Simon Geschke von der deutschen Rad-Nationalmannschaft winkt auf dem Weg zum Einschreiben

Deutschland Tour 2022 Eine Königsetappe für Simon Geschke

Stand: 27.08.2022 21:38 Uhr

Die Königsetappe der Deutschland Tour schickte die Fahrer auf den 1.200 Meter hohen Schauinsland. Alle Augen waren dabei auf Simon Geschke gerichtet, der bei der Rundfahrt noch eine ganz andere Rolle einnimmt.

Den ganzen Tag über war der Schauinsland in dichten Nebel gehüllt, geregnet und gewittert hatte es zu allem Überfluss auch noch. Pünktlich zur Ankunft der Fahrer kam jedoch die Sonne raus, inklusive Regenbogen. Als wenn Freiburgs Hausberg gewusst hätte, dass einer der berühmtesten Einwohner der Stadt, Simon Geschke, im Anflug ist.

Alle Augen auf Geschke gerichtet

Die Bühne für Geschke war mit der ersten Bergankunft seit der Wiedereinführung der Deutschland Tour bereitet; immerhin trug sich der Wahl-Freiburger bei der Tour de France in die Geschichtsbücher ein, als er über neun Etappen das begehrte Bergtrikot behauptete – was keinem Deutschen vor ihm gelungen war. Nur der Tour-Sieger Jonas Vingegaard war in Frankreich in der Bergwertung besser.

Simon Geschke von der deutschen Rad-Nationalmannschaft winkt auf dem Weg zum Einschreiben

Simon Geschke

Nun führte die dritte Etappe der Deutschland Tour durch Geschkes Heimat, in die er vor zehn Jahren gezogen war. Nicht nur seine Familie feuerte ihn am Straßenrand an, etliche Zuschauer fanden trotz des starken Regens den Weg an die Strecke und sorgten für ein wenig Alpe-d’Huez-Feeling. Doch Lokalmatador Geschke hatte so seine Probleme, knapp zehn Kilometer vor dem Ziel verließen ihn die Kräfte. Er beendete die Etappe auf Rang 30, mehr als drei Minuten hinter Sieger Adam Yates, dem neuen Gesamtführenden.

Der Kopf wollte mehr als der Körper

"Es war okay, aber auf dem Level ist ein Durchschnittstag einfach nicht genug", so Geschke gegenüber der Sportschau nach dem Rennen. Noch im Juli sei er in Top-Form gewesen, hätte aber danach nicht genug Pause gemacht. Das würde sich nun rächen. "Ich wollte mehr, als mein Körper in der Lage war zu tun. Ich kann nicht zaubern."

Direkt nach dem Rennen durfte sich der 36-Jährige noch in das Goldene Buch der Stadt Freiburg eintragen. Eine große Ehre, so Geschke. Doch setzte der Heimvorteil ihn vielleicht auch zu sehr unter Druck? "Ich war heute definitiv aufgeregter, als ich es vor einem normalen Rennen gewesen wäre. Aber es hat mich beflügelt, auch wenn es für ganz vorne nicht gereicht hat."

Camper statt Teambus für Geschke

Nach dem Rennen musste Geschke bis in die letzte Reihe des Team-Parkplatzes fahren, wo der Camper seines Teams auf ihn wartete. Nicht gerade Luxus, denn anders als in der WorldTour, der höchsten Rennserie des Weltradsportverbands UCI, fährt Geschke bei der Deutschland Tour nicht für sein eigentliches Team Cofidis, sondern für die Nationalauswahl des deutschen Verbandes. In dieser versammeln sich Nachwuchsfahrer, deren Continental-Teams bei der Tour keinen Startplatz mehr erhielten.

Simon Geschke ist deren Kapitän. Und versorgt seine jungen Teamkollegen mit Ratschlägen, wie Jannis Peter, nach Geschke der Beste seiner Mannschaft in der Gesamtwertung, erzählt. "Er schaut uns über die Schulter und wenn er sieht, dass wir was besser machen könnten, gibt er uns Tipps." Bereits im vergangenen Jahr fuhr der 21-jährige Geraer im Nationalteam, damals mit John Degenkolb. "Das sind zwei klasse Typen, mit denen es Spaß macht, zu fahren."

Unterwegs mit der nächsten Generation

Und auch Geschke hat laut eigener Aussage Spaß in seinem zusammengewürfelten Team, auch wenn es schwer sei, in so wenigen Tagen seine kompletten Erfahrungen weiterzugeben. "Aber ich probiere es natürlich. Die Jungs sind super motiviert und stark. Es ist die nächste Generation deutscher Fahrer, deshalb ist es schön, mit denen unterwegs zu sein." Auch der sportliche Leiter des Nationalteams, Frank Augustin, ist ganz begeistert von Geschke. Dieser strahle eine unglaubliche Ruhe aus, so Augustin gegenüber der Sportschau.

Bisher steht eine Top-Ten-Platzierung für das junge Team zu Buche, Tim Torn Teutenberg fuhr in der ersten Etappe nach Meiningen auf einen starken achten Platz. Das wollen sie auf der Schlussetappe nach Stuttgart wiederholen. Im Gesamtklassement behaupten sich Peter, Teutenberg und Co. noch vor Radsport-Größen wie den Tour-de France-Sieger von 2019, Egan Bernal, und Europameister Fabio Jakobsen.

Geßner macht den Geschke

Aber sowieso sei die Teilnahme für das junge Team von hoher Bedeutung, so Augustin. "Die Deutschland Tour ist das größte Rennen hierzulande und sich hier zu präsentieren, ist wichtig. Auch, weil der Radsport in Deutschland in den letzten Jahren nicht den Stellenwert hatte wie früher. Umso schöner ist es, nun die ganzen Menschen an der Strecke zu sehen."

Einer, der im vergangenen Jahr ebenfalls in der Nationalauswahl bei der Deutschland Tour am Start war, ist übrigens Jakob Geßner. Der 22-Jährige Erfurter eroberte auf der ersten Etappe überraschend das Bergtrikot. Und musste es auch nach dem Anstieg auf den Schauinsland nicht abgeben. "Er ist der Geschke der Deutschland Tour, die Parallelen sind da", sagte Geschke noch vor dem Rennen. Danach unterhielten die beiden sich noch eine Weile, vielleicht gab Geschke ja wieder ein paar Tipps.