Filippo Ganna vom Team INEOS Grenadiers gewinnt den Prolog
analyse

Deutschland Tour 2022 Ein Zeitfahren der besonderen Art: Ganna fährt ins Rote Trikot

Stand: 24.08.2022 21:02 Uhr

Startschuss zur Deutschland Tour, der größten Rundfahrt der Männer hierzulande. Den Anfang machte der Prolog, welcher auf ungewöhnliche Art und Weise eine Premiere darstellte.

Der Prolog war eine Angelegenheit von Sekunden – kein Wunder bei einer Distanz von lediglich 2,6 Kilometern. Am schnellsten bewältigte ihn der aktuelle Zeitfahr-Weltmeister Filippo Ganna (Ineos Grenadiers). Mit einer Zeit von 2:56,89 Minuten verwies er den Niederländer Bauke Mollema (Trek-Segafredo) sowie den Deutschen Nils Politt (Bora-hansgrohe) auf die Plätze.

Damit sicherte sich der Italiener auch das Rote Trikot des Gesamtführenden. Das Bergtrikot, bei der Deutschland Tour übrigens in blauer Farbe, eroberte Olav Kooij (Jumbo-Visma). Und das trotz eines Sturzes, der ihn mit mehr als 1:20 Minuten Rückstand auf dem letzten Platz zurückließ. Umso bitterer, als er die Bergwertung nach 1,6 Kilometern noch als Schnellster erreichte.  

Zwei deutsche Fahrer unter den Top 10

Bevor Nils Politt als letzter Fahrer noch den Sprung auf das Podium schaffte, hielt ein anderer Fahrer die deutschen Farben hoch: Kim Heiduk (Ineos Grenadiers). Lange lag dieser sogar auf Rang zwei, am Ende wurde es der zehnte Platz. "Das Rennen war ziemlich hart, bergauf und bergab. So eine kurze Strecke ist ungewohnt und gibt es nicht so oft.“

Emanuel Buchmann, der aussichtsreichste Deutsche auf den Gesamtsieg, ging relativ früh ins Rennen, konnte aber im Kampf um den Sieg nicht mitreden. Mit 16 Sekunden Rückstand belegte der Bora-hansgrohe-Fahrer den 72. Platz. "Das Rennen ging schnell rum, aber es hat echt wehgetan,“ sagte Buchmann.

Ob ihn der Harninfekt, wegen dem er die Vuelta verpasst hatte, noch schwäche, könne er nicht sagen. "Ich bin aber relativ optimistisch für die nächsten Tage." Simon Geschke, Kapitän des Nationalteams, erlitt am Morgen noch einen Trainingssturz und beendete den Prolog auf dem 91. Rang.

Ein Deutschland-Tour-Auftakt mal anders

Es war der erste Prolog seit der Wiedereinführung der Deutschland Tour im Jahr 2018. Seither wurden stets vier Etappen gefahren, dieses Mal sind es fünf. Oder eher 4,5. Denn der Prolog war ungewöhnlich kurz. Das liege auch daran, dass es zu früh sei für eine volle fünfte Etappe, so Deutschland Tour-Geschäftsführer Matthias Pietsch bei der Auftakt-Pressekonferenz. "Wir können noch keine ganze Etappe drauflegen, aber der Prolog ist eine gute Alternative.“

119 Fahrer rasten in einem Abstand von einer Minute durch die Innenstadt Weimars, doch nur vom Prozedere her sah es wie ein richtiges Zeitfahren aus. Wer genauer hinschaute, erkannte schnell: keine Zeitfahrhelme, keine Zeitfahrräder. Stattdessen fuhren Politt und Co. mit ihrer üblichen Ausrüstung.

Zeitfahren eine logistische Herausforderung

Dies hätte mehrere Gründe, der wichtigste davon sei die herausfordernde Logistik, so Fabian Wegmann, sportlicher Leiter der Deutschland Tour. Viele Teams seien von den Cyclassics in Hamburg nach Weimar gekommen. Ohne Zeitfahr-Equipment. "Wir möchten es den Teams vereinfachen, das wäre ein ziemlich logistischer Aufwand gewesen, der für 2,6 Kilometer keinen Sinn ergeben hätte.“

Während Weltmeister Ganna die Strecke gerne auf seinem Zeitfahrrad absolviert hätte, arrangierten sich die meisten Fahrer schnell mit den Bedingungen. Es sei schon was anderes gewesen auf einem normalen Rennrad, so Buchmann, gepasst habe es trotzdem. Und auch Heiduk konnte die Organisatoren in ihrer Entscheidung verstehen. "Mit dem Zeitfahrrad kann man zwar nochmal eine Ecke schneller fahren, gerade wenn es bergab geht. Aber vor allem für die kleineren Teams macht es das einfacher.“

Viele Premieren bei diesjähriger Ausgabe

Der Prolog ist jedoch nicht die einzige Premiere bei der diesjährigen Deutschland Tour. So führt die Strecke in so südliche Gefilde wie noch nie. Und mit dem Schauinsland wartet eine Bergankunft auf die Fahrer, welche auf der vorletzten Etappe am Samstag (27.08.2022) für eine Vorentscheidung sorgen könnte.

Es sei schön zu sehen, dass sie das Konzept der Deutschland Tour jedes Mal weiterentwickeln könnten, sagt Geschäftsführer Matthias Pietsch. "Die Bergankunft setzt der Rundfahrt nochmal ein i-Tüpfelchen auf. Die Strecke fordert einen kompletten Fahrer. Kleines Zeitfahren, Sprintankunft, Bergankunft. Es wird ein Sekundenspiel.“ So wie heute, denn nach dem Prolog geht Filippo Ganna gerade einmal mit zwei Sekunden Vorsprung auf die erste Etappe von Weimar nach Meiningen.