Tadej Pogacar
Tourreporter

1. Etappe Tour de France Pogacar macht im Zeitfahren die ersten Psychopunkte

Stand: 01.07.2022 21:40 Uhr

Im Auftaktzeitfahren der Tour de France nimmt Tadej Pogacar seinen Rivalen im Kampf ums Gelbe Trikot die ersten Sekunden ab. Das ist vor allem ein psychologischer Vorteil.

Von Michael Ostermann, Kopenhagen

Am Bus des Teams UAE brandete Beifall auf, als Tadej Pogacar angerollt kam. Die Teamkollegen, Mechaniker und Pfleger klatschten eifrig, als der 23 Jahre alte Slowene von seiner ersten Ausfahrt bei der Tour de France 2022 zurückkehrte.

Das verregnete Einzelzeitfahren der 1. Etappe durch die Innenstadt von Kopenhagen hatte Pogacar zwar ausnahmsweise nicht als Sieger, sondern auf Rang drei beendet. Aber all jene, die es im Kampf um den Gesamtsieg mit dem zweimaligen Gesamtsieger aufnehmen wollen, haben nun schon ein paar Sekunden Rückstand.

Deshalb der Applaus am Mannschaftsbus. "Ich bin jetzt sicher, dass ich gut in Form bin", sagte Pogacar. "Ich habe eine gute Position, aber es kommen noch 20 Etappen."

1. Etappe - die Zusammenfassung

Sportschau, 01.07.2022 19:30 Uhr

Thomas über Pogacar: "Er ist ein Phänomen"

Der Hinweis darauf, dass das Rennen gerade erst begonnen hat, ist natürlich berechtigt. Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf des Rennens wären verfrüht.

Aber die Tour de France ist neben dem physischen Duell auf der Straße immer auch ein mentaler Kampf. Und Pogacar hat sich gegenüber seinen Konkurrenten einen ersten kleinen psychologischen Vorteil erarbeitet.

"Er ist ein Phänomen, einzigartig. Er kann alles", schwärmte der Waliser Geraint Thomas, der Toursieger von 2018, der 18 Sekunden auf Pogacar verlor und von seiner eigenen Perfomance eher frustriert war.

Primoz Roglic vom Team Jumbo-Visma verlor neun Sekunden. Sein dänischer Teamkollege Jonas Vingegaard, der vom Jubel seiner trotz des schlechten Wetters enthusiastischen Landsleute angetrieben wurde, war eine Sekunde schneller.

Tadej Pogacar dürfte auch diesmal das Maß aller Dinge bei der Tour de France sein. Der junge Slowene hat allerdings einige Herausforderer. mehr

Kein Risiko auf nassen Straßen

Der Russe Alexander Vlasov, der das deutsche Team Bora-hansgrohe beim Kampf um das Podium in Paris anführt, war sogar 24 Sekunden langsamer als Pogacar, auch weil er auf den regennassen, schmierigen Straßen kein Risiko eingehen wollte. "Es ist besser langsamer zu sein, als zu stürzen", sagte Vlasov. "Ich habe versucht, nicht zu viel Zeit zu verlieren."

Die Risikoabwägung sei auch bei Pogacar ein Faktor gewesen, erklärte der Manager des UAE-Teams, Matxin Joxean Fernandez, der im Auto hinter seinem Ausnahmefahrer unterwegs gewesen war. Aber der habe dennoch wie immer agiert.

"Mit Tadej ist es einfach - Vollgas", sagte Fernandez. Dafür durfte sich Pogacar am Ende des ersten Tages das erste Weiße Trikot für den besten Jungprofi abholen.

1. Etappe - die komplette Übertragung

Sportschau, 01.07.2022 16:30 Uhr

Tagessieger Lampaert unter Schock

Im Gelben Trikot fand sich unterdessen völlig überraschend Yves Lampaert vom Team Quick Step-Alpha-Vinyl wieder. Der 31 Jahre alte Belgier hatte den 13,2 Kilometer langen Kurs zu seiner eigenen Verblüffung in Bestzeit absolviert.

Lampaert war fünf Sekunden schneller als sein Landsmann Wout Van Aert und sieben Sekunden schneller als Pogacar. Als sein Sieg feststand, wirkte er regelrecht geschockt und schlug dann auch auf dem Podium noch mit Tränen in den Augen immer wieder die Hand vors Gesicht.

Sportschau Tourfunk, 01.07.2022 20:33 Uhr

Angereist zur Tour ist Lampaert als tempoharter Teil des Sprintzugs von Fabio Jacobsen, der als Favorit für die Massensprints in den kommenden Tagen gilt. Ziel bleibe ein Etappensieg für Jacobsen, erklärte Lampaert. Das Gelbe Trikot werde daran auch nichts ändern.

Abgeben wird er das Maillot Jaune ohnehin über kurz oder lang. Aber das Glücksgefühl, das wichtigste Stück Stoff des Radsports getragen zu haben, wird bleiben. "Meine Karriere", erklärte Lampaert "ist vollendet."

Für Tadej Pogacar gilt das nicht. Er steht ja trotz seiner zwei Toursiege erst am Anfang seiner Karriere. Vor dem Start der Tour de France wurde er gefragt, ob er sich bewusst sei, dass er in kommenden Jahren in den erlauchten Klub der fünfmaligen Gesamtsieger aufsteigen könnte und damit Geschichte schreiben könnte. "Nein", sagte Pogacar. "Ich denke nicht an die Historie. Ich lebe im Hier und Jetzt und will Spaß haben."

An diesem verregneten Freitag in Kopenhagen ist ihm das mal wieder ganz gut gelungen.