Olympia | Peking Sportschau-Reporter Claus Lufen – es nimmt kein Ende

Stand: 06.02.2022 18:22 Uhr

ARD-Reporter Claus Lufen ist raus aus dem Quarantäne-Hotel. Doch die Schwierigkeiten mit den Offiziellen sind deshalb noch lange nicht zu Ende.

Jetzt bin ich also endlich raus. Kann mich frei bewegen, arbeiten, essen gehen. Habe ich gedacht.

Aber so leicht ist das bei diesen Pandemiespielen nicht. So einfach hört die Kontrolle nicht auf. Auch nicht nach zwei negativen Coronatests. Ab sofort gelte ich nämlich als Close Contact Person.

Gleich das nächste Stäbchen im Hals

Kaum angekommen im neuen Hotel - schon das nächste Stäbchen im Hals. Anruf am Morgen danach, 6.30 Uhr: "Sorry Sir, your test was positive". Was? Kann doch nicht sein! Ich soll ab sofort bitte wieder nur auf dem Zimmer bleiben. Mich zwei Mal am Tag testen lassen. Und mein Essen beim Roomservice bestellen. Es gibt entweder gebratenen Reis oder Spaghetti Bolognese. Da hatte ich es ja im Quarantäne-Gefängnis besser.

Allerdings lagen da nach acht, neun Tagen bei vielen die Nerven blank. Im Zimmer neben mir schrie einer ins Telefon: "Ich bin amerikanischer Staatsbürger, lassen sie mich jetzt sofort hier raus. Das ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Ich will hier raus." Ein anderer lief bei seiner Entlassung minutenlang über den Flur und rief immer wieder: "Ich bin frei, ich bin frei - ich bin hier raus." Wahre Geschichten!

Ein Irrsinn

Aber so richtig frei ist man eben nicht, auch wenn man da raus kommt. Jetzt sitze ich also wieder in einem Hotel. Arbeiten darf ich, hat man mir gesagt. Aber den Bus dorthin, zur Bob- und Rodelbahn, darf ich nicht benutzen. Ein Irrsinn. Also Anreise in einem Auto mit Fahrer - ganz für mich alleine. Hauptsache zum "Venue", Hauptsache Olympische Spiele. Endlich all die Kolleginnen und Kollegen sehen, die bislang nur geschrieben haben, per Nachrichtendienst.

Nach zwei Minuten im Presseraum kommt Unruhe auf. Ich darf hier nicht sein, sagen zwei Damen in der Olympia-Uniform. Woher wissen die überhaupt, dass ich hier bin? Sie bringen mich in einen separaten Raum. Drei Stühle, drei Tische - mehr nicht. ich verlange nach einem Monitor, um die beiden entscheidenden Läufe im Rennrodeln bei den Männern zu sehen. Johannes Ludwig liegt auf Goldkurs. Wie soll ich arbeiten, was soll ich fragen, wenn ich nichts sehe? Ich verstehe, dass meine Interviewtätigkeit hinter den Kulissen ohnehin gerade hinterfragt wird. Nebenbei ist der dritte Durchgang fast vorbei. Ludwig weiter vorne, Loch fällt etwas zurück.

Keine richtige Freude

Höre ich von den Kollegen an der Tür. Zum vierten darf ich dann doch in die sogenannte Mixed-Zone. Aber nur genau hinter unsere Kamera. Bloß nicht wegbewegen. Ich fühle mich tatsächlich wie ein Aussätziger, als hätte ich was Schlimmes angestellt. Dabei liegen meine CT-Werte weit über 35. Ich bin genesen, nicht mehr ansteckend, Ihr habt mich raus gelassen.

Meine Interviews darf ich dann machen. Immerhin die Rennrodler, inklusive des neuen Olympiasiegers, freuen sich, mich zu sehen. Ein Moment der Freude, die erste Goldmedaille für das Team Deutschland. Aber richtig ausgelassen ist hier keiner.

Eine Ahnung vom Überwachungsstaat

So langsam bekomme ich eine Ahnung, wie man sich so fühlt in einem Überwachungsstaat. In dem der Einzelne nichts zählt, Regeln strengstens zu befolgen und schon gar nicht zu hinterfragen sind. Egal ob unsinnig oder nicht. Ich verstehe, dass sie hier Angst haben.

Vor Corona, vor einem Ausbruch, vor einer Absage der Spiele. Wie sie darauf reagieren, verstehe ich nicht. Seit zwei Tagen laufen diese Spiele jetzt. Aber den olympischen Geist werde ich wohl auch bis zum Ende nicht finden.