am Anfang sei er mit seiner heutigen Ex-Frau zu den Spielen der Gegner gefahren: "Sie hat mit der Handkamera gefilmt, und ich habe parallel dazu Notizen gemacht. Zettel, Stift und Handkamera – mehr gab es nicht."
Tuchel empfiehlt Nagelsmann 1860 München
Obwohl sich Nagelsmann erst in die neue Aufgabe einfinden musste, beeindruckte er Tuchel mit seinen Analysen zu den Gegnern und erkannte das Potenzial. Deshalb schlug er schon nach einigen Wochen vor "ich solle doch Trainer werden, wenn ich nicht mehr spielen könne. Er glaube, dass ich talentiert sei dafür durch die Art und Weise, wie ich ticke und wie ich spreche. Ich solle das auf jeden Fall probieren", erinnert sich Nagelsmann in der Biografie.
Als Tuchel den FC Augsburg 2008 Richtung Mainz verließ, empfahl er dem 14 Jahre jüngeren Nagelsmann noch, sich doch mal beim TSV 1860 München umzuschauen: Dort wurde gerade ein Trainer für die U17 gesucht.
Der schnelle Aufstieg von Julian Nagelsmann
Der Rest wirkte fast schon ein modernes Fußballmärchen: Tuchel übernahm nach der Mainzer Jugend erst die Profis, dann Dortmund, trainierte Paris Saint-Germain und coachte den FC Chelsea zum Champions-League-Titel. Nagelsmann entwickelt sich in nur acht Jahren vom Trainernovizen bei Nachwuchsmannschaften zum Bundesligacoach, übernahm erst die TSG Hoffenheim, wechselte zu RB Leipzig, schlug ein Angebot von Real Madrid aus und wechselte schließlich zum FC Bayern München.
Dort sollte er eigentlich auf Jahre die Geschicke der Münchner leiten. Doch die Märchenkarriere bekam am vergangenen Donnerstag den ersten schweren Dämpfer. Die Entlassung beim größten Verein in Deutschland. Sein Nachfolger ist ausgerechnet sein einstiger Förderer.
Nagelsmann: "Ein paar Mal aneinandergeraten"
Beste Freunde wurden die beiden Trainer allerdings nie. Schon in Augsburg waren sie "ein paar Mal aneinandergeraten", sagt Nagelsmann, heute sei das Verhältnis "normal: Wir haben noch nie ein extrem inniges Verhältnis gehabt." Nach den neuesten Entwicklungen wird sich dieses Verhältnis wohl erstmal nicht verbessern.
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