Delta-Epizentrum London Wimbledon und Wembley als umstrittene Tests

Stand: 29.06.2021 11:40 Uhr

Die Fußball-EM macht mit Deutschland gegen England im Wembley-Stadion Halt, im Tennis startet mit Wimbledon der große Rasen-Klassiker. Beide Events in England experimentieren mit Fans. Auch die Formel 1 in Silverstone steht an - mit Vollauslastung. Ein Wissenschaftler verteidigt die "Forschungsprojekte".

65.000 Sportfans werden am Dienstag (29.06.2021) in London zugegen sein. Während der Klassiker zwischen Deutschland und England (18 Uhr, live im Ersten) im Wembley-Stadion nördlich der Themse alleine schon mit 45.000 Fans steigt, sind auch im Süden der Hauptstadt Englands welche eingeplant: in Wimbledon.

Tennis-Klassiker mit 20.000 Fans am Tag

Rund 20.000 Fans sind pro Tag auf der Anlage des All England Lawn Tennis Club zugelassen. Dies entspricht den behördlichen Vorgaben von 50 Prozent der Gesamtkapazität. Der Centre Court darf zu den Endspielen sogar voll besetzt sein.

Zutritt bekommen Zuschauer auch in Wimbledon nur mit einem Nachweis über vollständige Impfung oder einem negativen Coronatest, auf dem kompletten Gelände gelten die üblichen Abstandsregeln und Maskenpflicht.

Wenig deutsche Fans im Wembley

Im Wembley-Stadion werden nur wenige deutsche Fans erwartet. Von den 1500 bis 2000 Fans, mit denen der DFB rechnet, wird ein Großteil in Großbritannien und Irland leben.

In der 90.000 Zuschauer fassenden Arena sind jedoch auch die Halbfinals sowie das Finale angesetzt - dort soll die Kapazität dann planmäßig weiter auf 60.000 Fans erhöht werden.

Corona-Situation in England macht Sorgen

Da sowohl die Fußball-EM als auch Wimbledon bis zum 11. Juli dauern werden, muss sich London somit noch einige Tage lang auf einen gewissen Durchsatz an Sportfans einstellen. Hinzu kommen Pläne, das Formel-1-Rennen in Silverstone im kommenden Monat mit 140.000 Zuschauern voll auszulasten.

Dabei ist gerade in England die Corona-Lage alarmierend, auch wenn es scheint, England sei schon auf dem Weg zurück zur Normalität. Die Regierung um Premierminister Boris Johnson öffnete schon Mitte April Teilbereiche der Gastronomie wieder. Mittlerweile sind fast 66 Prozent der Bevölkerung erstgeimpft, 48 Prozent vollständig.

Reisewarnung deutscher Behörden

Von den deutschen Behörden wird das Vereinigte Königreich als Virusvariantengebiet eingestuft, es gilt eine Reisewarnung. Besondere Probleme bereitet die Delta-Variante.

Seit Turnierbeginn am 11. Juni stieg die Sieben-Tage-Inzidenz von 63,6 auf 151,1 am Vorabend des Achtelfinalspiels zwischen Deutschland und England, am Dienstagmittag (29.06.) erreichte sie mit 169,2 ihren vorläufigen Höhepunkt. Letztmals war sie am 11. Februar so hoch gewesen.

Wissenschaftler Edmunds: Sportevents als "Forschungsprojekte"

Die Zulassung von Fans zu diesen Sportevents ist Teil eines Testprogramms der englischen Regierung, das darauf abzielt, die Coronavirus-Verbreitung bei Großveranstaltungen näher zu untersuchen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach urteilte angesichts des absehbaren Fan-Aufkommens in London jedoch: "Das ist ein Brandbeschleuniger für die Delta-Variante."

John Edmunds, Wissenschaftler von der "London School of Hygiene and Tropical Medicine" erklärte dem britischen "Guardian": "Wir müssen das machen, wenn wir Sport- und Kulturveranstaltungen voll öffnen wollen. Aber ich bin nicht sicher, ob die Zuschauer wissen, dass ein Risiko dabei ist." Denn die Sportevents mit Fans seien "Forschungsprojekte", so Edmunds, und nur deswegen zugelassen.