Leon Goretzkas Herz-Geste bei der Euro 2021

BR24 Sport DFB-Team in Ungarn: Mit herzlichen Grüßen von Goretzka?

Stand: 10.06.2022 16:33 Uhr

Vor dem Nations-League-Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist eine Geste von Bayernspieler Leon Goretzka in den Fokus gerutscht. Wie nachtragend sind Ungarns Fans nach dessen Toleranz-Herz bei der Europameisterschaft 2021?

Von Bernd R. Eberwein

Herzlicher Empfang? Von Herzen gern? Oder herzliche Abneigung? Mit Spannung schauen Fußball-Fans auf den Auftritt der deutschen Nationalmannschaft am Samstagabend (20.45 Uhr/Radio-Livereportage bei BR24 Sport) in der Ferenc-Puskas-Arena in Budapest. Nur rund 800 deutsche Anhänger werden im Stadion sein, der Großteil der 67.000 Zuschauer also Ungarn anfeuern - und das könnte böse Pfiffe fürs deutsche Team bedeuten.

Ein Herz gegen Hass und Homophobie

2:2 trennten sich Ungarn und Deutschland vor knapp einem Jahr bei der Europameisterschaft im Regen von München. Zum Ausgleich - und damit dem Ungarn-Aus - traf der Münchner Leon Goretzka sechs Minuten vor dem Ende. Sein Jubel: Ein aus beiden Händen geformtes Herz, demonstrativ in Richtung des Ungarn-Blocks, als Zeichen gegen Hass, Homophobie und mehr.

Ungarn: Geisterspiel mit Zuschauern

Während Goretzka in Deutschland gefeiert wurde, sein Treffer vom DFB-Fanclub sogar zum Tor des Jahres gekürt, könnte der Jubel in Ungarn weiter negativ nachhängen und erneut für Pfiffe sorgen. Denn die Fans des WM-Finalisten von 1938 und 1954 gelten alles andere als lernfähig. Oder anders ausgedrückt: Ungarns Fans sind durch rassistische und homophobe Außendarstellungen schon längst ins Visier der Fußballverbände gerutscht.

Pfiffe gegen England

Zu zwei Geisterspielen verdonnerte Europas Fußballverband UEFA Ungarn nach der Euro 2021. Was am Ende rauskam, war kurios: Nach einem ungarischen Einspruch wurde die Strafe auf ein Spiel reduziert - und dort nutzte der Verband ein Schlupfloch in den Statuten. 30.000 Zuschauer verfolgten in der vergangenen Woche das Nations-League-Spiel gegen England. Angeblich nur Kinder und Jugendliche.

Doch die vermeintlich "jungen" Zuschauer sorgten für böse Pfiffe gegen die Gäste von der Insel - von Toleranz und Fan-Kultur weiter keine Spur. Als die Englänger vor dem Anpfiff ihren mittlerweile fast schon traditionellen Kniefall gegen Rassismus zeigten, wurde es richtig laut in der Ferenc-Puskas-Arena. Und das nicht im freundschaftlichen Sinne.

Bundestrainer Flick: "Pfiffe muss jeder aushalten"

"Jeder Einzelne hat schon viele Spiele in aufgeheizter Stimmung gemacht", sagte Bundestrainer Hansi Flick vor dem Spiel zu den zu erwartenden Pfiffen: "Das muss jeder auf diesem Niveau aushalten. Wir fokussieren uns auf unser Spiel, alles andere ist Nebensache."

Und Goretzka? "Das kam schon so ein bisschen aus dem Bauch raus, da hat auch vieles zusammengepasst, auch mit dem ganzen Thema davor, ob wir die Allianz Arena in den Regenbogenfarben anstrahlen dürfen oder nicht", erklärte der FC-Bayern-Profi vor dem Abflug nach Ungarn: "Deswegen hat das ja natürlich sehr gut reingepasst."

Thomas Müller über die Goretzka-Geste

Nationalmannschaft als soziales Gewissen

Bewusst planen die DFB-Kicker keine neue Aktion. Gut möglich allerdings, dass Goretzka & Co. bei zuviel Pfiffen in Budapest erneut ein Zeichen setzen. Denn eines, dass hat nicht erst das vergangene Jahr gezeigt: Die Nationalmannschaft hat sich längst zu einer Art soziales Gewissen entwickelt.

Quelle: BR24 Sport im BR Fernsehen 10.06.2022 - 18:30 Uhr