Urteil zum Abtreibungsrecht Kritik aus dem US-Sport: "Anschlag auf Frauen"

Stand: 26.06.2022 14:30 Uhr

Nachdem der Supreme Court das grundsätzliche Recht auf Abtreibung abgeschafft hat, gibt es auch immer mehr Kritik von Sportlerinnen und Sportlern.

Megan Rapinoe, Anführerin der US-Fußballerinnen, ist auch dafür bekannt, sich klar zu politischen Dingen zu äußern. Bei der Pressekonferenz der Nationalmannschaft in der vergangenen Woche sagte Rapinoe aber zur Eröffnung: "Ich wünschte, wir könnten heute nur über Fußball sprechen."

Rapinoe zeigte sich sichtlich niedergeschlagen vom kurz zuvor verkündeten Urteil des Supreme Court, der das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt hatte. Ein wegweisendes Urteil aus dem Jahr 1973 im Fall "Roe v. Wade" hatte es Frauen in den USA bislang ermöglicht, Abtreibungen bis etwa zur 24. Schwangerschaftswoche durchzuführen. Dieses grundsätzliche Recht wurde jetzt vom Obersten Gericht einkassiert, die einzelnen US-Staaten dürfen stattdessen künftig selbst darüber entscheiden, ob und unter welchen Umständen Frauen abtreiben dürfen. Und ob sie sich im Fall einer Abtreibung strafbar machen.

Rapinoe: "Anschlag auf alle Frauen"

Die Entscheidung des höchsten Gerichts, das der frühere US-Präsident Donald Trump mit der Berufung konservativer Mitglieder neu ausgerichtet hatte, sei "traurig und grausam", sagte Rapinoe. Die berühmte US-Fußballerin sprach davon, in einem Land zu leben, in dem sie einer "stetigen, unerbittlichen, gewalttätigen Strömung" ausgesetzt sei. Dies sei ein "Anschlag auf alle Frauen".

Rapinoe hatte bereits im vergangenen Jahr ein Schreiben zur Unterstützung der Abtreibungsrechte unterzeichnet, gemeinsam mit 499 anderen US-Sportlerinnen und Organisationen, darunter die WNBA und die Frauenfußball-Profiliga. Jetzt fürchtet die 36-Jahrige die Folgen des neuen Urteils: "Ich habe null Vertrauen, dass meine Rechte vor Gericht gewahrt werden." Die Entscheidung mache "kein einziges Kind sicherer, ganz sicher nicht. Und es macht keine einzige Frau sicherer."

Billie Jean King: "Trauriger Tag für die USA"

Billie Jean King, Tennislegende und seit Jahrzehnten feministische Vorkämpferin im Sport, sprach bei Twitter von einem traurigen Tag für die USA. "Diese Entscheidung wird keine Abtreibung verhindern. Was sie verhindert, ist ein sicherer und legaler Zugang zu einer lebensnotwendigen medizinischen Behandlung."

Die frühere US-Schwimmerin und dreifache Olympia-Medailliengewinnerin Crissy Perham kritisierte in der New York Times die "Scheinheiligkeit" der Politik: "Bei jeder Gelegenheit dürfen wir uns anhören, wie toll es ist, dass Mädchen endlich mehr Rechte und Chancen haben. Aber dann heißt es: Übrigens, wenn du dich dazu entscheidest, deine Schwangerschaft abzubrechen, kann es sein, dass du im Gefängnis landest."

Bei den US-Meisterschaften im Radsport protestierten die Starterinnen vor dem Start mit dem Kniefall, dem im Sport inzwischen berühmten Symbol gegen Diskriminierung.

Coco Gauff: Als würde sich Geschichte wiederholen"

Das Urteil war auch ein Thema außerhalb der USA, in Wimbledon etwa äußerte Tennis-Jungstar Coco Gauff Kritik. "Es fühlt sich an, als würde sich Geschichte wiederholen", sagte die 18 Jahre alte French-Open-Finalistin. "Ich ermuntere Menschen weiter, ihre Stimme zu erheben und sich nicht entmutigt zu fühlen, weil wir definitiv einen Wandel erreichen können und hoffentlich wird das auch passieren."

Solidarisierungsbekundungen auch aus der NBA

Basketball-Superstar LeBron James teilte bei Twitter einige Kommentare zu der Entscheidung und deren Auswirkungen auf schwarze Frauen. Der Profi von den Los Angeles Lakers kommentierte: "Es geht absolut um Macht und Kontrolle." Die Liga-Chefs der Männer- und der Frauen-NBA veröffentlichten ein gemeinsames Statement. Frauen sollten selbst die Entscheidungen über ihrer Gesundheit und Zukunft treffen. Die Freiheit sollte geschützt werden, forderten sie.

Der politisch und im Kampf um Menschenrechte und gegen Unterdrückung ohnehin sehr aktive Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton zeigte sich "angewidert" vom Urteil. "Diese Entscheidung wird die Schwächsten unter uns treffen", betonte der 37 Jahre alte Brite.