Paralympics | Ukrainie-Krieg Paralympics: Ein bisschen Politik ist erlaubt

Stand: 08.03.2022 11:15 Uhr

Bisher waren noch nicht viele Proteste gegen den Ukraine-Krieg bei den Paralympics zu sehen - wohl auch aus Angst vor Strafen. Doch je nach Darstellungsform könnte das Internationale Paralympische Komitee IPC sie eventuell tolerieren.

Ein bisschen Politik ist in diesen schlimmen Zeiten bei den Paralympics offenbar erlaubt - und die deutsche Delegation ist dabei ein Vorbild.

Bei den unfreiwillig politischsten Behindertenspielen der Geschichte in Peking werden Botschaften des Friedens entgegen der eigentlich klaren Regeln offenbar nicht automatisch verboten.

"Schwer zu sagen. Das ist eine theoretische Frage", antwortete Präsident Andrew Parsons vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) auf die Frage, ob politische Botschaften bei den laufenden Spielen in Peking hart bestraft würden: "Wenn so etwas vorkommt, müssen wir schauen, von wem, wann und wo." Die Regel 50 der Olympischen Charta verbietet bei Olympia und den Paralympics eigentlich jegliche "politische, religiöse oder rassistische Demonstration" rund um die Wettkämpfe.

Regel-Ausnahme durch Ukraine-Krieg?

Doch der Ukraine-Krieg könnte das IPC dazu veranlassen, einen Ermessensspielraum auszureizen. "Wir werden niemals ein rein politisches Event. Das werden wir nicht zulassen", sagte Parsons. Doch die Spiele in Peking fänden "angesichts des fürchterlichen Krieges in der Ukraine unter besonderen Umständen statt. Im Moment braucht die Welt Zeichen. Und wir wollen solche Zeichen setzen."

Parsons war dabei sogar vorangegangen. Seine viel beachtete Rede bei der Eröffnungsfeier, die er ohne Russland zu nennen, mit einem lauten Ruf nach Frieden beendete, sei aber "keine politische Botschaft gewesen, sondern eine des Friedens."

Parsons-Rede in China teilweise zensiert

Während seine Rede im chinesischen Staatsfernsehen teilweise zensiert wurde, indem sie nicht vollständig und vielmehr paraphrasierend übersetzt wurde, habe er "viele positive Reaktionen erhalten", sagte Parsons: "Noch heute bekomme ich Nachrichten, dass das das richtige Zeichen war. Das ist die Botschaft der Paralympics, und ich bin froh, dass ich der Überbringer dieser Botschaft sein durfte."

Lob für deutsches Paralympics-Team

Sehr positiv und damit quasi als vorbildlich bewertete der Brasilianer die Geste der deutschen Delegation, die während der Eröffnungsfeier "als Zeichen der Solidarität und des Gedenkens für die Opfer in der Ukraine" die Mützen absetzte, das Peace-Zeichen zeigte und kurz innehielt. Weil das Zeichen zu früh kam, war es aber nicht im internationalen TV-Signal zu sehen.

"Ich habe es während der Zeremonie auch nicht mitbekommen. Aber danach schon", sagte Parsons und erklärte, dass die Botschaft trotzdem angekommen sei: "Es war eine gute Geste, die Eröffnungsfeier nicht zu unterbrechen und trotzdem eine Gelegenheit zu suchen, Respekt und Solidarität zu zeigen. Das ist der Geist der Spiele."

Das zu frühe Signal sei ein "blödes Missverständnis" gewesen, sagte Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. Direkt nach der Feier hatte er noch erklärt, er sei "zunächst sauer" gewesen.

Beucher zufrieden mit Botschaft aus Deutschland

"Aber ich habe inzwischen viele Rückmeldungen bekommen, dass die Botschaft trotzdem angekommen ist", sagte Beucher der dpa stolz und rechnet auch mit positiver Rückmeldung von höchster Stelle: "Wir haben am Dienstag eine Schalte von Sportlern mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Und ich bin sicher, dass er es anspricht."