Olympische Spiele in Tokio Stefan Kuntz gehen die Olympia-Fahrer aus

Stand: 09.07.2021 21:48 Uhr

Stefan Kuntz muss bei den Olympischen Spielen in Japan auch noch auf Hoffnungsträger Niklas Dorsch verzichten. Der DFB-Trainer ist angefressen und vermisst Unterstützung aus der Bundesliga.

Niklas Dorsch bleibt doch lieber in Deutschland, Josha Vagnoman fällt verletzt aus: Vier Tage vor dem Abflug zu den Olympischen Spielen hat Stefan Kuntz die nächsten Rückschläge bei seiner ohnehin komplizierten Kader-Nominierung verkraften müssen. Inzwischen muss der DFB-Trainer beinahe froh sein, überhaupt 19 Tokio-Fahrer gefunden zu haben - obwohl er eigentlich 22 Spieler mitnehmen dürfte.

"Es könnte sein, dass Deutschland als einziges Land mit 18, maximal 19 Spielern dahinfährt und nicht mit 22. Das halte ich dann in der Auswirkung für nicht gut", hatte Kuntz kürzlich der ARD gesagt. Am Freitag (09.07.2021) legte er nochmal nach: Deutschland sollte sich "nicht die Blamage geben, dass nicht genug Leute da sind", sagte er in der Handball-Talkshow "DHBspotlight".

Dorsch in der Zwickmühle

Doch genau so wird es jetzt wohl kommen. Immerhin fanden sich am Freitag noch Ragnar Ache von Eintracht Frankfurt und Keven Schlotterbeck vom SC Freiburg als Ersatz, Kuntz zeigte sich "sehr dankbar". Vor allem der Ausfall von Dorsch trifft das DFB-Team hart, beim überraschenden EM-Titel der U21 Anfang Juni war der 23-Jährige einer der Leistungsträger. Sein Wechsel zum FC Augsburg brachte Dorsch aber in eine "Zwickmühle", wie er selbst sagte. Schließlich wolle er "so schnell wie möglich beim FCA ankommen".

Keine Abstellungspflicht

Kuntz hatte so etwas schon im Vorfeld geahnt: "Wir mussten bis Ende Mai einen 50er Kader benennen. Über diesen Kader haben wir die Vereine unterrichtet. Jeder weiß, wer auf dieser Liste steht. Wenn einer einen kaufen sollte, kann keiner hinterher sagen, dass er die Vorbereitung mitmachen sollte." Nun aber musste Kuntz nachgeben - auch, weil der FCA bereits Felix Uduokhai und Marco Richter für Olympia abstellt und kein Klub mehr als zwei Spieler nach Tokio schicken soll. So war die Absprache mit Kuntz, schließlich gibt es für die Klubs keine Abstellungspflicht.

Schon vor der Dorsch-Absage hatte Kuntz sein Leid geklagt: "Die Bereitschaft, das Olympiateam zu unterstützen, war in der Bundesliga unterschiedlich. Einige große Vereine wollten leider nicht so wie erhofft helfen." Namen nannte er zwar nicht, doch ganz offensichtlich durfte sich auch Bayern München angesprochen fühlen. Schließlich fehlte Torhüter Ron-Thorben Hoffmann im deutschen Aufgebot.

Kuntz muss Emotionen zügeln

"Du hast zwei, drei Vereine, die helfen dir super, die unterstützen das. Aber bei dem ein oder anderen großen Verein kriegst du nicht mal den dritten Torhüter mit. Da muss ich meine Emotionen auch noch ein bisschen zügeln", hatte Kuntz in der ARD gesagt. Positiv hervor hob er Union Berlin, Hertha BSC, den FC Augsburg, VfL Bochum sowie den VfL Wolfsburg, "der uns mit Maxi Arnold einen seiner Führungsspieler gibt oder Leverkusen mit Nadim Amiri, die sehr kooperativ sind".

Immerhin sind sieben Spieler im Aufgebot, die die U21-Europameisterschaft gewonnen haben. "Das hat den Vorteil, dass wir schon ein paar Automatismen drin haben und grob wissen, wie das Ganze laufen soll", sagte Kuntz der ARD.

Sonderlob für Überraschungs-Ei Max Kruse

Das "Überraschungs-Ei" im Aufgebot sei Max Kruse. Kuntz: "Er gehört zu den älteren Spielern, die von Anfang an gesagt haben, wir möchten unbedingt mit nach Olympia. Insgesamt ist er ein Typ, der vom Alter her ein bisschen Vorsprung hat, der ein bisschen unangepasster ist, der aber auch auf dem Platz unberechenbarer und auch abgezockt ist im wahrsten Sinn des Wortes."

Nichtsdestotrotz werden sich am Sonntag (11.07.2021) wohl nur 19 Spieler in Frankfurt treffen. Eine kleine Blamage ist das schon. Kuntz verweist nicht ohne Grund darauf, dass zum Beispiel bei den Spaniern sechs Spieler zu Olympia reisen, die auch bei der EM gespielt haben: "Das zeigt schon mal eine generelle Einstellung dazu."