
3. Etappe der Tour de France Femmes Lipperts Tag endet mit Schmerzen statt mit Jubel
Die Dänin Cecilie Uttrup Ludwig gewinnt die 3. Etappe der Tour de France der Frauen. Die deutsche Meisterin Liane Lippert hatte sich diesen Tag auch für einen Sieg ausgeguckt, aber es kam anders.
Vorsichtig tastete Liane Lippert mit den Fingern ihre linke Seite ab, der Ellenbogen blutete, aber die Hüfte bereitete der deutschen Meisterin nach der 3. Etappe der Tour de France der Frauen ganz offenbar die größeren Sorgen. "Die Hüfte tut grad ziemlich weh", sagte Lippert. Auch die Rippen habe sie schon abgetast: "Aber ich denke mal, dass es nichts Schlimmeres ist."
Genau Lipperts Terrain
Die physischen Wunden mögen vielleicht weniger dramatisch sein, aber der Frust dürfte noch ein bisschen, vielleicht auch länger bleiben. Dieser dritte Tag der Tour de France Femmes hätte ja ihrer werden sollen.
Die Etappe von Reims nach Épernay mit drei giftigen Anstiegen auf den letzten 16,7 Kilometern bot genau jenes Terrain, auf denen sie ihre Qualitäten als Kletterin mit Punch ausspielen kann."Ich wusste, dass das meine Chance ist heute. Und die wollte ich unbedingt nutzen", sagte Lippert: "Die Etappe zu gewinnen, war mein Ziel und dann ist alles im Bruchteil einer Sekunde vorbei."
Der Moment, an dem Lipperts Traum vom Etappensieg platzte, kam rund 15 Kilometer vor dem Ziel. Die 24-Jährige befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Spitzengruppe, die sich kurz zuvor an der 12,2 Prozent steilen Côte de Mutigny gebildet hatte und zu der neben der späteren Etappensiegerin Cecilie Uttrup Ludwig auch die Favoritinnen auf den Gesamtsieg gehörten.
Das Vorderrad rutscht einfach weg
Lippert war eine jener Fahrerinnen, die diese Gruppe mit einer Tempoverschärfung initiiert hatten. "Ich hatte auf jeden Fall die Beine heute, war immer unter Kontrolle und war am Berg nicht in großen Schwierigkeiten", sagte Lippert. Doch in einer Linkskurve kurz nach dem Anstieg rutschte ihr dann das Vorderrad weg. Genau wie der Niederländerin Demi Vollering, die direkt vor Lippert zu Fall kam.
Die genaue Ursache für den Sturz war nicht auszumachen, es wirkte, als sei die Straße dort rutschig gewesen. Aber während Vollering recht schnell wieder auf dem Rad war und den Anschluss schaffte, musste Lippert auch noch ihre Kette wieder aufs Blatt ziehen. Zu viel Zeit, um in dem intensiven Finale wieder nach vorne zu kommen. "Das ist frustrierend", sagte Lippert.
Für Cecilie Uttrup Ludwig wird ein Traum war
So jubelte in Épernay also nicht die deutsche, sondern die dänische Meisterin über den prestigeträchtigen Tageserfolg, was diese dann auch überschwänglich feierte. Cecilie Uttrup Ludwig ist bekannt dafür, dass sie sehr emotional ist und kein Blatt vor den Mund nimmt im Überschwang der Gefühle. "Ohne Filter", so sei sie eben, sagte die 26-Jährige aus Frederiksberg.
Auch eine gute Stunde nach ihrem fulminanten Sprint am Ende der steilen Zielanfahrt war sie daher immer noch aufgedreht ob ihres Erfolges: "Ein Traum wird wahr, ich habe es mir selbst gerade noch einmal gesagt: Ich bin eine Etappensiegerin bei der Tour de France. Das macht sich ziemlich gut in meinem Lebenslauf."
Tatsächlich ist dieser Sieg in Épernay derjenige, der in Ludwigs Curriculum Vitae nun heraussticht. Doch nach Frankreich ist sie auch mit Ambitionen für die Gesamtwertung gereist. Im Klassement liegt sie allerdings schon 1'48 Minuten hinter dem Gelben Trikot, das weiter von der Niederländerin Marianne Vos getragen wird.
"Wir sind keine Drückeberger"
Einen Großteil dieses Rückstands hat sie sich am Montag auf der 2. Etappe eingehandelt. Auch sie war dort in einen der zahlreichen Stürze verwickelt. Ihr Team FDJ-SUEZ-Futuroscope hatte mit vier Fahrerinnen auf der Straße gelegen. Darunter Marta Cavalli, die Zweite des Giro d'Italia Donne und eine der Topfavoritinnen auf den Gesamtsieg.
Die Italienerin, die ebenfalls um das Gelbe Trikot hatte kämpfen wollen, konnte zur 3. Etappe nicht mehr antreten. "Das war so ein Scheißtag gestern", sagt Ludwig, "aber wir haben uns gesagt, wir werden kämpfen, wir sind keine verdammten Drückeberger. Und das haben wir heute gezeigt."
Allen voran sie selbst: Die Dänin war durch einen Sturz der Polin Katarzyna Niewiadoma am Fuße des Côte de Mutigny zunächst aufgehalten worden, hatte sich dann aber gemeinsam mit Marianne Vos und Niewiadoma zurück an die Spitze gekämpft. Im Anstieg zum Ziel hatte sie sich an Vos' Hinterrad orientiert, um dann ihren Sprint anzusetzen - die richtige Entscheidung.
Das Blatt kann sich wenden
Auf dem Podium habe sie "geweint, geweint, geweint", sagte Ludwig. Und ihre Teamkolleginnen, die sich davor versammelt hatten, um diesen Moment mitzuerleben, hätten das ebenfalls getan. "Wir werden das heute Abend feiern, das verspreche ich", kündigte die Tagessiegerin an.
Für Liane Lippert mag das ein Trost sein, dass sich das Blatt von einem auf den anderen Tag wenden kann. Auf der 4. Etappe von Troyes nach Bar sur Aube wartet wieder ein Profil, dass Lippert liegen könnte. Es sei denn, die Hüfte bereitet ihr auch am Mittwoch noch Probleme.