Der deutsche Eishockey-Profi Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers

Vor dem Saisonstart Draisaitl, Sturm, Seider - die Deutschen in der NHL

Stand: 06.10.2022 18:06 Uhr

Am Freitag (07.10.2022) startet die neue Saison der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL und die deutschen Profis haben große Ziele. Ex-Bundestrainer Marco Sturm traut allen einen weiteren Schritt zu - auch dem ohnehin überragenden Draisaitl.

Etwas mehr als 100 Tage nach dem Stanley-Cup-Sieg von Nico Sturm mit den Colorado Avalanche startet die NHL am Freitag (07.10.2022) in die neue Saison. Durch den Wechsel nach San Jose ist der Augsburger beim Europa-Gastspiel der Sharks im Duell mit den Nashville Predators am Freitag in Prag dabei.

In der Woche darauf wird es dann auch für die anderen deutschen Profis in der besten Eishockey-Liga der Welt wieder ernst. Leon Draisaitl, Moritz Seider, Tim Stützle und Philipp Grubauer haben alle Großes vor in dieser Spielzeit. 

"Ob sie so gut sind wie noch nie, weiß ich nicht, das ist auch schwer zu toppen - aber haben sie das Potenzial? Ja!", sagt der ehemalige Bundestrainer Marco Sturm vor dem Auftakt.

Ex-Bundestrainer Marco Sturm (l) traut Leon Draisaitl in der NHL noch eine Leistungssteigerung zu.

Ex-Bundestrainer Marco Sturm (l) traut Leon Draisaitl in der NHL noch eine Leistungssteigerung zu.

Leon Draisaitl (Edmonton Oilers)

Ein Auszug der Erfolge von Draisaitl in den beiden vergangenen Spielzeiten liest sich so: Wertvollster Spieler der NHL, Torschützenkönig in der NHL, deutscher Rekordtorjäger in der NHL - und dennoch sagt Sturm, der ihn einst bei der Nationalmannschaft trainierte: "Ich glaube, er hat noch mal einen anderen Gang. Das ist eigentlich der Wahnsinn überhaupt."

Trickreich, extrem schnell, klasse Vorbereiter und Vollstrecker - offensiv mache Draisaitl alles richtig, urteilte Sturm, ein bekennender Draisaitl-Fan. Einzig in der schon stark verbesserten Defensivarbeit sehe er noch immer Luft nach oben - und den Schlüssel zum ersehnten Triumph in den Stanley-Cup-Finals. Das ist der Erfolg, der Draisaitl mehr als alles andere bedeuten würde. 

Moritz Seider (Detroit Red Wings)

Seiders Talent war unstrittig, eine erste Saison wie die seine aber dennoch bemerkenswert. 43 Vorlagen gab der Verteidiger, dazu kamen sieben Treffer und zahlreiche defensive Glanzleistungen mit dem Selbstverständnis eines Routiniers im Trikot der Detroit Red Wings. Zum Lohn gab es erstmals für einen deutschen NHL-Profi die Calder Memorial Trophy für den besten Neuling der Liga - und gestiegene Erwartungen für seine zweite Saison in Detroit. 

"Ich glaube, keiner erwartet, dass er das toppt - aber jeder erwartet, dass er die Leistung wieder bringt. Die Erwartungen sind natürlich höher nach der tollen Saison. Wenn es nicht so gut laufen würde, wäre es für alle eine Enttäuschung", sagte Sturm. 

Tim Stützle (Ottawa Senators)

Stützle ist noch immer erst 20 Jahre alt und geht trotzdem schon in seine dritte NHL-Saison - und das ausgestattet mit einem 66,8 Millionen US-Dollar schweren Achtjahresvertrag bei den Senators. "Tim hat einen neuen Vertrag und die Mannschaft wurde, denke ich, nicht nur verändert, sondern, wie ich finde, stark verbessert. Also der Druck steigt auch in Ottawa, das sind nicht mehr nur die jungen Wilden", analysierte Sturm. 

Seit fünf Jahren wartet das Team aus der kanadischen Hauptstadt auf eine Teilnahme an den Playoffs. "Die Erwartungen sind jetzt ziemlich hoch und Spieler wie der Tim, einer der Stars in der Mannschaft, müssen dann auch die besten Spieler sein in jedem Spiel. Das ist für einen jungen Spieler nicht einfach. Es wird für ihn daher keine einfache Saison, aber er hat gute Leute um sich, um den nächsten Schritt machen zu können", sagte Sturm. 

Philipp Grubauer (Seattle Kraken)

Die erste Saison mit den Seattle Kraken war keine, an die sich der Bayer Grubauer gerne erinnern wird - zumindest nicht aus sportlichen Gründen. Von einem Traumstart, wie in die Vegas Golden Knights hatten, die in ihrer ersten NHL-Saison vier Jahre zuvor bis in die Stanley-Cup-Finals gekommen waren, durften die Kraken früh nicht mal mehr träumen. Auch Grubauer kam nicht an das Niveau, das ihn zuvor bei den Colorado Avalanche noch zu einem der besten drei Torhüter der Liga gemacht hatte.

"Es war für ihn sicher nicht einfach in einer neuen Mannschaft, die musste sich erst finden. Die gehen den richtigen Weg, haben sehr gute Spieler in den Reihen und spielen jetzt das zweite Jahr in dem System und mit dem Trainer", sagte Sturm: "Ich bin sicher, dass der Grubi in dieser Saison besser spielen wird als in der vergangenen."

Nico Sturm (San Jose Sharks)

Als fünfter Deutscher holte Sturm im Juni den Stanley Cup, einen neuen Vertrag bekam er bei den Colorado Avalanche dennoch nicht. Auch im US-Sport ist nichts so alt wie der Erfolg von gestern und als Spieler aus den hinteren Reihen war Sturm zwar wichtig für den Titel, aber nicht wichtig genug für die Zukunft. Die liegt für ihn nun im Norden Kaliforniens bei den Sharks, bei denen er eine prägendere Rolle einnehmen will, als er das bislang gewohnt war.

Wechselte als Stanley-Cup-Sieger nach San Jose: Nico Sturm.

Wechselte als Stanley-Cup-Sieger nach San Jose: Nico Sturm.

"Ich gehe jetzt in mein viertes Jahr Profi-Eishockey, von daher will ich natürlich auch den nächsten Schritt in Richtung einer Leadership-Rolle machen", sagte Sturm. Sein nicht mit ihm verwandter Namensvetter Marco Sturm traut ihm das zu: "Die Erfahrung aus dem Stanley Cup und den Playoff-Spielen, die hilft ihm. Ich denke, er kann den nächsten Schritt gehen."

Weitere Deutsche

John Peterka hat seine NHL-Premiere bereits hinter sich. Zweimal zum Jahreswechsel 2021/22 durfte der Nationalspieler für die Buffalo Sabres auflaufen - sogar in der ersten Sturmreihe. Der Stürmer spielte den Rest der Saison in der AHL und warb mit 80 Scorerpunkten in 80 Spielen für die Rochester Americans für eine schnelle Rückkehr.

Zunächst gute Chancen auf Einsätze hat auch Kai Wissmann, der nach vielen Jahren und zwei deutschen Meisterschaften mit den Eisbären Berlin den Sprung nach Nordamerika gewagt hat. Zum Saisonbeginn könnte er von Verletzungssorgen in der Defensive der Boston Bruins profitieren.

In Detroit nicht mehr gewollt, stattdessen jetzt Ersatztorhüter in St. Louis: Das ist die neue sportliche Heimat des Füsseners Thomas Greiss. Schlagzeilen hatte Greiss in den vergangenen Jahren ohnehin vor allem mit umstrittenen Posts in Sozialen Netzwerken gemacht. Bei der Heim-WM 2017 gab es Ärger, weil der Wahl-Amerikaner einen Vergleich der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton mit Adolf Hitler gelikt hatte. Zuletzt kondolierte er zum Tod des rassistischen und faktenverdrehenden US-Radiotalkers Rush Limbaugh.