Denise Herrmann-Wick konnte zum Abschluss der WM keine weitere Medaille holen.

Biathlon-WM in Oberhof Herrmann-Wick am Ende kraftlos - Tristesse bei Männern

Stand: 19.02.2023 16:40 Uhr

Sprint-Weltmeisterin Herrmann-Wick ist im letzten WM-Rennen der WM in Oberhof chancenlos, dennoch eine Gewinnerin. Die Männer erleben ein historisches Debakel. Und Oberhof wird zu "Boeberhof".

Am Ende war der Akku von Denise Herrmann-Wick leer, für mehr als einen kurzen Gruß an die 23.500 Biathlon-Fans reichte es bei ihrem wohl letzten ganz großen WM-Auftritt nicht.

Dennoch zählte die 34-Jährige mit einmal Gold und zweimal Silber zu den Stars der Heim-Titelkämpfe von Oberhof. Daran änderten auch fünf Fehler und Platz 24 im abschließenden Massenstart beim Sieg der Schwedin Hanna Öberg nichts.

Vor allem Rang zwei in der Staffel mit den WM-Debütantinnen Vanessa Voigt, Sophia Schneider und Hanna Kebinger tags zuvor rief bei der Sprint-Weltmeisterin große Emotionen hervor. "Das ist eine Medaille für ganz Biathlon-Deutschland", sagte die 34-jährige Herrmann-Wick, für die das Heimspiel am Rennsteig der krönende Abschluss ihrer Karriere gewesen sein könnte.

Männer erstmals seit 47 Jahren ohne Medaille

Derweil erlebten die Männer einen historischen Tiefpunkt: Sie blieben erstmals seit 1976 in WM-Rennen ohne Medaille. Bester im Massenstart war Justus Strelow als 13., in der Staffel hatte es in einer Windlotterie nur zu Platz fünf gereicht.

Eine Medaillenvorgabe hatte es vom Verband nicht gegeben. Aber während die Frauen zwei Plaketten mehr holten als 2021 in Pokljuka, wurden die Titelkämpfe für die Männer zum Debakel. Im Olympia-Jahr 1976 hatte für den da noch nicht-olympischen Sprint in Antholz ein eigener WM-Wettbewerb stattgefunden, damals ohne Deutsche auf dem Podest. Seitdem gab es immer mindestens eine Medaille für die Männer.

Norwegens Superstar Johannes Thingnes Bö holte derweil als erster männlicher Biathlet sieben Medaillen in sieben Rennen - am Ende waren es insgesamt fünf Titel, einmal Silber und einmal Bronze. Dafür bekam er von den Organisatoren ein Ortsschild mit der Aufschrift "Boeberhof" geschenkt.

"Wenn mir das vorher jemand gesagt hätte, hätte ich natürlich direkt unterschrieben. Das ist ein einmaliges Erlebnis bei der Heim-WM - und das bleibt auch", sagte die Sprint-Weltmeisterin, die zum Ende muskulär "total angeknockt" war: "Das trübt die WM nicht."

Sinnbild für die deutsche Tristesse war Routinier Benedikt Doll, der nach Platz 26 im Massenstart völlig niedergeschlagen die Siegerehrung des neuen Weltmeisters Sebastian Samuelsson aus Schweden verfolgte. "Es waren sehr viele Tiefs dabei, wenige Hochs", sagte der 32-Jährige.

Herrmann-Wick trägt DSV-Team

Ohne Herrmann-Wick wäre aber auch die Bilanz der Frauen ernüchternd gewesen. "Mir wird nicht angst und bange, aber wenn man Denise dieses Jahr wegnehmen würde, würde es nicht ganz so rosig ausschauen", sagte die zweimalige Olympiasiegerin Laura Dahlmeier der Deutschen Presse-Agentur. Herrmann-Wick hatte bisher im Weltcup mit zwei Siegen und einem dritten Platz für die einzigen Einzel-Podestplätze gesorgt. Das WM-Fazit sei dennoch "sehr gut", sagte Dahlmeier: "Diese Staffel-Medaille schweißt zusammen und kann dafür sorgen, sich gegenseitig zu pushen und zu motivieren."

Vor allem die WM-Debütantinnen Schneider (25) mit den Rängen fünf in der Verfolgung und sieben im Sprint sowie die zu Saisonbeginn noch im unterklassigen Deutschland-Pokal gestartete Kebinger (25) als Verfolgungsachte und Zwölfte im Massenstart hielten dem Druck stand. Voigt (25) und Janina Hettich-Walz (26) spielen in den Zukunftsplanungen ebenfalls eine Rolle.

DSV sieht Lichtblicke

Die Erfahrungen der Heim-WM sollen die Youngster beflügeln. "Das ist nicht nur eine Erfahrung für eine WM, sondern richtig viel, was man mitnehmen kann. Das zahlt sich definitiv die nächsten Jahre aus", sagte die Verfolgunszweite Herrmann-Wick. Auch Damen-Coach Kristian Mehringer sieht die Zukunft der Biathlon-Frauen positiv: "Wir sind sehr gut aufgestellt."

"Es ist enttäuschend. Aber ich muss klar sagen, dass wir nicht so schlecht sind, wie jetzt null Medaillen aussehen", sagte Sportdirektor Felix Bitterling über das auf dem Papier schwache Abschneiden der Männer: "Wir müssen die Schlüsse daraus ziehen, damit wir gestärkt zurückkommen." Lediglich fünf Top-Ten-Plätze fuhren die Schützlinge von Bundestrainer Mark Kirchner ein, das beste Ergebnis war Rang fünf von Doll im Einzel zum Auftakt.

Bei den Männern kommt kein Druck vom Nachwuchs. Auch Doll werde wahrscheinlich nicht mehr allzu lange dabei sein, sagte Kirchner: "Also gilt es, eine kleine Delle zu überwinden."

WM-Neuling Strelow (26) schaffte vier gute Top-15-Platzierungen, ist aber läuferisch noch nicht konkurrenzfähig. Roman Rees (29) agierte solide, mehr jedoch nicht. Und der zum Saisonstart mit Platz drei im Einzel überzeugende David Zobel (26) tauchte wie schon zuvor im Weltcup mit den Plätzen 35, 41 und 73 völlig ab. Johannes Kühn (31), neben Doll (2 Runden) in der Staffel mit drei Strafrunden der Unglücksrabe, schaffte es zweimal unter die besten Zehn. In den beiden Mixed-Wettbewerben hatte es für das DSV-Team nur zu sechsten Plätze gereicht.