Der Präsident des Boxweltverbandes IBA: Der Russe Umar Kremlew.

Kritik von Nationalverbänden Boxweltverband lässt Sportler aus Russland zu

Stand: 06.10.2022 13:47 Uhr

Der Boxweltverband IBA mit seinem umstrittenen russischen Präsidenten Kremlew lässt Sportler aus Russland und Belarus wieder zu seinen Wettkämpfen zu. Dafür gab es Kritik aus Nationalverbänden. Der Verband werde von der russischen Führung "als Geisel gehalten".

Den Beschluss, dass Russen und Belarusen wieder unter dem Dach der IOC nicht anerkannten IBA boxen dürfen, fasste der Verwaltungsrat des Verbandes am Mittwoch (05.10.2022). Die Sportler aus Russland und Belarus dürfen demnach unter ihren Nationalflaggen antreten. Bei Siegen werden ihre Nationalhymnen gespielt.

Der europäische Verband EUBC teilte am Donnerstag mit, dass er sich der Entscheidung des Weltverbandes mit sofortiger Wirkung anschließen werde. Bei der Europameisterschaft der Frauen, die am 11. Oktober beginnt, würden aber noch keine Boxerinnen aus Russland und Belarus teilnehmen, da die Meldefrist bereits vor dem Beschluss der IBA abgelaufen sei.

Entscheidung gegen IOC-Empfehlung

Die Entscheidung der IBA hatte dessen russischer Präsident Umar Kremlew beim außerordentlichen Kongress des Verbandes anderthalb Wochen zuvor in Eriwan bereits angekündigt. "Sowohl das IOC als auch die internationalen Verbände müssen alle Athleten schützen, und es sollte keine Diskriminierung aufgrund der Nationalität geben", hatte Kremlew gesagt: "Es ist unser aller Pflicht, Sport und Athleten von der Politik fernzuhalten."

Entschluss gegen den Willen des IOC

Damit stellt sich die IBA gegen die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Sportler aus Russland und Belarus nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von internationalen Wettkämpfen möglichst auszuschließen.

Ukraines Verband derzeit von der IBA suspendiert

Den ukrainischen Verband hatte die IBA in Eriwan suspendiert. Dies sei wegen der angeblichen Einmischung des Staates in die Arbeit des nationalen Verbandes erfolgt. Der ukrainische Verband reagierte empört auf die Maßnahme.

Ukrainische Boxer dürfen unter ihrer Flagge und unter dem Namen "IBA Ukrainian Team" an Wettkämpfen teilnehmen. Auch die ukrainische Hymne werde im Falle einer Goldmedaille gespielt.

Kritik an den Entscheidungen kommt von anderen nationalen Verbänden: "Die Entscheidung, die Teilnahme russischer und belarusischer Boxer zuzulassen, hat nichts mit politischer Neutralität zu tun und berücksichtigt nicht die Interessen der weltweiten Boxgemeinschaft", sagte der Chef des niederländischen Box-Verbandes Boris van der Vorst.

Kremlew ohne Wahl im Präsidentenamt bestätigt

Der Niederländer wollte Kremlew beim Kongress Ende September eigentlich herausfordern, stattdessen war Kremlew als Präsident bestätigt worden. Van der Vorst scheiterte an den Regularien, denn es wurde nicht gewählt, sondern eine Abstimmung über Abhaltung einer Neuwahl durchgeführt. 75 Prozent der 155 abstimmenden Nationalverbände sprachen sich gegen eine Neuwahl aus. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) äußerte sich "extrem besorgt".

Das IOC hatte dem Verband zuvor fehlende Fortschritte und Transparenz bei Führung und Finanzen vorgeworfen und drohte, Boxen bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles zu streichen.

Das IOC erkennt die IBA nicht an. Am Mittwochabend reagierte das IOC und teilte mit: "Die Anerkennung der International Boxing Association (IBA) wurde bereits 2019 vom IOC ausgesetzt und bleibt ausgesetzt." Der IOC-Exekutivrat werde die Gesamtsituation des Boxens bei seiner nächsten Sitzung im Dezember umfassend überprüfen, einschließlich anderer aktueller Entwicklungen wie der Ergebnisse seines außerordentlichen Kongresses.

IBA maßgeblich vom russischen Staatskonzern Gazprom finanziert

Kremlew scheint bereit zu sein, Boxen notfalls ohne eine olympische Zukunft weltweit zu organisieren. "Ich arbeite für Sie, nicht für eine dritte Organisation", rief er den Mitgliedsverbänden beim Kongress zu und betonte: "Wir sollten nicht olympisches Boxen sagen, sondern IBA-Boxen."

Seit Kremlew Präsident ist, werden mit Hilfe des staatlichen russischen Energie-Unternehmens Gazprom hohe Preisgelder bei Weltmeisterschaften gezahlt. Die nationalen Verbände profitieren ebenfalls. 

Trotzdem fand van der Vorst drastische Worte: "Die IBA wird von der russischen Führung als Geisel gehalten", sagte er am Mittwoch. Er sehe die Integrität des Boxens in Gefahr.