Formel 1 in Silverstone Nach Hamiltons Triumph: Verstappen-Kritik aus dem Krankenhaus

Stand: 18.07.2021 18:04 Uhr

Mercedes-Pilot Lewis Hamilton gewinnt den Großen Preis von Großbritannien. Überschattet wird das Formel-1-Rennen auf der Rennstrecke in Silverstone von einem heftigen Crash von Hamilton mit Max Verstappen. Der Niederländer muss das Rennen kurz nach dem Start beenden.

Nach einem Highspeed-Crash von Max Verstappen in Silverstone am Sonntag (18.07.2021) mit Lewis Hamilton hat der Engländer den Formel-1-WM-Titelkampf wieder spannend gemacht. Während Verstappen bereits nach der ersten Runde nicht mehr weiterfahren konnte, fuhr sein größter Kontrahent im WM-Kampf noch nach ganz vorne auf das Podium. Verstappen stand unter Schock und wurde zur Vorsorge in einem Krankenhaus weiter medizinisch betreut.

Von dort aus meldete sich Verstappen zu Wort. "Bin froh, dass es mir gut geht. Ich bin sehr enttäuscht, dass ich so rausgenommen wurde", schrieb der Red-Bull-Pilot auf Twitter: "Die erteilte Strafe hilft uns nicht weiter und wird der gefährlichen Bewegung, die Lewis auf der Strecke gemacht hat, nicht gerecht. Sich die Feierlichkeiten anzusehen, während man noch im Krankenhaus ist, ist respektloses und unsportliches Verhalten, aber wir machen weiter."

Am späten Abend wurde Verstappen dann aus dem Krankenhaus entlassen. "Wurde aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem alle Untersuchungen in Ordnung waren. Vielen Dank an alle für all die netten Nachrichten und besten Wünsche", twitterte der Niederländer.

Hamilton fing mit einem spektakulären Überholmanöver kurz vor dem Ende noch den bis dahin führenden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc ab. Nach dem frühen Aus von Verstappen verkürzte Mercedes-Pilot Hamilton trotz einer Zehn-Sekunden-Strafe mit seinem achten Heimsieg in England den Rückstand im Titelkampf auf nur noch acht Punkte.

Wolff: "Das Ding ist noch nicht durch"

"Es ist so ein stolzer Moment für mich", sagte Hamilton: "Ich habe mit dem Team alles versucht, das Auto wieder dahin zu bringen. Heute hat es gepasst." Zur Szene des Rennens sagte Hamilton: "Max ist aggressiv in solchen Situationen, ich war absolut neben ihm."

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff funkte an seinen Star-Piloten: "Wir geben niemals auf, das Ding ist noch heiß." Später sagte Wolff: "Wir sehen einfach zwei Fahrer, die mit dem Messer zwischen den Zähnen kämpfen." Da seien zwei Spitzenpiloten, "die um die Vorherrschaft kämpfen".

Vor rund 140.000 Fans wurde Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas Dritter. Sebastian Vettel kurvte nach einem Dreher am Ende des Feldes herum und musste später seinen Aston Martin wegen eines Defekts vorzeitig abstellen. Mick Schumacher schaffte es nach einer fast 40-minütigen Rennunterbrechung wegen des Verstappen-Hamilton-Unfalls in seinem unterlegenen Haas nur als Letzter ins Ziel.

Nach einer Runde krachte es

Nach neun Mercedes-Poles nacheinander hatte Verstappen die Silberpfeil-Serie in Silverstone durchbrochen. Seite an Seite duellierten sich Verstappen und Hamilton, nachdem die Roten Ampeln erloschen waren.

Nach nur einer Runde krachte es. In der "Copse"-Kurve, wo ein Tempo von etwa 290 km/h gefahren wird, touchierten sich der Führende Verstappen und Hamilton an den Reifen. Der Niederländer verlor die Kontrolle, schoss vom Asphalt ins Kiesbett und krachte in die Reifenstapel. Er konnte sichtlich mitgenommen aus dem Wagen selbst aussteigen und winkte danach ins Publikum.

Horner: "Enormer Unfall"

"Er hat einen Schock und ist richtig durchgebeutelt worden", berichtete Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Er bewertete Hamiltons Manöver als "fahrlässiges bis gefährliches Verhalten" und forderte eine Sperre. Verstappens Teamchef Christian Horner schimpfte: "Das ist ein enormer Unfall und es war zu 100 Prozent die Kurve von Max, Hamilton hätte nie in dieser Position sein dürfen."

51 g (physikalische Kraft, die auf die Fahrer einwirkt) hätten bei dem Einschlag geherrscht. Zum Vergleich: In Formel-1-Autos wirken in Kurven bei normaler Fahrt schon mal 5 g auf die Piloten. Das Safety Car kam auf die Strecke, anschließend wurde das zehnte Saisonrennen aber unterbrochen. Verstappens Wagen war heftig demoliert, die Unfallstelle musste gesichert werden.

Stehender Start

Mit einem stehenden Start ging das Spektakel weiter - diesmal mit Ferrari-Fahrer Charles Leclerc an der Spitze direkt vor Hamilton, dessen Auto bei der Kollision auch beschädigt worden war. Vettel leistete sich prompt einen Fahrfehler, drehte sich von der Strecke und wurde von Platz sechs ans Ende des Feldes zurückgeworfen.

Hamilton musste nun Gas geben, war er doch von den Rennkommissaren mit einer Zehn-Sekunden-Strafe belegt worden. Vor ihm klagte Leclerc mehrmals über Leistungsaussetzer seines Motors. In Runde 28 kam Hamilton an die Box, saß seine Strafe ab und nahm nach 14,2 Sekunden Standzeit wieder die Verfolgung auf. Vettel und Schumacher mühten sich derweil am Ende des Feldes ab.

Leclercs Stopp zwei Runden später lief reibungslos, der Monegasse gab vorne das Tempo vor. Hamilton griff vehement an und war auf den letzten Kilometern nochmal dran - und schnappte sich vor Leclerc sogar den umjubelten Heimsieg.