Auch Karl Geiger fand während der Vierschanzentournee nie zu seiner Form.

Vierschanzentournee Debakel der Skispringer gibt Rätsel auf

Stand: 07.01.2023 12:39 Uhr

Die deutschen Skispringer wollen die verkorkste Vierschanzentournee schnell vergessen. Sehr viel Zeit bleibt nicht. Dem Bundestrainer stellt sich eine gänzlich neue Aufgabe.

Skispringen wollte Karl Geiger nach der verkorksten Vierschanzentournee erst einmal aus dem Kopf verbannen.

Keine Zeit für Urlaub oder Pause

"Erst mal Luft ranlassen und nichts tun", lautete das Motto für die Tage nach dem erneut missratenen Tournee-Auftritt in Bischofshofen. Eine lange Pause oder gar einen Urlaub können sich Geiger und seine Kollegen allerdings nicht gönnen.

Nur kurz Kraft tanken mit der Familie, denn schon am kommenden Wochenende steht der nächste Weltcup an. Die große Frage für die restliche Saison lautet: Gelingt es den jahrelang so erfolgreichen "Adlern", ihre Formkrise vor dem nächsten großen Höhepunkt zu beenden?

Großer Rückstand auf die Weltspitze

Zweifel daran sind angebracht. So weit weg von der Weltspitze wie derzeit waren Geiger, Markus Eisenbichler & Co. lange nicht. Nicht nur die Überflieger um Tournee-Champion Halvor Egner Granerud und den polnischen Weltcup-Spitzenreiter Dawid Kubacki springen in anderen Sphären.

Bei den Wettbewerben in Innsbruck und Bischofshofen schaffte es kein deutscher Springer unter die besten Zehn - auch das Gesamtabschneiden mit Andreas Wellinger als Elfter und Philipp Raimund als 13. war so schlecht wie noch nie in diesem Jahrtausend. Geigers Qualifikations-Aus am Bergisel war ein eigentlich nicht für möglich gehaltener Aussetzer.

"Stimmung ist dürftig"

"Es ist eine Situation, die macht es schwierig", sagte Wellinger: "Jeder ist so ein bisschen am Hadern. Dann ist die Stimmung entsprechend dürftig." Er sei dennoch entspannt, weil er um die Qualität der Mannschaft wisse.

Tatsächlich sind die Fähigkeiten des Teams unbestritten. Zahlreiche Titel und Medaillen bei Olympischen Winterspielen und Weltmeisterschaften belegen das. Alle Qualität nützt allerdings nichts, wenn die Athleten sie in den entscheidenden Momenten nicht abrufen können.

"Wir müssen den Schlüssel finden. Wenn wir das nicht schaffen, wird es zäh", sagte Geiger. Dass dies nun schon fast den gesamten Winter nicht klappt, stimmt nachdenklich. Nur ein Podestplatz in einem Weltcup-Einzel seit Saisonbeginn im November ist für die Ansprüche der DSV-Springer deutlich zu wenig.

Bundestrainer als Krisenmanager gefordert

Bundestrainer Stefan Horngacher wird gemeinsam mit den Heimtrainern und den Sportlern nach Lösungen fahnden. "Ich denke, die Springer vertrauen uns, den Trainern. Sie wissen, dass wir nicht unbedingt die schlechtesten Trainer sind und Blödsinn verzapfen", sagte der Österreicher. Geiger bestätigt dies.

Horngacher ist erstmals seit seiner Amtsübernahme 2019 als Krisenmanager gefordert. Zu hektischen Änderungen und dazu, alles über den Haufen zu werfen, neigt der erfahrene Coach nicht. Der 53-Jährige bewertet die Situation betont sachlich. "Prinzip Hoffnung ist immer schwierig, es gibt nur Prinzip Arbeit", sagte Horngacher: "Wir müssen Ruhe behalten und schauen, dass wir uns wieder rantasten." Wenn der Druck wachse, gehe der "Schuss oft nach hinten los" - so sei es auch derzeit bei Geiger und seinen Kollegen.

Raimund der Lichtblick

Bei Youngster Philipp Raimund sieht es anders aus. Der aus der zweiten Liga des Skispringens kommende 22-Jährige war mit den Rängen 14, 15, 13 und zwölf ein deutscher Tournee-Lichtblick. Raimund tut der Mannschaft nicht nur auf der Schanze, sondern auch mit seiner lockeren Art gut. "Ich schaue wenig links und rechts und habe ein gesundes Selbstbewusstsein. Ich weiß, was ich kann", sagte der Wahl-Oberstdorfer.

Im Februar will er es ins Aufgebot für die Weltmeisterschaft im slowenischen Planica schaffen. Mit seiner eigenen Stärke und bei der aktuellen Form der teaminternen Konkurrenz hat er gute Chancen. Wenn das deutsche Team beim zweiten großen Saisonhöhepunkt in der slowenischen Skisprung-Hochburg wie gewohnt um die WM-Medaillen mitkämpfen will, müssen allerdings auch die Leistungsträger der vergangenen Jahre wieder in Topform kommen.