Oliver Zeidler

BR24 Sport "Klima der Angst": Zeidler erneuert Kritik am Ruderverband

Stand: 22.08.2022 16:45 Uhr

Einer-Weltmeister Oliver Zeidler erneuert seine Kritik am Deutschen Ruderverband nach dem schlechten Abschneiden des Deutschen Ruderverbandes bei den European Championships in München. Der 26-Jährige hofft auf baldige umfassende Veränderungen.

Von BR24 Sport

Bei den European Championships in München konnte der Deutsche Ruderverband (DRV) in den 14 olympischen Bootsklassen lediglich eine Bronzemedaille durch Alexandra Föster gewinnen. Nach dem enttäuschenden Abschneiden des deutschen Ruder-Teams erneuerte Einer-Weltmeister Oliver Zeidler seine Kritik am Verband.

DRV in "katastrophalem Zustand"

Es laufe "katastrophal", betonte er im BR-Exklusiv-Interview. Man übe Druck aus auf mündige Athleten, die ihre Meinung sagen. Es herrsche ein Klima der Angst.

Zeidler schilderte den Fall seiner jüngeren Schwester Marie-Sophie, die in München im Doppelvierer antrat: Nach Platz sechs sei das Team von den DRV-Verantwortlichen angeschrien und beleidigt worden. Sachlich vorgetragenen Argumente der Ruderinnen zu einer verspäteten Besetzung der Boote und zur mangelhafte Trainingssteuerung seien nicht gehört worden.

Dabei saßen sie wirklich "nur zwei Wochen zusammen im Boot, was halt bei einem Doppelvierer schon sehr problematisch ist." Laut dem 26-Jährigen zieht sich das generell schon so durch die ganze Saison, "dass sich kein Boot wirklich einfahren konnte, weil ständig durchgewechselt wurde." Aufgrund des fehlenden Vertrauensverhältnisses sieht seine Schwester "aktuell keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit" mit dem DRV.

Zeidlers Schwester Marie-Sophie verzichtet auf WM-Start

Deshalb hat sie nun "die Reißleine gezogen und verzichtet auf die Weltmeisterschaft in wenigen Wochen in Tschechien", so Zeidler. Und das, obwohl ihr auch angedroht wurde, dass sie dann aus der Sportförderung rausfällt. Im Gegensatz zu anderen Athleten hat aber Marie-Sophie "das Glück, dass sie bei der Landespolizei ist und die hinter ihr steht", berichtete der Ruderer. Andere Athleten können sich das "halt nicht trauen, weil sie ihre Miete dann nicht mehr bezahlen können."

Zeidler: Beratungsresistenz beim DRV

Dabei habe der Verband insbesondere die Aufgabe, für die Athleten da zu sein, die jungen unerfahrenen Teammitglieder zu unterstützen und erfolgreichen Sport zu gewährleisten. Der DRV sei aber beratungsresistent und hole sich keine Unterstützung von anderen erfolgreicheren Verbänden, monierte Zeidler. Nach seiner Attacke sei eine Expertenkommission einberufen worden, in der unter anderem auch der Sportdirektor und die Bundestrainerin drinsitzen. Ein Unding seiner Meinung nach, "weil diese Kommission eigentlich unabhängig sein sollte".

Erste Gespräche in dieser Woche

Immerhin steht für kommenden Mittwoch ein Gespräch zwischen Oliver Zeidler, dem Sportdirektor, der Bundestrainerin und einem Vorstandsmitglied an. Eventuell ein erster Schritt in die richtige Richtung, um eines der Hauptprobleme, die mangelnde Kommunikation, zu lösen.

Zeidler, der auf der Regattabahn von Oberschleißheim am Ende nur Vierter wurde, ist mit seiner Kritik nicht allein. Der hessische Ruderer Marc Weber war an die Öffentlichkeit gegangen, nachdem der DRV ihn ohne Absprache aus der Sportförderung genommen hatte, weil er sich - so der Vorwurf - zu sehr um sein Studium kümmere und den Leistungssport vernachlässige. Kurz zuvor war Weber noch Dritter beim Weltcup in Luzern geworden. Selbst deutsche Spitzenruderer sind in der Regel Amateure und können vom Sport nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten.

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Quelle: BR24 Sport im BR Fernsehen 22.08.2022 - 18:30 Uhr