Moderner Fünfkampf Fünfkampf-Weltverband protegiert russischen Armeeklubfunktionär

Stand: 22.05.2022 13:26 Uhr

Der Vizepräsident des Weltverbands der Modernen Fünfkämpfer (UIPM), Wjatscheslaw Aminow, bringt den Verband und seinen deutschen Präsidenten Klaus Schormann aufgrund seiner Nähe zum russischen Militär in heftige Erklärungsnot

Von ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt, Peter Wozny, Jörg Winterfeldt

Die Frage, wie mit Funktionären aus Russland umzugehen ist, ist im internationalen Sport umstritten. Experten raten zu einer Einzelfallbetrachtung: Je mehr Funktionäre eine Nähe zu Russlands Kriegsführern signalisieren, umso wahrscheinlicher wird ihre Suspendierung. Insofern hat der Weltverband der Modernen Fünfkämpfer einen besonders heiklen Fall in seinen Reihen.

Für den deutschen Präsidenten der UIPM, Klaus Schormann, entwickelt sich die Diskussion um die Suspendierung der russischen und belarusischen Vorstandsmitglieder im Zuge des russischen Angriffskriegs daher besonders brisant. Hemdsärmelig erteilte Schormann mit einer Mail einem von sechs Nationalverbänden gestellten Antrag zum Ausschluss der betroffenen drei Vorstandsmitglieder eine Absage.

In seinem Brief, der der Sportschau vorliegt, versteckte Schormann sich hinter dem Zaudern des Internationalen Olympischen Komitees: "Das IOC hat keine Verbote oder Unvereinbarkeiten vorgesehen in Bezug auf russische/belarusische Staatsbürger, die Wahlämter im IOC selbst oder in den internationalen Fachverbänden bekleiden", daher werde auch seine UIPM nichts tun.

Sein Vorschlag im in englischer Sprache verfassten Brief liest sich in der Übersetzung wie eine Verhöhnung der Antragsteller: "Es bleibt Ihr Recht, diese Personen direkt anzuschreiben und ihren Rücktritt zu fordern, aber bitte bedenken Sie, dass sie erst auf dem nächsten UIPM-Kongress ersetzt werden können, wie es in Artikel 15.1 der UIPM-Statuten heißt." Erst auf erneutes Drängen der Antragsteller ließ er seinem Beschluss eine Art demokratische Bestätigung folgen: Der Vorstand stimmte über die Frage ab – und lehnte den Antrag der Nationalverbände ab, einstimmig.

Aufsichtsrat des Armeesportklubs ZSKA

Dabei legt gerade eine Personalie in der UIPM besonders dringenden Handlungsbedarf nahe: Der Russe Aminow ist einer von Schormanns Vizepräsidenten. Der Oligarch, dem ein großes Transportunternehmen mehrheitlich gehört, pflegt besonders enge Beziehungen zu Russlands obersten Kriegstreibern. Von Putin selbst bekam Aminow einen Orden, Putins Verteidigungsminister Sergej Schoigu berief Aminow in den Aufsichtsrat des Armeesportklubs ZSKA, da sitzt er nun neben den beiden Stellvertretern Schoigus.

Der dänische Verbandspräsident Benny Elmann-Larsen blickt auf eine ebenso lange Vergangenheit im Modernen Fünfkampf zurück wie Klaus Schormann. Er erinnert sich wie Aminow vor gut zehn Jahren in der UIPM in Amt und Würden kam: "Da war es deutlich so, dass Klaus schon ziemlich unter Druck stand, seine Position zu verlieren. Es standen Leute bereit, die darauf warteten, ihn als Präsidenten zu ersetzen", sagt Elmann-Larsen: "Aber das hat er dadurch überlebt, dass er am nächsten Tag eine fünfte Vize-Präsidenten-Position eingeführt hat und sie Aminow gegeben hat. So hat er Stimmen auf seine Seite rücken können."

Hey, Big Spender

Aminow macht kein Hehl daraus, wie er sich in der UIPM Rückendeckung sichert: mit Geld. Sein Jahresreport zum Kongress liest sich wie eine Aneinanderreihung von Spendenquittungen: Mit seinem Privatvermögen habe er in Moskau ein Fünfkampf-Museum aufgebaut. Er finanziere Turniere komplett, bei dem die sonst nicht verwöhnten Fünfkämpfer sogar neben voller Kostenübernahme auch noch Preisgeld bekommen. Und vor allem greife er mit seinen Ersparnissen südamerikanischen Verbänden unter die Arme. Um mit Sicherheit zu wissen, ob das Entwicklungshilfe oder Stimmenkauf ist, müsste man das Abstimmungsverhalten der Begünstigten kennen. Tatsächlich kommt es darauf nicht mehr an: Weil schon der Anschein schlecht ist, verbietet der Wahlkodex solches Verhalten für Wahlpositionen.

Aminow selbst hat eine bewegte Vergangenheit, die Schormann bei dessen Installation im Weltverband nicht gestört zu haben scheint. Vor 20 Jahren wurde Aminow in seiner Heimat rechtskräftig wegen versuchter Bestechung eines Geheimdienstmannes verurteilt. Der Oligarch war Mitglied eines Komitees, das den Schaden begrenzen sollte, der Russland wegen der Aufdeckung des Staatsdopingskandals entstanden war. Und aus den Panama-Papers geht einem Bericht der britischen Zeitung "The Guardian" zufolge hervor, dass Aminow kurz vor der Berufung in dieses Komitee eine geheime Offshore-Firma gegründet und ein Konto am UIPM-Standort Monaco eingerichtet haben soll.

Athleten entrüstet

Die Athleten, deren sportliche Konkurrenz aus Russland und Belarus ausgeschlossen ist, sind entrüstet über die Zurückhaltung der UIPM. "Ich verstehe nicht, warum man, wenn man Putin und die russische Regierung oder den Kreml bestrafen will, nicht die Leute an der Spitze ins Visier nimmt", sagt der britische Olympiasieger Joe Choong, "Ich denke, die Antwort ist, dass es einen sehr starken russischen Einfluss innerhalb der UIPM gibt, und wegen dieses Einflusses hat die UIPM nicht die Macht, diese russischen oder belarusischen Vorstandsmitglieder zu sanktionieren."

Wie weit sein Einfluss in der UIPM reicht, signalisierte Aminow Anfang des Monats auf der Homepage des russischen Fünfkampfverbandes. Die UIPM hatte gerade beschlossen, dass der Hindernislauf die präferierte Disziplin ist, als fünften Sport das Reiten im Fünfkampf zu ersetzen. Da prahlte Aminow: "Der Fünfkampf-Hindernislauf wurde von Russland vorgeschlagen.” Es dürfte kaum ein Zufall sein, dass der Sport in Russland eine überaus prominente Lobbyistin aufweist: Xenia Schoigu, die Tochter von Putins Kriegsminister, jenem Mann also, der Aminow in den Aufsichtsrat des Armeesportklubs berufen hat.