Daley Blind im Duell mit Lionel Messi

BR24 Sport Daley Blind - ein Routinier als Notlösung für das große Ziel

Stand: 06.01.2023 14:54 Uhr

Mit Daley Blind verpflichtet der FC Bayern einen erfahrenen Abwehrspieler, um die Löcher in der Personaldecke zu stopfen. Doch was bringt der 32-Jährige Niederländer nach München mit?

Von Raphael Weiss

13 Minuten war die WM alt, als sich Lucas Hernandez mit Schmerzensschreien an das Knie Griff und in München die Alarmglocken schrillten. Nur wenig später waren die schlimmsten Befürchtungen (Kreuzbandriss) wahr und dem FC Bayern klar, dass im Winter Handlungsbedarf besteht, wenn man die ambitionierten Saisonziele erreichen möchte. Meisterschaft, Pokal, Champions League. Spätestens als auch bei Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui eine Entzündung im Herzen festgestellt wurde, waren schnelle Lösungen in München gefragt.

Dass diese Lösung Daley Blind heißen würde, hatten wohl nur ganz wenige auf dem Zettel. Der Niederländer war zwar bei der Weltmeisterschaft eine wichtige Stütze im Team von Trainer Louis van Gaal und maßgeblich daran beteiligt, dass die Niederlande ins Viertelfinale einzogen: Mit einem Tor und einer Vorlage war er der Matchwinner beim 3:1-Sieg der Oranje über die USA. Doch eigentlich dachte man, dass sich Blind eher im Spätherbst seiner Karriere befindet und die ganz großen Ambitionen hinter sich gelassen hatte.

Von Ajax nach Manchester und wieder zurück

Denn die ganz große Bühne im Klubfußball hatte Blind eigentlich schon verlassen. 2018 wechselte er nach vier Jahren bei Manchester United zurück in die Niederländische Eredivisie. Louis van Gaal hatte ihn damals ins Old Trafford geholt, wo er lange Stammspieler war und vor allen Dingen im defensiven Mittelfeld und in der Innenverteidigung zum Einsatz kam. Als José Mourinho den Verein 2016 übernahm, änderte sich auch Blinds Rolle. Der schnörkellose Arbeiter fand sich zunehmend auf seiner eigentlich angestammten Linksverteidiger Position wieder und schließlich immer öfter auf der Bank.

Also kehrte er mit 28 Jahren zurück in die Heimat - zu Ajax Amsterdam, dem Verein, der ihn ausgebildet hatte, wo er zum Profi wurde, als Kapitän aufgelaufen und vier Mal Meister geworden war. Der Weg schien geebnet für ein Karriereende als Ajax-Legende.

Herzprobleme: Blind spielt mit Defibrillator

Das drohte 2019 deutlich früher zu kommen, als Blind es jemals gedacht hatte. Im Champions-League-Spiel gegen den FC Valencia ging er zu Boden, klagte über Schwindelgefühle. Im Anschluss die Diagnose: Herzmuskelentzündung. Blind wurde ein Defibrillator eingesetzt, der dem Herzen im Falle eines Stillstands Stromstöße versetzen sollte.

Blind kehrte erstaunlich schnell wieder zurück auf den Platz. Doch während eines Spiels gegen Hertha BSC Berlin sank er erneut zusammen. Der Defibrillator hatte eine Fehlfunktion und mehrere Stromstöße in Richtung Herz geschickt. An seiner Entscheidung, seine Karriere bei Ajax fortzusetzen, änderte das alles nichts.

Bitterer Abschied bei Ajax Amsterdam

Dies geschah dann allerdings in diesem Winter. Mit einem Tweet gab Blind den Abschied von seinem Herzensverein bekannt. "So hatte ich mir mein Ende bei Ajax nicht vorgestellt. Aber aufgrund von Umständen ist es so gelaufen", schrieb er auf Twitter. "Mit Schmerz im Herzen und Tränen in den Augen" verließe er den Verein. Es soll zu Streitigkeiten zwischen ihm und Trainer Alfred Schreuder gekommen sein.

Wiedersehen mit Lionel Messi

Nach seinem Aus bei Ajax gab es Spekulationen über einen Wechsel in die MLS, zu Real Sociedad San Sebastian, zu Royal Antwerpen. Mit einem Wechsel zurück auf die ganze große Fußballbühne hatte wohl selbst Blind nicht mehr gerechnet. Doch nur eine Woche nach seinem Tweet wurde er mit einem Auto an die Säbenerstraße 51 kutschiert, zeigte den erhobenen Daumen in die Kameras, verschwand in der Geschäftsstelle, um einen Vertrag zu unterschreiben und in dieser Saison noch einmal nach der größten Trophäe im europäischen Vereinsfußball zu greifen.

Auf dem Weg zu diesem Ziel gibt es für Blind am 14. Februar ein Wiedersehen mit Lionel Messi. Der Neu-Münchner hatte im WM-Viertelfinale unter anderem die Aufgabe, den Argentinier zu stoppen - was ihm bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung in der 65. Minute auch über weite Strecken ganz gut gelungen war.

Die Stammverteidigung des FC Bayern steht

Ob auch Julian Nagelsmann Blind im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain diese schwere Aufgabe anvertrauen wird, bleibt zu bezweifeln. Blind wird vor allen Dingen als Ergänzungsspieler beim FC Bayern eingeplant sein. Nach den Ausfällen von Hernandez und Mazraoui, dürfte die Stammverteidigung aus Benjamin Pavard, Mathijs de Ligt, Dayot Upamecano und Alphonso Davies bestehen.

Dass der Transfer nicht die ganz große Liebeshochzeit ist, sondern viel mehr die beste Lösung für zwei Parteien, die unvorhergesehen einen neuen Weg finden mussten, sieht man alleine an der Vertragslaufzeit. Sechs Monate dauert zunächst einmal das Arbeitsverhältnis zwischen dem FC Bayern und dem 32-Jährigen. Im Sommer will man sich noch einmal zusammensetzen und eine weitere Zusammenarbeit erneut bewerten.

Blind: "Hunger nach Titeln" ausschlaggebend

Der Deal macht dennoch für beide Seiten Sinn. Die Münchner bekommen einen routinierten und soliden Verteidiger, der sich bestens mit großen Spielen, Gegenspielern und Drucksituationen auskennt. Für Blind ist es noch einmal ein letzter Ausflug in die höchste Riege des Fußballs.

Blind wurde nach seiner Unterschrift mit den Worten zitiert: "Ich kann es kaum erwarten, hier zu spielen. Uns steht nun der wichtigste Teil der Saison bevor, in dem es um die Titel geht – und ein Verein wie der FC Bayern kann jede Trophäe gewinnen. Der Hunger nach Titeln hier im Club war ausschlaggebend für meine Entscheidung." Jetzt muss er nur noch in der Champions League zeigen, dass er auf höchstem Niveau noch immer genauso routiniert agiert, wie im Gespräch mit der Presseabteilung des Vereins.

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Quelle: BR24 Sport 06.01.2023 - 10:54 Uhr