Eishockey | NHL Olympia-Absage der NHL: Deutsche Eishockey-Profis enttäuscht

Stand: 22.12.2021 21:19 Uhr

Der Traum des deutschen Bundestrainers bleibt unerfüllt: Die NHL stellt keine Profis ab für die Olympischen Winterspiele in Peking. Auch deutsche Spieler zeigen sich enttäuscht.

Selten hat die deutschen Eishockeyfans eine Frage derart elektrisiert, wenn es um die Nationalmannschaft ging: Hat das deutsche Team wirklich das Zeug, gegen die besten Spieler der Welt auf Augenhöhe zu spielen?

Könnten Leon Draisaitl, Tim Stützle, Moritz Seider oder Philipp Grubauer zusammen mit den besten deutschen Spielern vom europäischen Festland tatsächlich im ultimativen Showdown gegen Kanada oder Russland gewinnen? "Wir hätten das wirklich gerne herausgefunden", gibt Moritz Müller als Kapitän der Nationalmannschaft unumwunden zu.

Endlich die Weltbesten unter sich

Um die Bedeutung dieser Frage zu verstehen, muss man wissen, dass im internationalen Eishockey die besten Nationalmannschaften der Welt tatsächlich nur selten mit den nominell besten Spielern der Welt gegeneinander spielen. Während einer Weltmeisterschaft beispielsweise beginnen in Nordamerika stets die Playoffs um den Stanley-Cup. Bei den Winterspielen 2018 in Korea bekamen die NHL-Profis von ihren Clubs per se keine Olympiafreigabe.

Peking war deshalb für viele Eishockey-Profis zwischen Vancouver und Florida, zwischen Toronto und San José so etwas wie ein Sehnsuchtsort geworden. Deshalb hatten sich die Spieler die Zusicherung des Ligaverbandes erkämpft, bei den Winterspielen dabei sein zu dürfen. Die Olympia-Teilnahme versprach etwas, was im Alltag eines ausgeuferten Spielbetriebs nicht mehr zu finden ist: Abenteuer und Pathos im besten Sinne.

Corona zwingt NHL in die Knie

Doch der mäandernde Spielbetrieb der NHL mit mehr als 80 Saisonspielen, ehe die Playoffs beginnen, ist für die Vereine wichtiger denn je geworden. Corona hat auch in Nordamerika manchen Club in die Bande geschickt. Jedes Spiel zählt mittlerweile, denn jedes Spiel sichert den millionenschweren Betrieb.

Mittlerweile aber sind bereits 50 Spiele ausgefallen. Aktuell steht der Spielbetrieb still. Jeder Verein ist irgendwie betroffen. Manchmal wurden die infizierten Profis sogar während eines Spiels eilig vom Eis geholt, weil ihre frischen Testergebnisse positiv ausgefallen waren. Um es abzukürzen: Die NHL und ihre Clubs können es sich nach eigenen Angaben nicht leisten, im Februar eine Olympiapause ohne Einnahmen einzulegen. Im Februar wird die NHL stattdessen versuchen, die ausgefallenen Spiele nachzuholen.

Deutsche NHL-Profis enttäuscht

Für Leon Draisaitl, und damit mutmaßlich einen der besten Eishockeyspieler aller Zeiten, bedeutet das: Wieder nix mit Olympia. Draisaitl ist jetzt 26 Jahre alt und so gut wie nie zuvor. "Leon wird das mit Sicherheit sehr schade finden", sagt Moritz Müller im Gespräch mit sportschau.de, "aber er wird da drüben einfach auch in ein Riesenrad eingespannt und muss jetzt an andere Dinge denken.“

Moritz Müller wird die deutsche Auswahl in Peking aller Voraussicht nach als Kapitän aufs Eis bringen. Er ist mit Draisaitl ziemlich gut befreundet. Müller war vor vier Jahren in Korea schon dabei und ist seither im Besitz einer Silbermedaille. "Olympia ist für unsere Sportart die beste Bühne. Da können wir uns präsentieren. Und eigentlich sind die Spiele auch das Größte im Sport, darüber sollte es keine andere Instanz geben", schiebt Eishockey-Verteidiger Moritz Müller noch hinterher.

Die Absage der NHL war natürlich absehbar. Seit einigen Tagen wurde bereits damit gerechnet. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass die Club-Franchises über die Absage alles andere als unglücklich sind. Anders als die besten deutschen Spieler in der NHL, "die unbedingt bei Olympia dabei sein wollten", sagt auch Bundestrainer Toni Söderholm, der vor wenigen Wochen noch in Nordamerika unterwegs war, um mit seinen potenziellen Olympiafahrern zu sprechen.

Bereit für den nächsten Coup?

Und nun? Wird es eben wieder eine 1b-Veranstaltung, die mit ein bisschen Glück eine positive Eigendynamik entwickelt. So wie 2018. Damals hatten die Koreaner keine Ahnung vom Eishockey, dieses Mal sind es die Chinesen. Damals fehlten der deutschen Mannschaft, geprägt von Teamspirit und großer Zuversicht, im Finale gegen Russland nur 55,5 Sekunden zur Goldmedaille.

2022 sind die Voraussetzungen, zumindest auf dem Papier, anscheinend ähnlich. Viel Talent und Teamgeist, dazu ein Trainer, der ganz sicher keinen Weihnachtsmann benötigt, um nach einer Medaille zu greifen. "Wir wollen ein Wörtchen mitreden", verspricht Moritz Müller. "Das Turnier wird für uns als Mannschaft ein Prozess und für mich als Spieler ein Highlight."

Leon Draisaitl und die anderen deutschen Spieler in der NHL werden die Daumen drücken. Ein gutes Olympia-Abschneiden der deutschen Auswahl unterfüttert den guten Platz in der Weltrangliste, der wiederum mittelfristig darüber entscheidet, wer bei Olympia mitspielen darf. 2026 in Mailand also, das ist die nächste Hoffnung. Die NHL hat schon signalisiert, dass ihre Spieler dann auf jeden Fall mitmachen dürfen.