Straßenrad-WM Alaphilippe holt in Flandern erneut das Regenbogen-Trikot

Stand: 26.09.2021 16:40 Uhr

Der französische Radstar Julian Alaphilippe hat sich wie im Vorjahr den Titel des Straßen-Weltmeisters geholt. Der 29-Jährige setzte sich am Sonntag (26.09.2021) bei den Titelkämpfen in Flandern nach 267,7 Kilometern von Antwerpen nach Löwen durch.

Die deutschen Radprofis um Kapitän Nils Politt gingen auf dem hügeligen Klassikerkurs mit vielen giftigen Anstiegen leer aus. Politt präsentierte sich zwar angriffslustig, kam aber am Ende nur auf Platz 16. Klassikerspezialist John Degenkolb schied nach einem Sturz aus.

Alaphilippe holte sich mit einer seiner beherzten Attacken erneut im Alleingang das Regenbogentrikot. Schon im Vorjahr hatte er als Solist in Imola triumphiert. 32 Sekunden hinter Alaphilippe sicherten sich in Flandern, wo am Sonntag hunderttausende Menschen an die Strecke pilgerten, der Niederländer Dylan van Baarle Silber und der Däne Michael Valgren Bronze. Die favorisierten Gastgeber gingen indes leer aus. Wout Van Aert, der bei seinem Heimpspiel als Topfavorit galt, wurde Elfter.

Sportschau Tourfunk, 26.09.2021 20:11 Uhr

"Ich bin glücklich, ich werde es genießen. Das sind riesige Emotionen für mich, den Titel zu verteidigen. Ich war gut vorbereitet, hatte aber auch schwere Momente. Der Kurs kam mir entgegen. Ich wollte die Gruppe verkleinern, das hat geklappt", sagte Alaphilippe

Schon früh am Morgen waren die 195 Fahrer in das rasante Auf und Ab quer durch Flandern gestartet. Für Kapitän Politt begann das Rennen mit einer Schrecksekunde: Nach wenigen Kilometern musste er bereits am Straßenrand halten, um einen Defekt an seinem Rad beheben zu lassen. 

Politt setzt Attacken, Degenkolb stürzt schwer

In der Folge präsentierte sich der Kölner aber offensiv und zeigte sich - mit entschlossenem Blick und weit aufgerissenem Mund - immer wieder an der Spitze des Pelotons. Der Bora-hansgrohe-Profi war es auch, der das Feld rund 100 Kilometer vor dem Ziel mit einer couragierten Attacke teilte. Zuvor waren mehrere Fluchtversuche, unter anderem von Belgiens Supertalent Remco Evenepoel und Sloweniens Starfahrer Primoz Roglic, wieder gestoppt worden. 

Rad-WM | Ergebnisse
Platz Fahrer Zeit
1. Julian Alaphilippe (Frankreich) 5:56:34 Stunden
2. Dylan Van Baarle (Niederlande) +32 Sekunden
3. Michael Valgren Hundahl (Dänemark) +32
4. Jasper Stuyven (Belgien) +32
5. Neilson Powless (USA) +32
6. Thomas Pidcock (Großbritannien) +49
7. Zdenek Stybar (Tschechien) +1:06 Minuten
8. Mathieu Van Der Poel (Niederlande) +1:18
9. Florian Senechal (Frankreich) +1:18
10. Sonny Colbrelli (Italien) +1:18
11. Wout van Aert (Belgien) +1:18
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16. Nils Politt (Deutschland) +5:25

John Degenkolb hatte es zum Zeitpunkt von Politts Attacke schon schwer erwischt. Der Routinier kam bei einem Sturz mit hoher Geschwindigkeit zu Fall. Dabei trug er Hautabschürfungen und Prellungen davon. "Es war ein sehr unangenehmer Sturz, ich bin auch auf den Kopf gefallen und mein Helm ist gebrochen. Mir war anfangs auch schwindelig, das muss ich die nächsten Tage noch beobachten. Ich bin mega enttäuscht, dass mein WM-Rennen so zu Ende gegangen ist", sagte Degenkolb, nachdem er die Krankenstation des Weltverbandes UCI verlassen hatte. Doch Politt fehlte im Feld ein wichtiger und routinierter Helfer.

Der deutsche Meister Maximilian Schachmann - bei WM 2020 und Olympia 2021 als Kapitän angesetzt - hatte diesmal sportlich nichts zuzusetzen und musste frühzeitig abreißen lassen und später aufgeben. Sprinter Pascal Ackermann konnte ebenfalls nicht mithalten, das ohnehin kleine deutsche Team fiel früh auseinander.

"Feiertag" auf Belgiens Straßen

Ihnen entging damit auch das große Spektakel auf Belgiens Straßen, auf denen der WM-Sonntag wirkte wie ein Nationalfeiertag. Zum Ende der Titelkämpfe wollte das radsportverrückte Volk unbedingt den so sehr ersehnten Heimsieg bejubeln. Eine derart fantastische Atmosphäre hatte man seit Anbeginn der Corona-Pandemie nicht mehr gesehen. Schon in den Tagen zuvor hatte sich der Wahnsinn von Tag zu Tag mehr gesteigert: Von tausenden Eddy-Merckx-Mützen über volle Bars und Kneipen mit Partylustigen bis hin zu Kindern, die lautstark und kreischend um Trinkflaschen von unbekannten Rad-Junioren bettelten.

Die deutsche Bilanz fällt trotz des verpassten Abschlusscoups positiv aus. Tony Martin führte das Zeitfahr-Mixed in seinem letzten Rennen als Profi zu Gold, dazu gelangen Antonia Niedermaier und Linda Riedmann Bronzemedaillen bei den Juniorinnen. Im Vorjahr in Imola hatte es bei den coronabedingt stark reduzierten Wettkämpfen gar keine Medaille gegeben.